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Feine Familie

Feine Familie

Titel: Feine Familie
Autoren: Tom Sharpe
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wieder zurückkehren würde. Wenigstens entnahm sie den Zeitungen, daß die Polizei den Fall Willy Coppett wieder aufgerollt hatte. Der Polizeidirektor hatte eine Erklärung abgegeben, in der es hieß, daß in diesem Fall neue Aspekte aufgetaucht seien und bald erneut Anklage erhoben würde. All das war sehr befriedigend, doch als Emmelia am sechsten Tag aufstand und erfuhr, daß Rosie verschwunden war, machte sie sich die größten Sorgen.
    »Das hätten Sie mir sofort sagen müssen«, tadelte sie Annie mit krächzender Stimme.
    »Aber Sie waren doch zu krank und haben ausdrücklich gesagt, Sie wollen nicht gestört werden«, rechtfertigte sich Annie. »Außerdem war Rosie sowieso flatterhaft. Wünschte sich immer romantische Sachen und so Zeug.«
    »Und sie ist hinuntergegangen, um Brot zu holen, und nicht mehr zurückgekommen? Am Tag, nachdem ... an dem Tag, an dem ich krank wurde?«
    »Ja, Mum. Ich habe sie mit der Einkaufsliste losgeschickt, und sie ist nicht mehr zurückgekommen. Ich mußte selbst gehen. Flatterhaft, das ist meine Meinung.«
    Aber Emmelia zimmerte sich eine andere Erklärung für Rosies Verschwinden zurecht. Vielleicht hatte das dumme Ding sie von ihrer Begegnung mit dieser verdammt kräftigen Zwergin zurückkommen sehen und zum erstenmal in ihrem dummen Leben zwei und zwei zusammengezählt und mehr als drei herausbekommen. Und in diesem Fall ...
    »Dann sollten Sie aber lieber schleunigst zur Polizei gehen und sie als vermißt melden«, sagte sie. »Das habe ich schon getan, Mum. Ich habe es dem Sergeant gesagt, aber der hat nur was gemurmelt.«
    »Dann müssen Sie eben nochmals gehen und offiziell Anzeige erstatten«, sagte Emmelia und benutzte die Stunde während Annies Abwesenheit dazu, alle Stellen im Auto, die Consuelo berührt haben konnte, gründlich abzuwischen und dann das Wageninnere auszusaugen. Sie war gerade mit Arbeit fertig und hatte den verstümmelten Dildo ins Kaminfeuer im Salon geworfen, als Annie in Inspektor Garnets Begleitung in einem Streifenwagen zurückkehrte. Mit fliegendem Puls schloß sich Emmelia ein paar Minuten in der unteren Toilette ein, um sich zu sammeln. Als sie herauskam, war sie die personifizierte Arroganz.
    »Das war aber auch höchste Zeit«, erklärte sie dem Inspektor. »Rosie ist seit fast einer Woche verschwunden, und meine Haushälterin hat Sie darüber informiert, während ich krank im Bett lag. Also, was wollen Sie wissen?« Die Schärfe ihrer Stimme ließ Inspektor Garnet zusammenzucken. Er hatte beim Polizeidirektor ohnehin nichts zu melden und wollte es sich nicht noch mehr mit ihm verderben, indem er diese einflußreiche alte Dame ungeschickt behandelte.
    »Es würde uns interessieren zu erfahren, ob Mrs. Coppett sich Ihren Wagen ausgeliehen hat, Madam.«
    »Meinen Wagen ausgeliehen? Ganz bestimmt nicht. Es ist durchaus nicht meine Gewohnheit, dem Personal meinen Wagen zu leihen. Außerdem bezweifle ich stark, daß Rosie Coppett überhaupt fahren kann.«
    »Könnte es nicht trotzdem möglich gewesen sein, daß sie ihn ohne Ihr Wissen benutzt hat?«
    Emmelia überdachte die Frage und fand sie etwas verwirrend. »Ich denke schon«, sagte sie schließlich, »obwohl ich Ihre Art, der Sache nachzugehen, äußerst merkwürdig finde. Wenn sie ihn hätte benutzen wollen, um sich aus dem Staub zu machen, dann kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum sie ihn wieder zurückgebracht hat. Wenn ich mich nicht sehr irre, steht er in der Garage.«
    »Man kann nie wissen, was in den Köpfen mancher Leute vorgeht«, meinte der Inspektor. »Manchmal recht irrationale Dinge. Hätten Sie etwas dagegen einzuwenden, wenn wir den Wagen auf Fingerabdrücke hin untersuchen?« Emmelia zögerte. Sie hatte sehr viel dagegen, aber eine Weigerung nur Verdacht erregen, und außerdem hatte sie ja alles abgewischt.
    »Tun Sie Ihre Pflicht, Officer. Wenn Sie sonst noch einen Wunsch haben, dann lassen Sie es mich bitte wissen.«
    »Wir würden auch gerne Mrs. Coppetts Zimmer sehen.« Emmelia nickte und begab sich ins Gewächshaus, wo sie in ihrer Aufregung die Geranien und ein halbes Dutzend Kaktusse unter Wasser setzte.
    Währenddessen zogen die Fingerabdruckexperten in der Garage aus dem Zustand des Fords ihre Rückschlüsse. »Nirgends auch nur ein verdammter Tapser«, sagte der Sergeant von der Kripo. »Und falls das noch nichts beweist – und meiner Erfahrung nach ist es verdächtig –, dann schauen Sie sich das hier an.«
    Der Inspektor untersuchte die
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