Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feine Familie

Feine Familie

Titel: Feine Familie
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
erhalten, und ...« Der Inspektor hielt den Hörer weit weg vom Ohr. In seinem derzeitigen Zustand fühlte er sich außerstande, sich anzuhören, was das Innenministerium wollte. Als er die Muschel wieder ans Ohr hielt, fragte der Polizeidirektor, ob er noch da sei. »Aber schicher«, sagte der Inspektor.
    »Wie bitte? Sie hören sich an, als hätten Sie eine Gaumenspalte.«
    »Nein, aber mein Gebisch ischt im Eimer.«
    »Wie ungewöhnlich«, sagte der Polizeidirektor ohne einen Funken Mitleid. »Aber wie dem auch sei, ich möchte wissen, ob dieses Coppett-Weib endlich gestanden hat?«
    »Nein«, sagte der Inspektor, der beschlossen hatte, jegliche phonetisch wie inhaltlich – komplizierte Erklärung zu vermeiden.
    »Wenn das so ist, heißt es schnell handeln. Ich hatte soeben eine extrem erzürnte Miss Petrefact an der Strippe. Sie will ihren Anwalt beauftragen, sofortige Maßnahmen gegen die Festnahme der Dame einzuleiten, und wenn Sie das verdammte Weib nicht weichkriegen, wird es einen unglaublich scheußlichen Aufruhr in den Medien geben.«
    »Scheische!« sagte der Inspektor. »Ich werde tun, wasch ich kann.«
    Während der nächsten Viertelstunde entwickelte er eine ungeheure Aktivität. Zum einen klaute er etwas Gummikleber aus der polizeilichen Schreibstube, mit dessen Hilfe er sein Gebiß provisorisch und recht unbequem im Mund befestigte; zum anderen quälte er sich mit der Frage herum, ob Rosie Auto fahren konnte oder nicht.
    »Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden«, murmelte er schließlich, einem aus Verzweiflung geborenen Geistesblitz folgend. Er griff zum Telefon und rief nun seinerseits den Polizeidirektor an.
    »Ich möchte Sie bitten, einem Test beizuwohnen, den wir durchführen wollen«, erklärte er. »Ich gehe davon aus, daß er aufschlußreich ist und uns möglicherweise Beweise liefert. Dauert nur zwanzig Minuten.« Bevor der Polizeidirektor unangenehme Fragen stellen konnte, hängte er ein. Zwanzig Minuten später konnte der Polizeidirektor sich höchstpersönlich davon überzeugen, was der Inspektor mit der möglichen Beweiskraft des Tests gemeint hatte.
    »Wenn Sie sich im Ernst einbilden, daß ich mich in diesen Wagen setze und mich von einer schwachsinnigen Mörderin den Cliffhanger Hill hinunter fahren lasse, dann müssen Sie selbst geisteskrank sein.«
    »Jawohl, Sir«, sagte der Inspektor. »Andererseits ist das meines Erachtens die einzige Möglichkeit festzustellen, ob sie Auto fahren kann oder nicht. Wenn sie der Zwergenschänder ist, muß sie fahren können, und wenn sie es nicht kann, kann sie unmöglich der Zwergenschänder sein. Wir haben handfeste Beweise dafür, daß Miss Petrefacts Wagen bei diesen Überfällen benutzt wurde. Mag ja sein, daß ich ein blöder Bulle bin, aber ein kaputter bin ich noch lange nicht ...«
    »Wenn sie nicht fahren kann, und Sie lassen sie oben am Cliffhanger Hill los, werden Sie es bald sein«, meinte der Polizeidirektor. Der Inspektor ging geflissentlich über diese Bemerkung hinweg.
    »Ich denke nicht daran, eine Frau, nur weil sie dumm ist, einzusperren und ihr ein Verbrechen anzulasten, das sie nicht begangen haben kann.«
    »Aber gibt es denn keine andere Möglichkeit, das festzustellen? Sie haben sich doch sicher vergewissert, daß sie keinen Führerschein hat.«
    Der Inspektor nickte.
    »Dann haben Sie nicht das Recht, sie auf einer öffentlichen Straße fahren zu lassen«, sagte der Polizeidirektor. Der Inspektor preßte sein Gebiß mit der Zunge fest gegen den Gaumen. »Wenn Sie mir nicht gestatten, diesen Test durchzuführen, dann muß ich Miss Petrefact zum Verhör vorladen«, sagte er. »Das ist die einzige Alternative.«
    »Miss Petrefact? Guter Gott, Mann, wissen Sie, was Sie da sagen? Sie können doch unmöglich den Verdacht haben ...«
    »Ich kann und ich habe ihn«, unterbrach ihn der Inspektor. »Wie ich schon sagte, wissen wir mit Sicherheit, daß der Wagen des Zwergenschänders ihr gehört. Die Katzenhaare auf der Decke im Fall Miss Ottram stimmen mit den Tieren aus ihrer Menagerie überein, und der abgerissene Dildo wurde in der Petrefactschen Mühle in Buscott hergestellt. Außerdem hat Miss Consuelo Smith ausgesagt, daß die Person, die sie überfallen hat, ziemlich affektiert sprach. Nimmt man das alles zusammen, landet man meilenweit von Rosie Coppett entfernt.«
    »Was ist mit der Haushälterin?«
    Inspektor Garnet lächelte boshaft. »Sie ist es, die die Sache möglicherweise verpatzt hat. Sie hat uns erzählt,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher