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Feine Familie

Feine Familie

Titel: Feine Familie
Autoren: Tom Sharpe
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können eine einfliegen lassen.«
    »Wenn Sie meinen«, sagte Croxley. Er würde dem Küchenchef Anweisung geben, irgendwo einen Schildkrötenpanzer aufzutreiben und ihn mit Suppe aus der Dose zu füllen. »Und danach?«
    »Eine große Portion Kaviar, echten Beluga-Kaviar, nicht etwa Ihren windigen Ersatz.«
    »Das ist nicht meiner«, entgegnete Croxley, »und außerdem kommt Beluga-Kaviar aus Rußland. Wahrscheinlich akzeptiert er den sogar.«
    »Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Es kommt nur darauf an, ihm den Eindruck zu vermitteln, daß wir jeden Abend so speisen.«
    »Ein Glück, daß dem nicht so ist«, sagte Croxley. »Irgendeinen bestimmten Wein dazu?«
    Lord Petrefact dachte einen Augenblick nach. Schließlich entschied er sich für Château d'Yquem.
    »Guter Gott«, jammerte Croxley, »das ist doch ein Dessertwein. Er ist zuckersüß, und zum Kaviar ...«
    »Natürlich ist er süß. Genau das ist der springende Punkt. Anscheinend sind Sie sich nicht darüber im klaren, daß unsere Vorfahren zu jedem verdammten Gang süßen Wein tranken.«
    »Meine nicht. Die waren vernünftiger. Gaben sich mit einem Bier zufrieden.«
    »Meine nicht. Sie brauchen sich bloß die Speisenfolge anzusehen, die sie anläßlich eines Besuchs des Prinzen von Wales im Jahr 1873 aufgetischt haben.«
    »Lieber nicht. Diese Leute müssen eine Konstitution wie Ochsen gehabt haben.«
    »Kümmern Sie sich nicht um ihre Konstitution«, sagte Lord Petrefact, der fast ebenso ungern an seine Ahnen erinnert werden mochte, wie sich Croxley als Plutokrat einstufen ließ. »Weiter werden wir Spanferkel ...«
    »Spanferkel?« fragte Croxley. »Unten in der Küche hockt eine Spezialfirma für tiefgekühlte Fertigkost, und wenn Sie glauben, daß die im Handumdrehen ein gefrorenes Spanferkel aus der Kühltruhe zaubern können ...«
    »Hören Sie, Croxley, wenn ich sage, ich wünsche Spanferkeldann meine ich auch Spanferkel. Arme kleine Dinger, werden von den Zitzen ihrer Mütter weggerissen und ...«
    »Jawohl, Sir«, unterbrach Croxley ihn rasch, um den schauerlichen Exkurs, den er auf sich zukommen sah, abzublocken. »Also gut, Spanferkel.«
    »Nicht einfach Spanferkel. Ich will eines mit einem Apfel im Rüssel.«
    Croxley schloß die Augen. Lord Petrefacts morbides Interesse an den Details eines Spanferkels war fast so unangenehm wie die Aussicht auf dieses Abendessen. »Und was für ein Dessert, Sir?« fragte er hoffnungsfroh.
    »Dessert? Doch jetzt noch nicht. Ein achtgängiges Menü hat acht Gänge. Also, nach dem gebratenen Spanferkel dringen wir, denke ich, in höhere Gefilde vor.«
    Er schwieg, während Croxley ein stummes Gebet zum Himmel schickte. »Geflügelpastete«, sagte Lord Petrefact schließlich, »eine große Portion Geflügelpastete. Die wird den Höhepunkt bilden.«
    »Sollte mich nicht wundern«, meinte Croxley. »Wenn Sie mich fragen, dieser Yapp wird um sein Leben rennen müssen, wenn Sie beim Spanferkel angelangt sind ...«
    »Ich werde einen großen Bogen um dieses verdammte Schwein machen«, unterbrach Lord Petrefact ihn wütend, »das wissen Sie ebensogut wie ich. Meine Verdauung würde da nicht mitmachen, und außerdem haben mir die Ärzte strengste Diät verordnet.«
    »Sehr wohl, Sir. Eine Portion Geflügelpastete.«
    »Zwei«, korrigierte Lord Petrefact. »Eine für Sie und eine für ihn. Und reichlich. Ich freue mich schon auf das herrliche Aroma.«
    »Ja, Sir«, sagte Croxley nach kurzer, stummer Zwiesprache mit sich selbst. Er hatte den Einwand erwogen, daß es den Tiefkühlkostkünstlern in der Küche ebenso schwerfallen dürfte, ihre Geflügelprodukte in der gewünschten Dicke herzustellen, wie ein Spanferkel aufzutreiben. Aber er schwieg weiter. »Und sorgen Sie dafür, daß ihnen die Schwänze abfallen«, fuhr Lord Petrefact fort.
    »Die Schwänze?«
    »Die Schwänze. Fasane hängt man auf, bis ihre Schwänze abfallen.«
    »Lieber Himmel«, seufzte Croxley, »bringen Sie da nicht was durcheinander? Ich denke doch, daß Fasane kaum Schwänze ...«
    »Schwanzfedern, Sie Trottel. Die Vögel müssen so angegammelt sein, daß einem die Schwanzfedern in der Hand bleiben. Jeder anständige Koch weiß das.«
    »Wenn Sie es sagen«, meinte Croxley, der an dieser Stelle endgültig beschloß, dafür zu sorgen, daß die Kühlkostfirma die Geflügelpastete einfach vergaß.
    »Gut. Wie viele Gänge haben wir jetzt?«
    »Sechs«, resümierte Croxley.
    »Vier«, sagte Lord Petrefact unerbittlich. »Nach der Pastete, denke
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