Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feindfahrt

Feindfahrt

Titel: Feindfahrt
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
dort
nirgends zu se hen. Er lehnte sich an das Browning-MG und blickte aufs
Deck hinab. Der schwarze Qualm hatte sich fast verzogen; Gould trat
gerade die ausgebrannte Signalrakete unter der Reling hindurch ins
Wasser. Das Deck an der Backbordreling neben dem Flak geschütz war
ein Trümmerfeld, doch ansonsten schien der Schaden nicht allzu
groß zu sein.
    Jetzt kam Jansen die Leiter hoch: ein
großer, kräftig gebauter Mann, der trotz seiner verfilzten,
schwarzen Seemannskrause, der Strickmütze und der verschossenen
Seemannsjacke ohne jegliches Rangabzeichen Oberbootsmann war. Vor dem
Krieg Dozent für Moralphilosophie in Harvard sowie fanatischer
Freizeitsegler, hatte er sich strikt geweigert, im Krieg Offizier zu
werden.
    »Anscheinend ein Einzelgänger, Lieutenant.«
    »Kann man wohl sagen«, antwortete Jago. »Eine Ju 88 bei den Hebriden!«
    »Und nach der Geschwindigkeit zu urteilen,
eins von Görings allerneuesten Modellen.« »Verdammt,
aber was wollte die hier?«
    »Ja, ja, ich weiß, Lieutenant« , tröstete ihn Jansen spöttisch. »In
    letzter Zeit kann man sich auf überhaupt
nichts mehr verlassen. Ich habe übrigens unten nachgesehen. Nur
geringfügiger Sach schaden. Keine Ausfälle.«
    »Danke« , sagte Lieutenant Jago. »Und diese Rauchrakete - das war wirklich eine Blitzreaktion.«
    Er merkte, daß seine rechte Hand zitterte,
und streckte sie waa gerecht aus. »Sehen Sie sich das mal an!
Hab' ich mich nicht erst gestern beschwert, daß wir hier oben
höchstens gegen das Wetter zu kämpfen haben?«
    »Tja, was Heidegger zu diesem Thema gesagt hat, werden Sie ja wohl wissen , Lieutenant.«
    »Das weiß ich nicht , Jansen. Aber Sie werden's mir sicher so fort erzählen.«
    »Er war der Ansicht , um wirklich zu leben , sei die totale Kon frontation mit dem Tod notwendig.«
    »Die ich inzwischen seit zwei Jahren übe , und Sie waren dabei jedesmal höchstens einen Meter hinter mir« , gab
Jago mit En gelsgeduld zurück. »Übrigens, was Sie mit
Ihrem Heidegger tun können, will ich Ihnen sagen, Jansen: Den
können Sie sich dahin stecken, wo Ihre Großmutter
Hämorrhoiden hatte. Und jetzt besorgen Sie uns bitte Kaffee; ich
werde mich inzwischen um den Kurs kümmern.« »Wie der
Lieutenant befehlen.« Jago ging ins Ruderhaus und warf sich in
den Stuhl vor dem Kartentisch. Ruderwache hatte im Augenblick Petersen,
ein Seemann mit zehn Jahren Erfahrung bei der Handelsmarine , außerdem zwei große Walfangfahrten in die Antarktis. »Alles okay?« fragte Jago. »Bestens , Lieutenant.«
    Jago nahm die Karte 1796 der Britischen Admiralität heraus. Barra Head bis Skye. South Uist , Barra und ein paar einzelne Inselchen südlich davon , mit Fhada , ihrem
Bestimmungsort, am äußersten Südzipfel der Inselkette.
Jetzt wurde die Tür von außen aufgetreten, und Jansen kam
mit einem Becher Kaffee
    herein, den er vor Jago auf den Tisch stellte.
    »Scheißgegend«, schimpfte Jago,
indem er auf die Karte tippte. »Magnetische Anomalien im gesamten
Gebiet.«
    »Ist ja 'ne gewaltige Hilfe«,
antwortete Jansen. »Genau das Richtige, wenn man bei
Schlechtwetter den Kurs absetzen will.«
    »Diese Inseln südlich von Uist sind
ein einziger großer Schiffs friedhof«, fuhr Jago wenig
begeistert fort. »Wo man hinsieht auf dieser verdammten Karte,
heißt es „schwere Brecher" oder „gefährliche
See". Ein Risiko nach dem anderen.«
    Jansen öffnete den Tabaksbeutel aus gelber
Ölhaut, holte seine Pfeife hervor und begann sie gemächlich
zu stopfen. »Ich hab' da mit ein paar Fischern gesprochen, bevor
wir von Mallaig ausliefen. Die haben gesagt, da draußen wäre
das Wetter manchmal so schlecht, daß Fhada wochenlang
abgeschnitten ist.«
    »Das schlimmste Wetter, das man sich denken
kann, sobald die Atlantikstürme aufkommen«, antwortete Jago.
»Weiß der Teu fel, wie es erst im Winter aussieht.«
    »Und was hat dann Admiral Reeve auf so einer gottverlassenen Insel zu suchen?«
    »Keine Ahnung. Ich wußte nicht mal,
daß er dort ist, bis ich Befehl erhielt, in Mallaig eine Depesche
für ihn abzuholen und sie ihm zu überbringen. Das letztemal
hab' ich am Invasionstag von ihm gehört. Da war er
Stellvertretender Operationschef des Marine-Nachrichtendienstes und
ließ sich von dem norwegi schen Zerstörer Svenner m itnehmen,
der von drei Torpedoboo ten der Möwe-Klasse versenkt wurde. Dabei
verlor er das rech te Auge, und sein linker Arm soll auch nicht mehr zu
gebrau chen sein.«
    »Ein Teufelskerl!« sagte Jansen
bewundernd.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher