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Feindfahrt

Feindfahrt

Titel: Feindfahrt
Autoren: Jack Higgins
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ein großer , kräfti ger Mann in Seemannsjacke und Drillichmütze , mit langen , hellblonden Haaren und einem Bart , der ihn wesentlich älter machte als seine achtundzwanzig Jahre.
    Prager trat ein. Der Barkeeper , mit dem Polieren eines Glases beschäftigt , hob den Blick. Prager beachtete ihn nicht , sondern ging , den Regen von seinem Panamahut schüttelnd , die Theke entlang bis ganz ans Ende. Die Aktentasche stellte er neben sich auf den Fußboden. »Das richtige Wetter , was , Helmut?«
    Helmut Richter nickte ernst und griff bedächtig nach der Fla
sche. »Auch einen , Herr Prager?«
»Nein , danke. Lieber nicht.«
    »Ein weiser Entschluß.« Richter schenkte sich selber ein. » Ca chaca. Gift fürs Gehirn und für die Leber , heißt es. Schlechter Ersatz für guten Schnaps , aber
davon haben die hier seit neun unddreißig nichts mehr zu sehen
gekriegt.« »Ist Kapitän Berger auch hier?«
»Erwartet Sie bereits an Bord.«
    Prager griff wieder nach der Aktentasche. »Dann schlage ich vor , daß wir gleich aufbrechen. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Hat übrigens jemand nach mir gefragt?«
    Doch ehe Richter antworten konnte, sagte eine
Stimme auf portugiesisch: »Ah, Senhor Prager! Welch angenehme
Überra schung!« Prager , der sich hastig umwandte , sah , daß der Vor hang einer kleinen Nische hinter ihm beiseite gezogen wurde. Der Mann , der dort bei einer Flasche Wein saß , wirkte wie eine einzige , ungeheure Fleischmasse , seine zerknitterte KhakiUniform war schweißfleckig und platzte überall aus den Näh ten.
    Prager zwang sich zu einem Lächeln. »Capitán Mendoza! Ge hen Sie eigentlich nie schlafen?«
    »Selten. Was führt Sie denn diesmal her - der Beruf oder das Vergnügen?«
    »Ein bißchen von beidem. Wie Sie wissen , ist
die Lage der deutschen Staatsangehörigen heutzutage recht
schwierig. Ihre Regierung besteht energischer denn je auf
regelmäßigen Be richten.«
    »Stimmt , aber ist es unbedingt notwendig , daß Sie Berger und seine Leute persönlich aufsuchen?«
    »Am ersten Tag der letzten Woche jedes Monats. Ihre Leute in Rio nehmen es damit sehr genau.«
    »Und die liebe Senhora Prager? Wie ich hörte , hat sie Sie diesmal hierher begleitet.«
    »Ich hatte noch ein paar Tage Urlaub gut , und
sie kannte diesen Landesteil noch nicht. Wir hielten es für eine
gute Gelegen heit.« Richter drückte sich still hinaus.
Mendoza sah ihm lange nach.
    »Netter Kerl«, stellte er fest. »Was war er doch noch? Ober
steuermann auf einem U-Boot , nicht wahr?«
»Ja , ich glaube.«
»Trinken Sie ein Glas mit mir?«
    Prager zögerte. »Ein ganz kleines , wenn Sie gestatten. Ich habe noch eine Verabredung.«
    »Mit Kapitän Berger?« Mendoza nickte dem Barkeeper zu , der schweigend Brandy in zwei Gläser füllte. »Wann kehrt er nach Rio zurück? Morgen früh?«
    »Das nehme ich an.« Prager war sich bewußt , daß er sich auf gefährlichem Terrain befand; vorsichtig trank er einen Schluck Brandy. Er war fünfundsechzig und , bis
die durch die Torpe dierung mehrerer ihrer Frachter durch deutsche
U-Boote auf gebrachten Brasilianer im August 1942 in den Krieg eintraten , Vizekonsul an der deutschen Botschaft in Rio gewesen. Diese Kriegserklärung Brasiliens war kaum mehr als eine Geste , ge wiß , doch sie hatte immerhin genügt , um die Frage aufzuwer fen , was man mit den deutschen Staatsangehörigen anfangen sollte , vor allem mit der ständig zunehmenden Zahl von Ange hörigen der Kriegsmarine , die an der brasilianischen Küste strandeten.
    Man hatte Prager , seit zwanzig Jahren im Land und höheren Orts wohlgelitten , in Brasilien zurückgelassen und beauftragt , sich
mit diesem Problem herumzuschlagen - völlig auf sich allein
gestellt. Doch schließlich lagen fünftausend Meilen Oze an
zwischen Südamerika und Deutschland; es bestand also kei ne
Notwendigkeit, kostspielige Internierungslager einzurichten. Die
brasilianischen Behörden gaben sich mit den monatlichen Berichten
zufrieden , die er über seine Landsleute lieferte , und solange sie sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienten , anstatt dem Staat zur Last zu fallen , war man allerseits zufrieden. »Ich bin jetzt zwei Jahre Hafenmeister hier« , sagte Mendoza , »und die Deutschland ist
während dieser Zeit stets in regelmä ßigen
Abständen gekommen. Ungefähr alle zwei Monate.«
»Und?«
    »Ein Schiff dieser Größenordnung kommt für gewöhnlich mit
einem Kapitän , einem Ersten Offizier , einem Bootsmann , etwa sechs Matrosen und einem
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