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Feindesland

Feindesland

Titel: Feindesland
Autoren: Oliver Uschmann
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Musik, die wir nach Jochens Zeitrechnung erst heute Abend kennenlernen, spielt uns im Ohr. Wir lehnen uns zurück und freuen uns auf die kommenden zwei Stunden vor Jochens altem Fernseher mit dem körnigen Bild. In seinen Händen klappert die alte Hülle von »Jurassic Park«.
     
    Als wir von Jochens Nostalgieabend heimkehren, ist es bereits 3 Uhr nachts. Müde und glücklich stecke ich den Schlüssel in die Tür unseres Privatwohntraktes, als Susanne leise »Stopp!« sagt und den Kopf Richtung Büros neigt. »Da ist doch was!«, sagt sie, doch Hartmut wiegelt ab und sagt so schnell »Da ist nichts!«, wie Susannes Mutter am Telefon »Nein!« sagt, sobald man sie fragt, ob sie auf dem PC falsch geklickt hat.
    »Tu nicht so, als bilde ich mir alles nur ein! Ich bin schwanger, nicht paranoid!«
    »Ja, dann sieh doch nach«, schimpft Hartmut. Er ist ein wenig launisch, seit sie schwanger sind. Es kann aber auch daran liegen, dass er bei Jochen noch von 1 bis 2 Uhr versucht hat, den Faden wieder aufzunehmen, den er vor 15 Jahren auf dem Amiga bei Alien Breed hat liegen lassen, und dabei feststellen musste, dass er heutzutage in diesem Spiel keine Chance mehr hat.
    »Gut«, sagt Susanne und geht tatsächlich rüber zum Bürotrakt, schließt ihn auf und verschwindet darin, ehe Hartmut »Hey, warte doch!« sagen kann.
    Wir folgen ihr.
    Kaum haben wir den Flur betreten - sie ist schon vorne im Großraumbüro angekommen und hat das Licht eingeschaltet -, hören wir einen Schrei aus ihrer Kehle. Hartmut stürzt sofort los, Caterina und ich folgen, ohne zu denken, und wollen nicht glauben, was wir sehen, als wir um die Ecke biegen. Da steht Samir vor unserem Tresorschrank, in dem wir Bargeldbestände und wichtige Papiere aufbewahren, wurde augenscheinlich auf frischer Tat von Susanne ertappt, will sie gerade wegschubsen und hält dann mit dem Blick auf ihren schwangeren Bauch mitten in der Bewegung inne, so dass er sich selbst zur Zielscheibe für Hartmut macht, der einen gutgefüllten Ordner nimmt und ihn dem jungen Mann mit voller Wucht ins Gesicht schlägt. Samir strauchelt, schreit, stolpert und fällt mit einem unguten, krachenden Geräusch mit dem Rücken auf einen Heizkörper unter dem Fenster. Die Augenbraue über seinem rechten Auge ist aufgeplatzt wie ein Schlauchboot im Winter. Dicke Schlieren von Blut laufen über sein Gesicht. Hartmut wirft den Ordner beiseite und sieht nach seiner Susanne, aber die sagt nur: »Er hat mir nichts getan.« Hartmut nickt, geht zum Heizkörper und setzt Samir seinen Fuß auf die Brust. Der Junge wird mit dem Nacken in die Stäbe gepresst. Ich betrachte es, eher traurig als wütend. Er hatte sich so verändert, er hatte einen Sinn in allem gefunden, eine Aufgabe. Er hat nicht mehr geflucht. Er hat uns mit Ölkanonen auf dem Monstertruck gegen die Nazischläger verteidigt. Und jetzt das? Jetzt hat er hat nachts, als wir weg waren, unseren Tresor aufgebrochen???
    »Was soll das hier?«, brüllt Hartmut, »wo ist Veith?«
    Samir sagt: »Veith ist nach Hause gegangen. Er arbeitet doch nur noch und schläft nicht mehr, da habe ich ihn überzeugt, eine Schicht für ihn zu übernehmen.«
    »Um uns zu bestehlen?«
    »Was soll ich denn machen? Alexej verlangt das Geld seit Monaten. Er schikaniert meine Familie, meine Eltern! Gut, ich kann sie nicht leiden, ich sehe sie nie, aber er hat gesagt, nächstes Wochenende ist die allerletzte Frist, sonst tut er ihnen ernsthaft weh.«
    »Alexej hat dich beauftragt, uns zu bestehlen? Alexej, der Russe? Von Anfang an?«
    »Ich hab ihm immer mal wieder was zukommen lassen. Aus der Portokasse, aus der Werkstatt. Hier mal 20 Euro, da mal 50. Aber ihr schuldet ihm 5000. Ich wollte ihm das Geld sogar selber geben, aus meinem Anteil am Verkauf des Monstertrucks da draußen. Was denkt ihr, warum ich Cevat gedrängt habe, das Scheißding zu bauen? Ich hätte ihn bezahlt, und ihr hättet nie mitbekommen, dass er überhaupt noch hinter euch her war. Aber er will nicht mehr warten. Er will das Geld dieses Wochenende. Ich wollte euch nur schützen. Ihr seid doch meine Familie!«
    Hartmut nimmt den Fuß von Samirs Brust. Der röchelt. Manchmal glaube ich, wir haben zu viele amerikanische Serien gesehen.
    »Bring es ihm«, sagt Hartmut.
    »Wie bitte?«, sagen Samir, Susanne und ich gleichzeitig.
    »Bring ihm das Geld. Später verkaufst du den Truck, und wir teilen die Summe, dafür, dass du uns hintergangen hast.«
    »Aber das können wir doch nicht machen«, sage
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