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Feind der Familie (Rex Corda Nova) (German Edition)

Feind der Familie (Rex Corda Nova) (German Edition)

Titel: Feind der Familie (Rex Corda Nova) (German Edition)
Autoren: Dirk van den Boom
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und der hatte diese Lektion bereits bitter lernen müssen. Trotzdem sah er hin und wieder seine Zungenspitze in der verzweifelten Absicht hervorschnellen, sich Linderung zu verschaffen.
    Benilon hatte es aufgegeben, ihn auf seinen Fehler hinzuweisen, wie sie alle überhaupt aufgehört hatten, miteinander zu reden. Spätestens, seit Sheeva sich nach einem kurzen, aber sehr schmerzhaften Abschied - wie schmerzhaft, darüber wollte Nomar gar nicht mehr nachdenken - in eine andere Richtung davongemacht hatte, waren die Gespräche erstorben. Die kleine Gruppe war erschöpft, am Ende ihrer Kräfte und die einbrechende Nacht hatte zwar die Hitze vertrieben, dafür zog nun ein empfindlich kalter Wind durch die Schluchten des Planeten und Nomar ahnte bereits, daß ihre Probleme erst beginnen würden: Die Nacht versprach sehr kalt, fast frostig zu werden. Die Kombinationen würden die größte Kälte abhalten. Doch die tiefe Erschöpfung, der Mangel an Wasser und Nahrung und die permanente körperliche Anstrengung ohne größere Ruhepausen hatten sie gezeichnet.
    Gezeichnet waren sie auch durch eine tiefe Hoffnungslosigkeit, die nur durch eine Mischung aus Professionalität und kollektivem Trotz überdeckt wurde. Sie alle wußten, daß sie dies hier nicht überleben würden, auf keine Art und Weise. Doch alle weigerten sich, dies erneut offen zu äußern oder gar aufzugeben. Ob es Stolz war oder tatsächlich nur Trotz, darüber machte sich Nomar schon lange keine Gedanken mehr. Was auch immer die Orathonen mit ihnen tun würden, es würde widerlich sein. Darüber nachzudenken, hieß, sich unnötig verrückt zu machen. Und doch standen während ihren stupiden, torkelnden Marsches durch die dämmrige Einöde permanent Schreckensbilder vor seinen Augen, die zu verdrängen er keine Kraft mehr hatte. Die Hoffnung, daß zumindest Sheeva es eventuell schaffen könnte, hielt ihn aufrecht.
    Richtige Kraft hatte keiner mehr von ihnen.
    Neben ihm erklang ein Keuchen, dann hörte er, wie ein Körper zu Boden fiel. Wie ein Mann stoppte die ganze Gruppe. Im Stillen hatte Nomar erwartet, daß so etwas schon lange hätte passieren müssen, und so war er nicht überrascht, als er Lento Javan am Boden liegen sah. Ghavani kniete neben ihm, hielt seinen Kopf. Der Sohn des Schento starrte den Agenten mit glasigen Augen an. Er hatte den Punkt überschritten, an dem er noch weiter hätte laufen können. Nomar erkannte mit einem Blick, daß dem jungen Laktonen alles egal war. Würde nun Sigam Agelon vor ihm stehen und eine Waffe auf ihn richten, er würde nicht einmal mehr Angst haben. Oder vielleicht doch. Es gab Methoden, auch aus einem Mann am Ende seiner Kräfte noch Schmerz und Furcht hervorzulocken. Lento Javan würde allerdings nicht mehr aufstehen und weiterlaufen.
    »Auch gut«, murmelte Nomar heiser und ließ sich schwer neben dem Laktonen auf dem Boden nieder. »Wir benötigen alle Ruhe. Es wird bald stockdunkel sein, dann wissen wir ohnehin nicht mehr, wohin wir gehen sollen und es wäre für uns zunehmend gefährlich, weiterzulaufen. Dieser Ort ist so gut wie jeder andere.«
    »Es wird kalt«, murmelte Ghavani. »Das bedeutet, wir liegen auf dem Präsentierteller!«
    »Warum?« Die Frage kam von Javan, mit erstaunlich fest klingender Stimme.
    »Infrarotsensoren. Der Gegner muß nur eine höhere Stellung über dem Gebiet einnehmen und dann die hocheffektiven Infrarotspürer aktivieren. In der Tageshitze waren sie nicht viel wert - aber jetzt glühen wir vor uns hin und werden auf den Schirmen auftauchen, sobald der Diskus die richtige Position eingenommen hat. Das wird nicht lange dauern.«
    »Das heißt, sie haben uns, unabhängig davon, ob wir uns weiterbewegen oder nicht.«
    In Javans Stimme war nicht einmal ein Zittern. Nomar versuchte erneut, die in ihm aufsteigenden Terrorbilder zu verdrängen, doch sie hatten sich verselbständigt und einen festen Platz in seinen Gedanken eingenommen. Er zwang sich zu einer Antwort.
    »Es gibt natürlich noch die Chance, daß wir weit genug weg sind und die Nacht überstehen«, murmelte er. Seine Stimme klang nicht allzu überzeugend und jeder wußte das. Selbst wenn sie die Nacht überstehen würden, ein weiterer Tag in der Hitze ohne Vorräte und ohne Aussicht auf Flucht war ebenfalls keine besonders verheißungsvolle Perspektive.
    Auch das wußte jeder. Lento Javan hatte daraus unbewußt die Konsequenz gezogen und aufgegeben. Nomar konnte es ihm nicht übel nehmen. Er fühlte, was der junge
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