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Feind aus der Vergangenheit

Feind aus der Vergangenheit

Titel: Feind aus der Vergangenheit
Autoren: Stefan Wolf
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Geiergesicht
war ziemlich grau. Sie stiegen die Treppe hinauf.
    Das Haus, das Korf gemietet
hatte, lag am Ende einer Straße — in einer Gegend, wo niemand mehr wohnen
wollte. Das große Grundstück, umgrenzt von einem Drahtzaun, war steppenkahl.
Dahinter lag ein sandiger Platz, auf dem Baumaterial lagerte. Nebenan war eine
Lagerhalle, die nicht mehr benutzt wurde. Ratten tanzten dort bei Tag und
Nacht. Manchmal nächtigten Penner. Aber nur manchmal, denn selbst denen war es
zu schmuddelig.
    „Die Frau kann schreien, so
laut sie will“, meinte Korf. „Hier hört sie niemand. Nur ich würde sie hören.
Und dann würde ich ihr was flüstern. Nee, Henry: Im Augenblick sind wir sicher.
Trotzdem ist es ein verdammter Schlamassel.“
    Mehlspeise erwiderte nichts.
    Im Wohnzimmer, wo abgewetzte
Polstermöbel verstaubten, setzten sie sich.
    Korf starrte das Telefon an.
    Spähtvolger rückte es etwas
näher zu sich.
    „In der nächsten halben
Stunde“, sagte er.
    Das bezog sich auf Nero, den
geheimnisvollen Chef. Er hatte angekündigt, daß er noch mal anrufen werde.
Wegen Korfs Problem. Wegen Änderung der bereits geplanten Überfälle, die in
nächster und übernächster Woche hätten stattfinden sollen.
    Korf sollte untertauchen, sich
absetzen zu einem weit entfernten Urlaubsziel. Also fiel er aus zunächst mal.
Spähtvolger allein würde nur leichte Aufgaben bewältigen — solche, für die er
keine Rückendeckung benötigte und keinen Fahrer, der draußen im Wagen wartete
mit laufendem Motor.
    Die beiden hatten gerade die
zweite Flasche Bier getrunken, als das Telefon klingelte.
    Mehlspeise meldete sich.
    „Bei Lothar ist was
schiefgelaufen, Chef“, sagte er. „Er wird es dir selbst erzählen. Augenblick,
ich übergebe.“
    Korf nahm den Hörer, atmete
durch und berichtete dann. Er schloß mit den Worten: „Chef, wir haben doch
richtig gehandelt, nicht? Aber was machen wir jetzt mit der Frau?“
    Neros metallische Stimme war
kälter als Eis.
    „Ihr Idioten! Es hätte genügt,
ihr die Fotos wegzunehmen.“
    „Aber...“
    „Kein aber!“ fiel der Chef ihm
ins Wort. „Jetzt ist alles verschlimmert. Sie kennt nicht nur dich, sondern
Henry genauso. Und deine Adresse. Verdammt! Wo ist ihr Auto?“
    „Steht hier in der Garage.
Henry geht nachher zum Bahnhof, um seine Karre zu holen.“
    Nero knirschte mit den Zähnen.
Es hörte sich an, als kratze Metall auf Metall. „Die Frau muß weg. Geht nicht
anders. Nun nicht mehr.“
    „Weg?“
    „Beseitigen müßt ihr sie.“
    „Umbringen?“
    „Was sonst?“
    „Ich... also, ich glaube, ich
kann das nicht.“
    „Ich auch nicht“, erklärte
Spähtvolger, der so dicht herangetreten war, daß er Neros Worte mithören
konnte.
    Der schien den Ein wand nicht
wahrzunehmen.
    „Es muß wie ein Unfall
aussehen“, verfügte er. „Etwas, das der Polizei Rätsel aufgibt, aber das euch
nicht belastet. Ich habe eine Idee.“
    „Ja?“
    „Stellt euch vor: Eine
gefährliche Giftschlange entkommt aus ihrem Terrarium, schlängelt sich — es ist
ja noch warm draußen — bis zu einem Park, kriecht dort ins Laub, wird aber
aufgeschreckt von einer Spaziergängerin, die ihr ahnungslos auf den Schwanz
tritt. Tja, und die Schlange schlägt zu mit ihren Giftzähnen ; und später
irgendwann findet man die Spaziergängerin tot im Park. Hinter einem Strauch, wo
die Begegnung stattfand mit der Schlange.“
    „Verstehe“, erwiderte Korf mit
kloßiger Stimme. „Aber gebissen wurde die Frau nicht im Park, sondern hier im
Keller. Wir schaffen nur die Tote dorthin in den Park. Tja, dann... wären Henry
und ich nicht direkt die Täter. Häh? So ginge es. Obwohl es schade ist um die
nette Person. Ist richtig Verschwendung, so eine auszulöschen. Aber unsere
Sicherheit geht vor. Klar, die geht vor. Nur ein Problem sehe ich: Wir haben
keine Giftschlange.“
    „Ich habe sie.“
    „Ah.“
    „Das heißt, ich bekomme sie
morgen. Eigentlich wollte ich mir ein Terrarium zulegen. Den Gedanken kann ich
nun aufgeben. Sonst führt am Ende die Spur noch zu mir. Es handelt sich um eine
Grünotter. Ist ganz selten. Steht unter Artenschutz. Kaufen kannst du die
nirgendwo. Aber ich habe Beziehungen. Für mich wird sie eingeschmuggelt. Aus Südostasien.
Ein Schlitzauge besorgt das. Morgen bringt er sie und haut dann gleich wieder
ab. Für uns ist das Tierchen also das richtige Werkzeug.“
    „Gräßliches Vieh.“
    „Durchaus nicht. Die Viper ist
schön.“
    „Geschmackssache, Chef. Und was
wird mit ihr,
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