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Feenring (German Edition)

Feenring (German Edition)

Titel: Feenring (German Edition)
Autoren: Linda Robertson
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Nasenlänge voraus zu sein. Als Frau musste ich dieses Alphamännchengetue nicht unbedingt verstehen. Zudem benahm sich Menessos ziemlich gesittet und drückte sich aus, als bitte er mich um Erlaubnis. Das sah ihm gar nicht ähnlich, und meine Alarmsignale schrillten, andererseits war das immer noch besser als ein Schwanzvergleich, der früher oder später unweigerlich in Handgreiflichkeiten ausarten würde. Johnny konnte ich auch am Morgen noch aufklären. »Aber bis Tagesanbruch musst du verschwunden sein«, forderte ich.
    »Ich weiß, wo ich hingehöre.«
    Drauf und dran zu gehen, wirbelte ich auf dem Absatz herum, doch Johnny hielt mich mit einem leichten Klaps auf die Schulter zurück, drehte mich zu sich herum und forschte in meiner Miene nach Anzeichen für hypnotisch übermittelte Befehle des Vampirs. Um ihm zu versichern, dass nichts dergleichen vorlag, streichelte ich seinen Arm. »Alles gut.« Ich näherte mich den Stufen. »Komm.«
    Menessos ergänzte: »Du, Johnny, hast auch Ruhe nötig.« Keine Anzüglichkeit zum Thema Hund. Mein Misstrauen nahm rasant zu.
    Johnny wiederholte: »Ich passe auf sie auf.«
    »Ja, das wirst du, wenn der Krieg losbricht. Wenn du bis dahin so dumm sein willst, in meiner Gegenwart keinen Wert auf Ruhe zu legen, meinetwegen, aber sei besser nicht so dumm, den Platz an ihrer Seite kalt werden zu lassen.«
    Da meine Sinne dank der Verbindung mit Menessos geschärft waren, konnte ich Dinge wittern, die ich nie zuvor gerochen hatte, und in diesem Augenblick brachte die unterschwellige Drohung des Vampirs den Wær auf die Palme: Der Moschusduft des Testosterons überschwemmte den Keller. Zum Glück beschränkten die beiden sich darauf, einander finster anzustarren. Was mich anging, hatte das Wort Krieg jeden Gedanken an Ruhe vertrieben.
    Johnny nahm meine Hand und ging vor mir nach oben und in die Nacht hinaus. Menessos löschte die Kerze und zog an der Strippe der Deckenlampe. Dann folgte er uns und hielt kurz inne, um die Kellertür hinter uns zu schließen.
    Wir gingen stumm ums Haus herum zur Veranda. Der November hatte mit flinken Fingern für kalte Luft gesorgt. Nebel kam auf. Als wir näher kamen, raschelten die wimpelartigen Blätter der Maisgarben leise wie dickes, sich aneinander reibendes Papier. Die Teelichter in den ausgehöhlten Kürbissen waren schon Stunden zuvor erloschen, die dunklen Fratzen blickten unglücklich. Halloween war eindeutig vorbei.
    Johnny hielt mir die Haustür auf. Menessos kam langsam um die Ecke und spähte gespannt in das Maisfeld.
    Im Haus steuerten meine Füße umstandslos die Treppe an, doch dann blieb ich mit einer Hand auf dem kugelförmigen Finial stehen. Ich wollte nicht in mein einsames Zimmer und allein in kalter Bettwäsche schlafen. Ich wollte Johnnys warmen Körper neben mir und mich in die Geborgenheit seiner Arme schmiegen.
    Noch Tage zuvor hatte mich das Gefühl überwältigt, mein neues Leben unmöglich mit seinen Myriaden Komplikationen in Einklang bringen zu können, ganz zu schweigen davon, die Lustrata zu sein und die Welt ins Gleichgewicht bringen zu müssen, und jetzt sollten meine Handlungen einen Krieg vom Zaun brechen.
    Wie zur Hölle sollte ich damit zu Rande kommen?
    »Bleibst du bei mir auf der Couch, Johnny?«, fragte ich.
    »Darauf kannst du wetten.« Johnny nahm meine Hand vom Finial und führte mich ins Wohnzimmer. Wir hatten eine Tischlampe brennen lassen, und er setzte sich nun an einem Ende meines hellbraunen, schonbezogenen Cordsofas neben sie. Auf das Sofa, auf dem Johnny und ich uns geliebt hatten. Einmal.
    In diesem Zimmer. Auf dieser Couch. Unser erstes und bisher einziges Mal.
    Nach den Intimitäten war ich verlegen und gekränkt gewesen, weil ich dachte, er hätte mich nach einem seiner Auftritte mit einer anderen betrogen. Hatte er nicht, aber zu dem Zeitpunkt war seine mutmaßliche Untreue meine größte Sorge gewesen. Nicht, dass wir sonst mit niemandem mehr geredet hätten oder so, dennoch rechnete ich mit etwas in der Art, hielt es sogar für unabwendbar. Mittlerweile nahm sich ein Seitensprung verglichen mit Krieg ziemlich unbedeutend aus.
    Als er saß, löste ich meine Hand aus seiner. Ich drehte mich langsam um meine eigene Achse. Dieses Haus war mein Unterschlupf, hier sammelte ich meine Publikationen und Plakate zum Thema König Artus. Über dem Kamin hing die Ariadne von Waterhouse. Ein sehr unhandliches Geschenk von Menessos, mit dem er mir dafür danken wollte, dass ich ihn nicht gepfählt
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