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Feenring (German Edition)

Feenring (German Edition)

Titel: Feenring (German Edition)
Autoren: Linda Robertson
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hatte. Die Alarmanlage für das wertvolle Bild sollte am Freitag eingebaut werden.
    So viel hatte sich in so kurzer Zeit geändert.
    »Möchtest du den Kopf in meinen Schoß legen?«, fragte Johnny schelmisch.
    Manche Dinge, zum Beispiel Johnnys dauernde Anspielungen, würden sich wahrscheinlich nie ändern.
    Meine Übermüdung konnte nicht weiter zunehmen, die Last meiner Sorgen füllte das Zimmer und drohte mich zu erdrücken. Johnny spürte es wahrscheinlich auch. Also versuchte er, die Schwere mit Humor zu bannen.
    Ich sah ihn ehrlich lächelnd an. »Das hättest du wohl gerne.«
    »Ja, und wie.«
    Ich schenkte ihm einen gespielt griesgrämigen Blick.
    »Gut, gut.« Er schaltete mit derselben Bewegung die Tischlampe aus, mit der er das Sofakissen auf seinen Schoß zog. »Besser?«
    Mein Gekicher fühlte sich gut an. »Besser.«
    Während meine Füße mich weitertrugen, huschte eine Silhouette über das Panoramafenster hinter Johnny. Es war Menessos, der auf der Veranda Posten bezog, doch ich spürte seine Anwesenheit, spürte, wie sehr er sich danach sehnte, der zu sein, der mich tröstete.

2
    Es war fast Tag. Ich trat frisch geduscht, in einer sauberen Jeans und einem langärmeligen beigefarbenen T-Shirt mit Perlenstickerei am u-förmigen Halsausschnitt, gähnend an den Rand meiner Veranda. Trotz der trockenen Kälte verlieh der Nebel dem Morgen einen Hauch von Magie.
    Kalter Tau benetzte die Erde und durchweichte die Säume meiner Jeans, als ich nach der Kellertür sah. Nicht um mich von Menessos’ Gegenwart zu überzeugen – die Hitze auf dem Grund meines Brustbeins verriet mir, dass er noch da war. Die Tür war wie erwartet von innen verriegelt, als hätten sich da unten Menschen vor einem Tornado in Sicherheit gebracht. Aber da unten waren keine Menschen, nur ein einzelner, unersättlich widerspenstiger Vampir. Einen Sturm, vor dem man Zuflucht suchen musste, mochte es nicht geben, doch der Keller bot vor etwas Schutz, das, wenigstens für ihn, sogar noch gefährlicher war – vor dem Tageslicht.
    Johnnys Schritte huschten durchs Gras um die Ecke.
    »Er hat sich unten eingeschlossen«, sagte ich.
    »Wölfe auf dem Speicher und Kadaver im Keller.« Johnnys Hände lagen auf dem dunklen Jeansstoff über seinen schmalen Hüften. »Ein weiterer ruhmreicher Tag in Ohio, dem Mittelpunkt der Welt.«
    Ich musterte ihn, von den langgliedrigen Fingern über den violetten, langärmeligen Pullover bis zu den schwarzen Wellen zerzausten Haars und den dunklen Linien des Udjat-Tatoos um seine Augen.
    Mein Arm glitt um seine Taille, und ich führte ihn zur Vorderseite des Hauses. »Ich habe das Gefühl, diese Sache wird, bevor alles vorbei ist, noch richtig hässlich werden, und wir werden über jede Pause froh sein, die wir kriegen können. Selbst wenn wir sie Menessos zu verdanken haben.«
    Er legte mir einen Arm um die Schultern.
    Als wir ums Haus kamen, hatte ich freie Sicht nach Osten. Dort hingen hohe, dichte Wolken, die Regen verhießen, während über dem weniger bewölkten Horizont der erste echte Sonnenstreif glitzerte und sich in sämtlichen feuchten Partikeln in der Luft spiegelte – ein glitzernder Schleier.
    In diesem magischen Augenblick schwebten sechs Hexen auf Besen in V-Formation aus dem Himmel herab und setzten zur Landung auf meinem Grundstück an. Ein Mädchen sieht nicht jeden Morgen Älteste in Straßenkleidung. Xerxadrea, die Urälteste, flog voran, und offensichtlich trugen uralte Eldrennes beim Fliegen am liebsten Jogginganzüge in Rot, Weiß und Marineblau, weiße Turnschuhe und Schutzbrillen, die jeden Steampunker begeistert hätten.
    Ich verspürte den Drang, nach oben zu meinem Kleiderschrank zu rennen und ihnen die Jogginganzüge zu überlassen, für deren Besitz ich mich schon lange schämte. Dabei hatten meine wenigstens anständige Pastellfarben, waren aus Baumwolle und bewiesen Stilgefühl, und ich wäre nie auf die Idee gekommen, dazu Fliegerbrillen im Stil des Roten Barons zu tragen.
    Johnny ging auf Tuchfühlung und flüsterte mir ins Ohr: »Ich hätte nie gedacht, dass diese alten Schachteln noch auf einem Besenstiel sitzen können. Jedenfalls nicht ohne Steigbügel, Lenkstange und breite Fahrradsättel unterm Hintern.«
    Ich verpasste ihm einen Rippenstoß. Möglicherweise konnten sie ihn hören!
    »Einen wunderschönen guten Morgen, dir, Persephone.« Xerxadrea schob ihre Schutzbrille auf die Stirn, worauf ihr Rabe, der bisher alles von einem nahen Baum aus beobachtet hatte, auf
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