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Feenfuchs und Feuerkuss

Feenfuchs und Feuerkuss

Titel: Feenfuchs und Feuerkuss
Autoren: Lariane Westermann
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hinüber und setzte sich im
Gehen seinen Helm auf.
    Ihren Namen aus seinem Mund zu
hören, machte Luisas Knie ganz weich. „Hoffentlich schaffst du dumme Gans es
bis zum Bus“, murmelte sie und war überrascht, wie sehr dieser Junge aus
England ihr Herz berührte.

    Zuhause wurde sie von Stille empfangen.
Stille, die ihr sehr ungelegen kam. Denn mit der Stille kamen ihre
Gehirnwindungen erst richtig in Schwung.
    Sam, Ophelia, Sam, Sam, Ophelia… Immer im Kreis. Und
weder Molly noch Jess, die sie aus diesem Gedankenchaos hätten retten können,
waren zu erreichen, da sie beide am Stall waren.
    So blieb Luisa nichts anderes
übrig, als sich an ihre Deutschhausaufgaben zu setzen.

    „Werther kann noch so viele
Briefe an Lotte schreiben, ich werde ihn nie verstehen“, murmelte Luisa und
legte ihren Kuli aus der Hand. „Geschweige denn, eine vernünftige Analyse
zustande bringen.“
    Entnervt kippelte sie auf ihrem
Stuhl, betrachtete seufzend das Wirrwarr auf ihrem Schreibtisch und blieb dann
mit ihrem Blick an dem Bild hängen, das in einem antiken Silberrahmen am Rande
des Chaos auf ihrem Schreibtisch stand.
    Die Fotografie zeigte Ophelia auf
der Weide, kurz nachdem sie auf dem Valentinshof angekommen war. Ihr Fell
schimmerte in wundervollen, hellen Rottönen, was ihr schnell den Spitznamen
‚Feenfuchs‘ eingetragen hatte. Denn besonders ihr filigraner Kopf und die zierlichen
Beine verliehen Ophelia etwas Märchenhaftes, Feenhaftes. Luisa war so froh,
dass ihr Vater vor etwas mehr als zwei Jahren endlich zugestimmt hatte, ihr ein
Pferd zu kaufen. Bis dahin hatte Luisa eine Reitbeteiligung an einem älteren
Wallach auf dem Valentinshof gehabt. Kingston, ein dunkelbrauner Anglo-Araber,
hatte sie brav durchs Gelände getragen und mit Luisa geduldig seine Runden
durch die Reithalle und über den Springplatz gedreht. Als seine Besitzerin der
Liebe wegen nach Berlin zog und ihr Pferd von einem auf den anderen Tag vom Hof
abholen ließ, hatte Luisa stundenlang bittere Tränen geweint. Ihr Vater konnte es
sich irgendwann nicht mehr mitansehen und fuhr mit ihr zu einem Pferdehändler,
mit dem er früher zusammen die Schulbank gedrückt hatte.
    Ein Pferd nach dem anderen hatte
Luisa an dem Nachmittag ausprobiert, doch der Funke wollte einfach nicht
überspringen. Als sie das letzte Pferd zurück in die Stallgasse führte, fiel
ihr Blick auf eine hübsche Fuchsstute, die nervös wirkte, aber Luisa irgendwie
in ihren Bann zog. Als sie den Händler auf das Pferd ansprach, winkte der
direkt ab. Es sei kein Pferd für ein vierzehnjähriges Mädchen, sondern ein
Sportpferd. Nach Bitten und Betteln durfte sie die Stute jedoch reiten. Auch
wenn sie nicht besonders gut mit der temperamentvollen Ophelia klar kam, konnte
sie ihren Vater und den Händler davon überzeugen, dass es genau das richtige
Pferd für sie sei. Ihr Vater, der ihren Dickkopf nur zu gut kannte, handelte
mit seinem alten Schulkollegen einen Freundschaftspreis aus und als Ophelia die
Ankaufsuntersuchung überstanden hatte, wurde sie auf den Valentinshof gebracht.
    In der Nacht davor konnte Luisa
kein Auge zu kriegen und malte sich die die gemeinsame Zeit mit ihrem neuen
Pferd in den schönsten Farben aus.
    Doch weit gefehlt! Ihr Feenfuchs
war mit dem gemütlichen Kingston wirklich nicht zu vergleichen. Unzählige Male
hatte Luisa den Sattel unfreiwillig verlassen und es hatte lange gedauert, das
Vertrauen des sensiblen Pferdes zu gewinnen. Wenn sie an diese Zeit
zurückdachte, musste Luisa immer etwas schmunzeln. Zuhause hatte sie von den
Schwierigkeiten fast gar nichts erzählt, da ihre Mutter, die sowieso gegen den
Kauf gewesen war, Ophelia sonst wieder zurück zum Händler gebracht hätte. Doch
gerade weil die Anfangszeit mit ihrem Pferd so schwierig gewesen war, konnte
Luisa sich über die ersten Turniererfolge umso mehr freuen.
    Die zahlreichen Stunden die sie
am Stall verbrachte und die Verpflichtungen, die ein eigenes Pferd bedeutete, nahm
sie gerne in Kauf. Ophelia war ihr Ein und Alles.

    Als Luisa die Ruhe im Haus nicht
mehr aushalten konnte, ging sie hinunter ins Wohnzimmer und schaltete die Lampe
ein, die neben dem Klavier stand.
    Sie setzte sich an das in die
Jahre gekommene Instrument, das sie von ihrem Großvater geerbt hatte. Sie
klappte den leicht zerkratzen Deckel auf und ordnete die Noten.
    Wo war denn bloß die erste Seite von
Erik Saites Je te veux ? Luisa
durchsuchte einen Stapel aus losen Notenblättern auf dem Klavierdeckel.
    Da sie schon
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