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Fear

Fear

Titel: Fear
Autoren: Tom Bale
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Panik schnürte ihr das Herz zusammen. Sie lag vielleicht in einer Höhle oder in einem Sarg.
    Nicht in einem Sarg. Bitte, alles, bloß nicht das …
    Zögernd hob sie wieder den Arm, streckte ihn aus, schwenkte ihn und spürte keinen Widerstand. Der Luftzug, den sie auslöste, war kühl und ein wenig feucht. Modrig. Sie hörte kein Echo ihrer Atemgeräusche. Sie lag nicht in einem Sarg – immerhin. Wahrscheinlich in einer Art Kammer. Einer unterirdischen Kammer.
    Einer Zelle.
    Und ihr war warm: eine fiebrige Hitze. Sie legte sich die Hände aufs Gesicht. Ihre Wangen brannten, doch ihre Handflächen waren wesentlich kühler, fast kalt. Sie tastete ihren Hals ab, ihre Brust – und hielt erschrocken die Luft an. Ihre Hände wanderten rasch nach unten, und sie fand bestätigt, was sie bereits befürchtet hatte.
    Sie war nackt. Jemand hatte sie splitternackt ausgezogen.
    Behutsam schob sie die Hand zwischen ihre Beine – und löste damit eine neue Welle des Schmerzes aus, so heftig, dass sie würgen musste. Ihre Oberschenkel waren mit etwas Klebrigem verschmiert, das zu trockenen Bröseln zerfiel, als sie mit den Fingern daran rieb. Das war Blut.
    Sie musste ihm vertraut haben. Aber sie war doch nicht dumm. Wie hatte sie so unvorsichtig sein können?
    Komm schon, Jenny, etwas Besseres kriegst du nicht geboten.
    Er hatte sie irgendwohin gebracht. Sie musste auf den Namen kommen. Er fing mit T an. Tre … Treb … Tren …
    Nein. Trel … Die ersten Buchstaben waren TREL .
    Konzentrier dich, verdammt noch mal. Erinnere dich an den Namen.
    Das war Jennys mutige Stimme, die Stimme, die sie nach Unabhängigkeit streben ließ. Aber da war immer auch eine widerstreitende Stimme, träge und zynisch, die fragte: Warum? Was macht es schon für einen Unterschied?
    Es bedeutet, dass ich klar denken kann. Und wenn ich klar denken kann, habe ich eine Chance …
    Sie war ganz dicht dran. Der Name der Stadt schwebte über ihr wie ein von einem Flugzeug gezogenes Transparent, nur ein kleines bisschen zu hoch, um es lesen zu können. Aber sie erinnerte sich, dass er ihr gesagt hatte, wo es war. Von Port Isaac ein Stück die Küste entlang, nicht weit von dem Ort, wo dieser berühmte Koch wohnte.
    Padstow. Der Koch wohnte in Padstow.
    Und Jenny, Jenny war in …
    6
    Trelennan .
    Joe war nicht gleich auf den Namen gekommen. Im Bus nach Weston-super-Mare war er ihm schließlich eingefallen. Später, in der Bahnhofsbuchhandlung, hatte er ihn in einem Straßenatlas nachgeschlagen und seine Reiseroute zur Nordküste Cornwalls geplant.
    In Bristol Temple Meads war er vorsichtshalber doch nicht in einen Zug gestiegen. Die Gefahr war zu groß, dass Morton und seine Leute die Bahnhöfe überwachten. Stattdessen hatte er wieder einen Bus genommen. Die Fahrt nach Weston dauerte eine Stunde, was ihm reichlich Zeit gab, über sein nächstes Ziel nachzudenken.
    Das Bargeld, das er bei sich trug, würde nicht lange reichen. Er brauchte jemanden, der ihm Unterschlupf gewährte. Keine Verwandten oder Freunde, das war zu gefährlich. Es musste eine Bekanntschaft sein, die in die Zeit vor seiner fatalen Begegnung mit den Mortons zurückreichte.
    Ein Name kam ihm in den Sinn: Diana Bamber.
    Vor seiner Abreise aus Bristol waren noch weitere Vorsichtsmaßnahmen erforderlich gewesen. In der Toilette von Marks & Spencer hatte er sich ein wenig zurechtgemacht und sich die Farbspritzer aus dem Gesicht gewaschen, und in der Herrenabteilung hatte er sich eine beigefarbene Jacke mit Reißverschluss sowie eine Schiebermütze gekauft.
    Zusammen mit einem Sandwich, einer Tafel Schokolade und einer Flasche Wasser belief sich die Rechnung auf etwas über sechzig Pfund. Eine Menge Geld unter den gegebenen Umständen, doch die Kleidungsstücke stellten eine einfache, aber wirkungsvolle Verkleidung dar. Wenn er langsamer und in gebeugter Haltung ging, konnte er sich damit gut zwanzig Jahre älter machen. Von jetzt an wollte er es vermeiden, von irgendjemandem erkannt zu werden – und das schloss auch Überwachungskameras ein.
    In Weston angelangt machte er noch einen letzten Anruf mit seinem Handy. Lindsey Bevan klang längst nicht so aufgeregt, wie Joe erwartet hatte. Der Astra war vor seinem Grundstück zurückgelassen worden, aber weil es keine Meldungen über Verletzte gab und ansonsten lediglich der Torpfosten beschädigt worden war, hatte die Polizei nur geringes Interesse gezeigt.
    »Sie schicken jemanden vorbei, aber wann, weiß der Himmel«, erklärte Lindsey.
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