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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Autoren: Tim Weiner
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jeden Bürger einzusetzen, überall in Amerika.
    Der Präsident sei »nicht an die Beschränkungen durch den Vierten Verfassungszusatz gebunden«, schrieb Yoo. Und somit sei auch das FBI nicht daran gebunden. [653]  
    Mueller steckte in einer Zwickmühle zwischen dem Wunsch des Präsidenten und den Gesetzen des Landes. Er wusste, es wäre Wahnsinn gewesen, sich über den Vorsitzenden Richter des Foreign Surveillance Intelligence Court hinwegzusetzen, einen aufbrausenden Texaner namens Royce Lamberth, der seit sieben Jahren über die Genehmigungen für Geheimüberwachungen wachte. Der Richter hatte einmal die Karriere eines ranghohen, in der Spionageabwehr tätigen FBI-Agenten zerstört, weil er sich von ihm bewusst getäuscht fühlte. (»Wir schickten dem FBI die Botschaft: Sie müssen die Wahrheit sagen«, sagte der Richter später. »Wenn wir aus der Geschichte unseres Landes eins gelernt haben, dann, dass man diesen Leuten nicht trauen kann.«)
    Mueller hatte sich ein Vertrauensverhältnis zu Lamberth aufgebaut; der Richter hatte hunderte Lauschangriffe genehmigt, und zwar ohne offizielle Anhörung allein auf Wunsch des Direktors. Jetzt verlangte der Präsident vom FBI, dieses Vertrauen zu missbrauchen, das Gericht und seine Autorität zu missachten. Sehr behutsam und ohne Stellar Wind preiszugeben, konnte Mueller signalisieren, dass einige der Genehmigungen, um die er ersuchte, auf Geheiminformationen der Nationalen Sicherheitsbehörde basierten. Der Vorsitzende Richter sagte, er und sein Nachfolger hätten mit Mueller ein Arrangement getroffen, wonach Überwachungen genehmigt wurden »aufgrund einer mündlichen Absprache mit dem Direktor des FBI«. Das Arrangement, das in seiner Art beispiellos und nicht ohne Risiko war, hielt fast zwei Jahre. [654]  
    Doch mit der Angst vor einem neuen Al-Qaida-Anschlag wuchsen die Spannungen innerhalb des FBI. Mueller versuchte die Stimmung bei den Spionageabwehrchefs in Washington zu beruhigen. Er behauptete, er arbeite harmonisch mit der CIA und Tenet zusammen. »Der Gedanke, regelmäßig Informationen aus dem FBI weiterzugeben, ist etwas, was J. Edgar Hoover wahrscheinlich widerstrebt hätte«, sagte Mueller, »und er würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, in welchem Ausmaß seit dem 11. September Informationen zwischen uns und der CIA ausgetauscht worden sind.« [655]  
    Die Arbeitsbeziehungen zum Rest der Regierung blieben schwierig. Der Justizminister war aufgebracht, weil das FBI einem verrückten Wissenschaftler nicht auf die Spur kam, der Briefe mit Anthrax-Sporen an Fernsehredaktionen, Zeitungen und US-Senatoren schickte. Vier Jahre lang hatte das FBI den Falschen im Visier. Das Bureau versank in irreführenden Hinweisen; seine Netzwerke waren überlastet; bei seinen Computern waren immer noch zwölf Mausklicks erforderlich, um ein Dokument zu speichern.
    Das FBI war nicht kompatibel mit den übrigen amerikanischen Nachrichtendiensten. Das Hauptquartier konnte keine als streng geheim eingestuften Berichte von der Nationalen Sicherheitsbehörde und der CIA empfangen – und fast alles wurde als streng geheim eingestuft. In die Datenbanken des FBI ließen sich keine neuen Informationen integrieren.
    Die Spitzen des Bureau hatten Unmenschliches zu leisten. Die Leiter der Terrorabwehr waren nach höchstens einem Jahr ausgebrannt. Muellers Stabschefs hielten ein bisschen länger durch; seine Führungskräfte in der Informationstechnologie nicht mal ein Jahr.
    Während sich der Krieg gegen den Terror auf die ganze Welt ausdehnte, musste Mueller vor allem in den Außenstellen mit ernsten personellen Problemen fertigwerden. Das Gerangel zwischen dem FBI und den Terrorabwehrexperten anderer Dienste erstreckte sich auf alle Befehlsebenen, eine langsam brennende Lunte, die von den Geheimgefängnissen der CIA bis hinauf ins Weiße Haus verlief.
    Im November und Dezember 2001 begann Mueller, die ersten von über tausend FBI-Agenten an die Kriegsschauplätze zu entsenden. Ihr Auftrag lautete, Informationen zu sammeln und Gefangene zu verhören. Die Verhörmethoden des FBI waren in Stein gemeißelt: keine Brutalität, keine Gewalt und keine Einschüchterung.
    Einige FBI-Agenten arbeiteten auf Militärstützpunkten in Afghanistan, andere auf dem US-Marinestützpunkt in Guantánamo Bay. Eine Handvoll Agenten nahm mit der CIA an geheimen »capture-or-kill«-Missionen (gefangen nehmen oder töten) gegen mutmaßliche Al-Qaida-Mitglieder teil. Am 28. März 2002 machten
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