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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Autoren: Tim Weiner
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Flugschulen Unterricht genommen haben, ist uns definitiv neu. Wenn wir das gewusst hätten, hätten wir es – hätte man es vielleicht verhindern können.«
    Am gleichen Tag autorisierte der Kongress den Präsidenten, »alle notwendigen und geeigneten Maßnahmen« gegen die Terroristen zu ergreifen. Das FBI sollte eine dieser Maßnahmen werden.
    Eine Welle der Angst erschütterte die Fundamente der Vereinigten Staaten. Jedes klingelnde Telefon in Washington klang nach Fliegeralarm. Jeden Morgen stand das Schreckgespenst von Terroranschlägen mit nuklearen, biologischen und chemischen Waffen am Horizont, löste sich auf und erhob sich am Abend erneut. Die CIA war überzeugt davon, dass sie kommen würden, auf Befehl der Al-Qaida-Führer, die unbehelligt in ihrem afghanischen Unterschlupf saßen. Der Präsident wollte einen Schutzschild, um die Flut aufzuhalten, und ein Schwert, um die Invasoren zurückzudrängen. Er schickte eine paramilitärische Truppe nach Afghanistan; amerikanische Raketenangriffe und Bombardements standen kurz bevor.
    Bush begab sich zum FBI-Hauptquartier, um eine Liste der meistgesuchten Terroristen mit 22 Namen zu übergeben. »Fassen Sie die Übeltäter«, sagte er den Agenten, die sich im Hoover Building versammelt hatten. »Wir führen einen Krieg gegen das Böse.« [648]  
    Sein Vizepräsident Dick Cheney hatte den Schlüssel zur Waffenkammer. Unter Bushs Vater hatte er vier Jahre lang als Verteidigungsminister und unter Präsident Ford als Stabschef im Weißen Haus gedient. Die Anschläge machten ihn zum Oberbefehlshaber der nationalen Sicherheit Amerikas.
    Unter Cheneys Regie hauchten die Vereinigten Staaten dem Machtmittel der Geheimermittlungen, die sich unter J. Edgar Hoover 55 Jahre lang hemmungslos entfaltet hatten, neues Leben ein. In öffentlichen Reden beschworen der Präsident, sein Vize und der Justizminister den Geist der Razzien gegen die Roten. In streng geheimen Weisungen ließen sie die Methoden der Überwachung wiederauferstehen, die das FBI im Krieg gegen den Kommunismus eingesetzt hatte.
    In den acht Wochen nach den Anschlägen verhaftete das FBI über 1200 Personen, hauptsächlich Ausländer und Muslime. Soweit es sich ermitteln ließ, war keiner von ihnen Mitglied von Al-Qaida. Manche wurden geschlagen und misshandelt während »ihrer dauerhaften Verwahrung unter verschärften Haftbedingungen«, wie der Generalinspekteur des Justizministeriums später feststellte. Hunderte wurden gemäß einer Direktive des »Festhaltens, bis entlastet«, die dem FBI unter Justizminister Ashcroft auferlegt wurde, monatelang inhaftiert. Diese Direktive wurde weder schriftlich niedergelegt noch diskutiert. Mueller wurde gar nicht erst informiert. Ein Jurist, der Ashcroft in Sachen Terrorismus beriet und sich bewusst war, dass unschuldige Menschen in Haft saßen, schrieb, der FBI-Direktor würde »wissen wollen, dass die Außenstellen ihre Aufgaben nicht bewältigen […] Wir werden alle in die Bredouille kommen, weil die verantwortlichen Special Agents nicht explizit darüber aufgeklärt wurden, dass sie die Leute entweder entlasten oder Beweise für ihre Inhaftierung beibringen müssen, und zwar innerhalb eines bestimmten Zeitraums.« Mueller erfuhr sechs Monate danach von der Direktive und den Problemen, die sie nach sich zog. [649]  
    Ashcroft ordnete auch an, 70 Personen, darunter etwa 20 amerikanische Staatsbürger, gemäß dem Material Witness Statute auf unbestimmte Zeit zu internieren. Dieses Bundesgesetz, das normalerweise bei Einwanderungsverfahren angewandt wurde, erlaubt die Festsetzung von Personen, wenn es sich um für eine strafrechtliche Ermittlung maßgebliche Zeugen handelt. 30 von ihnen wurden nie vor ein Gericht gestellt. Vier wurden schließlich als Terrorismus-Unterstützer verurteilt. Zwei wurden als feindliche Kombattanten bezeichnet.
    Ashcroft verteidigte in einer Rede vor amerikanischen Bürgermeistern die landesweite Schleppnetzfahndung. Das FBI, so sagte er, müsse gegen ein »multinationales Netzwerk des Bösen« kämpfen. Zur Internierung mutmaßlicher Terroristen hatte er eine klare Meinung. »Robert Kennedys Justizministerium, so heißt es, hat Mafiaangehörige verhaftet, weil sie auf den Bürgersteig gespuckt haben«, sagte er. Das FBI würde »die gleichen aggressiven Verhaftungs- und Internierungstaktiken im Krieg gegen den Terror anwenden. Die Terroristen unter uns sollen gewarnt sein: Wenn dein Visum abgelaufen ist – und sei es nur um einen
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