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Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Titel: Faust: Der Tragödie zweiter Teil
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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ich begeistre—
  Diese Räume laßt uns ehren!
  Schaut umher, wie sie sich mehren,
  Die Bewundrer, Kreis um Kreise.
  Herold auf! nach deiner Weise,
  Ehe wir von euch entfliehen,
  Uns zu schildern, uns zu nennen;
  Denn wir sind Allegorien,
  Und so solltest du uns kennen.
      HEROLD:
  Wüßte nicht, dich zu benennen;
  Eher könnt' ich dich beschreiben.
      KNABE LENKER:
  So probier's! +
      HEROLD:
  Man muß gestehn:
  Erstlich bist du jung und schön.
  Halbwüchsiger Knabe bist du; doch die Frauen,
  Sie möchten dich ganz ausgewachsen schauen.
  Du scheinest mir ein künftiger Sponsierer,
  Recht so von Haus aus ein Verführer.
      KNABE LENKER:
  Das läßt sich hören! fahre fort,
  Erfinde dir des Rätsels heitres Wort.
      HEROLD:
  Der Augen schwarzer Blitz, die Nacht der Locken,
  Erheitert von juwelnem Band!
  Und welch ein zierliches Gewand
  Fließt dir von Schultern zu den Socken,
  Mit Purpursaum und Glitzertand!
  Man könnte dich ein Mädchen schelten;
  Doch würdest du, zu Wohl und Weh,
  Auch jetzo schon bei Mädchen gelten,
  Sie lehrten dich das ABC.
      KNABE LENKER:
  Und dieser, der als Prachtgebilde
  Hier auf dem Wagenthrone prangt?
      HEROLD:
  Er scheint ein König reich und milde,
  Wohl dem, der seine Gunst erlangt!
  Er hat nichts weiter zu erstreben,
  Wo's irgend fehlte, späht sein Blick,
  Und seine reine Lust zu geben
  Ist größer als Besitz und Glück.
      KNABE LENKER:
  Hiebei darfst du nicht stehen bleiben,
  Du mußt ihn recht genau beschreiben.
      HEROLD:
  Das Würdige beschreibt sich nicht.
  Doch das gesunde Mondgesicht,
  Ein voller Mund, erblühte Wangen,
  Die unterm Schmuck des Turbans prangen;
  Im Faltenkleid ein reich Behagen!
  Was soll ich von dem Anstand sagen?
  Als Herrscher scheint er mir bekannt.
      KNABE LENKER:
  Plutus, des Reichtums Gott genannt!
  Derselbe kommt in Prunk daher,
  Der hohe Kaiser wünscht ihn sehr.
      HEROLD:
  Sag von dir selber auch das Was und Wie!
      KNABE LENKER:
  Bin die Verschwendung, bin die Poesie;
  Bin der Poet, der sich vollendet,
  Wenn er sein eigenst Gut verschwendet.
  Auch ich bin unermeßlich reich
  Und schätze mich dem Plutus gleich,
  Beleb' und schmück' ihm Tanz und Schmaus,
  Das, was ihm fehlt, das teil' ich aus.
      HEROLD:
  Das Prahlen steht dir gar zu schön,
  Doch laß uns deine Künste sehn.
      KNABE LENKER:
  Hier seht mich nur ein Schnippchen schlagen,
  Schon glänzt's und glitzert's um den Wagen.
  Da springt eine Perlenschnur hervor!
  Nehmt goldne Spange für Hals und Ohr;
  Auch Kamm und Krönchen ohne Fehl,
  In Ringen köstlichstes Juwel;
  Auch Flämmchen spend' ich dann und wann,
  Erwartend, wo es zünden kann.
      HEROLD:
  Wie greift und hascht die liebe Menge!
  Fast kommt der Geber ins Gedränge.
  Kleinode schnippt er wie ein Traum,
  Und alles hascht im weiten Raum.
  Doch da erleb' ich neue Pfiffe:
  Was einer noch so emsig griffe,
  Des hat er wirklich schlechten Lohn,
  Die Gabe flattert ihm davon.
  Es löst sich auf das Perlenband,
  Ihm krabbeln Käfer in der Hand,
  Er wirft sie weg, der arme Tropf,
  Und sie umsummen ihm den Kopf.
  Die andern statt solider Dinge
  Erhaschen frevle Schmetterlinge.
  Wie doch der Schelm so viel verheißt
  Und nur verleiht, was golden gleißt!
      KNABE LENKER:
  Zwar Masken, merk' ich, weißt du zu verkünden,
  Allein der Schale Wesen zu ergründen,
  Sind Herolds Hofgeschäfte nicht;
  Das fordert schärferes Gesicht.
  Doch hüt' ich mich vor jeder Fehde;
  An dich, Gebieter, wend' ich Frag' und Rede.
  Hast du mir nicht die Windesbraut
  Des Viergespannes anvertraut?
  Lenk' ich nicht glücklich, wie du leitest?
  Bin ich nicht da, wohin du deutest?
  Und wußt' ich nicht auf kühnen Schwingen
  Für dich die Palme zu erringen?
  Wie oft ich auch für dich gefochten,
  Mir ist es jederzeit geglückt:
  Wenn Lorbeer deine Stirne schmückt,
  Hab' ich ihn nicht mit Sinn und Hand geflochten?
      PLUTUS:
  Wenn's nötig ist, daß ich dir Zeugnis leiste,
  So sag' ich gern: Bist Geist von meinem Geiste.
  Du handelst stets nach meinem Sinn,
  Bist reicher, als ich selber bin.
  Ich schätze, deinen Dienst zu lohnen,
  Den grünen Zweig vor allen meinen Kronen.
  Ein wahres Wort verkünd' ich
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