Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fatales Vermächtnis

Fatales Vermächtnis

Titel: Fatales Vermächtnis
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
hatte sie sich ihre Existenzform nicht ausgesucht. Sie wechselten vom Schiff hinüber auf das Eiland, doch niemand begleitete sie. Die Mission war den Matrosen schon merkwürdig und gespenstisch genug. Lodrik besah sich die ersten Toten, die sie fanden. »Aufgeschlitzte Arme und Hälse. Ihr ging es um das Blut, nicht um die Seelen«, stellte Lodrik fest. »Ihr Heer wird ordentlich Hunger haben. Zvatochnas Blut allein reicht nicht aus, um das Verlangen
    zu stillen.« Er ging achtlos an den Leichen vorüber.
    Soscha schwieg und wich nicht von seiner Seite. Weil sie durch ihre eigene Dummheit an ihn gebunden war, blieb ihr nichts anderes übrig, als jedem seiner Schritte zu folgen 1 es sei denn, er sandte sie weg, um einen Auftrag zu erledigen.
    Nur ein bisschen seines Blutes hatte sie getrunken, doch das genügte, um ihm Macht über sie zu verleihen. Sie hasste ihn seitdem noch mehr und dachte mindestens einmal am Tag darüber nach, wie sie ihn vernichten könnte - sobald seine untote Tochter nicht mehr auf Ulldart wandelte, sondern für immer ausgerottet war. Soscha würde ihm den Tod nicht leicht machen.
    »Schon wieder in Gedanken dabei, mich umzubringen?«, sagte er ihr auf den Kopf zu. Sie erschrak nicht und fühlte sich auch nicht ertappt. »Ja.«
    »Dann versuche, dich zu gegebener Zeit daran zu erinnern. Ich werde es dir bald erlauben.« Lodrik umrundete ein Haus und betrat die Diele. Er sah eine junge Mutter, die mit ihrem Kind auf dem Arm auf dem dreckigen, von Matsch verschmierten Boden lag. Beiden waren die Adern geöffnet worden, aber von Blut fehlte jede Spur.
    »Es ergibt keinen Sinn«, raunte er und ging neben den Leichen in die Hocke. Er betrachtete die entsetzten Züge der verstorbenen Mutter, der unsägliches Grauen das Leben aus der Brust gerissen hatte.
    Soscha lachte bitter. »Sie mordet...«
    »Nein, das ergibt Sinn. Sie benötigt das Blut«, unterbrach er sie. »Dass sie nach Westen flieht, das ergibt keinen Sinn.« Lodrik erhob sich. »Je mehr sie sich auf die Rogogarder Inseln zubewegt, desto schneller wird sie entdeckt werden.« Er schaute Soscha ins Gesicht. »Ich frage mich, warum? Was bezweckt sie?«
    Sie wandte sich nicht ab, sondern sah in Lodriks blaue Augen, in denen die schwarzen Einschlüsse deutlicher sichtbar waren als sonst. Bald würde die Farbe getilgt sein, und er hätte die Wandlung zum Nekromanten abgeschlossen. »Es ist deine Tochter, Bardric.
    Du solltest es wissen.« Soscha betrachtete die Tote voller Mitleid. »Wie jung sie war. Es wird Zeit, dass wir dieses Monstrum in Frauengestalt aufhalten und auslöschen.«
    »Da stimme ich dir zu.« Lodriks Blick fiel auf das Vorratsregal, auf dem Marmeladengläser standen. Welch süße Kostbarkeit, umgeben von salzigem Meer und plötzlich sinnlos geworden. Es gab niemanden mehr, der sich darüber freute. »Ich habe den Verdacht, dass sie sich mit ihrem Heer aus Seelen Rogogard erobern möchte. Nur dann ergibt das, was wir beobachtet haben, einen Sinn.« Er grübelte. Etwas an dieser Erklärung gefiel ihm nicht.
    »Herr!«, schallte ein lauter Ruf über die Hallig. »Herr, kommt rasch!«
    Lodrik und Soscha eilten ins Freie und sahen zur VJellenkamm, wo ein Mann hoch oben im Ausguck stand und winkte. »Sieh nach, was er will«, befahl er Soscha.
    Sich zu sträuben brachte ihr ohnehin nichts. Sie erhob sich widerwillig, flog hinauf und landete vor dem verblüfften Mann. »Berichte«, wies sie ihn an.
    Der Matrose stierte die sacht durchscheinende Frau an und schluckte. Keiner an Bord hatte sich an ihren Anblick gewöhnt, man mied sie, wo es nur ging. In einem Krähennest hoch oben am Ende eines Masts gab es jedoch reichlich wenige Möglichkeiten, dem Geist auszuweichen. Seine Finger packten das Amulett» ein einfacher Talisman aus Bronze mit dem Emblem Kalisstras darauf. »Leichen ... Herrin«, sprach er zögerlich.
    »Ich bin keine Herrin, das habe ich bereits gesagt«, verbesserte sie ihn und gab sich Mühe, freundlich zu klingen. Ihr Unmut sollte nicht den Falschen treffen. Er konnte nichts dafür, dass sie an den Nekromanten gefesselt war und sklavengleiche Dienste verrichten musste. »Was hast du entdeckt?«
    Er deutete nach Osten. »Da treibt etwas im Meer.« Sogleich flog Soscha zur angegebenen Stelle und entdeckte einen Frauenkadaver, der mit dem Gesicht nach unten in den Weilen schaukelte. Gelegentlich zuckte der Körper; um ihn herum schwammen Fische, die sich an den Überresten gütlich taten, Jedes Mal, wenn die Tiere
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher