Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fatales Vermächtnis

Fatales Vermächtnis

Titel: Fatales Vermächtnis
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
Haut des selbsternannten Kaisers von Angor noch immer eindrucksvoll. Den weißen Helm trug er unter dem Arm, die andere Hand lag am Griff des angorjanischen Bogenschwertes. Wenn man ihn sah, konnte der Eindruck entstehen, er sei ein erfolgreicher Eroberer und kein Geschlagener auf dem Rückzug vor einer Übermacht. »Ich sollte es
    mir pflücken«, meinte er zu seinem Tai-Sal, der auf den Namen Arrant Che Ib'annim hörte. Es klang ernst gemeint.
    Der Mann verneigte sich. Auch er trug die weiße Rüstung, doch
    sein Gesicht wirkte wesentlich gröber als das seines Herrn.
    Schweiß glitzerte auf der schwarzen Haut, sie waren schnell marschiert. »Allerhöchster Kaiser, es wäre den vierhundert Besten eine Ehre, Euch das Land zu geben.« Ib'annim sah zu den Kriegern, deren überlange Schilde und Speere einen wehrhaften Wald bildeten, dessen Spitzen metallisch glänzten. Auf dem Rücken trugen sie jeweils ein kurzes und ein langes angorjanisches Bogenschwert; das vordere Ende war schwerer geschmiedet und verlieh den Schlägen eine unbändige Wucht, die sich kaum parieren ließ und Schilde zerschmetterte. »Erteilt den Befehl, und wir legen es Euch zu Füßen.«
    Nech räusperte sich, seine Kehle war trocken. »Noch sind wir nichts anderes als Gäste.« Er deutete auf das Schlösschen, das ihnen am nächsten lag und das sie in Kürze erreichen würden. »Laden wir uns dort ein.« Er stülpte sich den Helm auf die langen schwarzen Haare, in die weiße Perlen eingeflochten waren. »Lasst uns herausfinden, wie es um die ilfaritischen Gastfreundschaft bestellt ist.«
    Der Tai-Sal rief den entsprechenden Befehl, und die Einheit rückte vor. Der Gleichschritt entfachte ein Grollen, das in die Idylle der Auen einbrach wie ein Sturm, und das Klirren der Schilde und Speere ahmte das helle Krachen von Blitzen nach. Vögel flogen aufgeschreckt davon, Hasen und Eichhörnchen flüchteten vor dem Lärm, den die Krieger schufen. Ein schwarz-weißer, bedrohlicher Strom schoss in die friedlichen Täler und ließ sich nicht aufhalten. Auch im Schloss hatte man die Fremden bemerkt.
    Nech sah, wie die Bediensteten aus dem Tor eilten und die Portale vor ihnen schlössen; als die angorjanischen Truppen vor dem Gebäude standen, waren die Eingänge sowie die bunten Läden verriegelt. Die Schutzmaßnahmen hatten jedoch höchstens sinnbildlichen Charakter: Die dicken Weinranken.
    waren besser als jede Leiter.
    Nech ließ anhalten, dann trat er zusammen mit Ib'annim und zehn Mann vor. »Ich grüße euch, Bewohner des Schlosses«, rief der Tai-Sal, und seine kräftige Stimme wurde mit Sicherheit hinter den Mauern vernommen. »Wir wollen euch nichts Böses. Eine Mahlzeit und etwas Ruhe, mehr möchten wir nicht. Es wäre eine Ehre für euch, den Kaiser von Angor bewirten zu können.«
    »Verschwindet, angolanische Brut«, schallte es auf sie nieder. Der Rufer hielt sich hinter den Zinnen verborgen. »Wir sind einhundert Mann, und wir haben Steine genug, um jeden einzelnen von euch zwanzigmal zu treffen! Ruht euch woanders aus!«
    Nech hob langsam die Augenbrauen.
    »Ich ersuche euch mit aller Freundlichkeit: Gewährt uns einen kühlen Trunk und eine Mahlzeit«, versuchte es Ib'annim nochmals und gab sich Mühe, nicht zu ergrimmt zu klingen. »Der Kaiser von Angor...«
    »... soll es ein Schloss weiter versuchen. Wir haben leider schon den Kaiser von ... was-weiß-ich-denn an der Tafel sitzen. Es ist kein Platz mehr für Gäste wie euch«, wurde er unterbrochen. »Zieht von dannen! Einen Trunk hält der Fluss bereit, und gegen den Hunger esst ihr am besten die Blüten. Die Äpfel sind leider noch nicht reif.«
    Der Tai-Sal schickte zwei Männer zum Tor. Sie prüften die Beschaffenheit des Holzes, traten dagegen und lauschten auf den Klang, begutachteten die Scharniere und kehrten zu ihm zurück, um zu berichten. Die Schwachstellen waren rasch entdeckt.
    Zwei kurze Befehle später wurden Stricke an den Scharnieren befestigt, während die vordere Reihe einen sichernden Schildwall bildete.
    Kräftige Männerhände packten die Taue und zogen mit einem harten Ruck daran, dann rissen die Scharniere einfach aus der Mauer; die Holztore neigten sich nach hinten und fielen in den Innenhof, wo sieben bleiche, mit Degen bewaffnete Diener standen.
    Sie starrten durch die aufwirbelnde Staubwolke auf den
    Schildwall und die langen Spieße - und wichen langsam vor den
    waffenstarrenden Angorjanern zurück. Die Lakaien verschwanden rechts und links; rumpelnd fielen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher