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Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03

Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03

Titel: Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03
Autoren: Das dunkle Muster
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dieser Nacht blieben sie lange auf. Sie rauchten und tranken den aus den Flechten, die das Felsgestein bewuchsen, hergestellten Alkohol. Man erzählte sich Geschichten, von denen die meisten obszön oder absurd waren, und wälzte sich bald lachend auf dem Boden.
    Als Burton einige Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht, die er ins Englische übersetzt hatte, zum besten gab, stellte er fest, daß es besser war, aus sprachlichen Gründen nicht allzu weit auszuholen und keine Begriffe zu verwenden, die er erst erklären mußte, solange die Geschichten selbst einfach genug waren, daß jeder sie verstehen konnte. Es gab keinerlei Schwierigkeiten, als er von Aladin und der Wunderlampe sprach, oder davon, wie Abu Hassan an einem Wind zugrunde gegangen war…
    Letzterer war eine Figur, die sich besonders unter Beduinen großer Beliebtheit erfreute. Oft hatte Burton um ein Lagerfeuer aus Kamelmist gesessen und seine Zuhörer dazu gebracht, in kreischendes Gelächter auszubrechen, obwohl sie diese Geschichte schon mehr als tausendmal gehört hatten.
    Abu Hassan war ein Beduine gewesen, der seinen nomadischen Lebenskreis verlassen hatte, um in der jemenitischen Stadt Kaukaban Kaufmann zu werden. Er wurde zu einem wohlhabenden Mann, und nachdem eines Tages seine Frau gestorben war, entschloß er sich zu einer neuerlichen Heirat mit einer hübschen jungen Frau. Er arrangierte ein opulentes Mahl mit allerlei verschiedenen Reisgerichten und soviel gekühlten Getränken, wie sie das Herz begehrte, und ließ zusätzlich noch ein Kamelfohlen schlachten, das sich duftend über einem Feuer drehte.
    Endlich wurde der Bräutigam in das Gemach gerufen, in dem ihn seine in kostbare Gewänder gehüllte Braut erwartete. Abu Hassan erhob sich langsam und würdevoll von seinem Diwan, aber – O weh! – er war so vollgestopft mit Essen und Trinken, daß er, als er auf das Brautgemach zuging – O Schreck und Graus! – einen ungeheuerlichen, nicht zu überhörenden Furz ließ.
    Die Gäste, denen das natürlich nicht entgangen war, erbleichten, wandten sich einander zu und bemühten sich ausnahmslos, den Eindruck zu erwecken, als hätten sie von diesem schrecklichen Ereignis nicht das geringste mitbekommen. Aber Abu Hassan fühlte sich dermaßen gedemütigt, daß er einem Ruf seiner Natur folgte, in den Hof hinausging, ein Pferd sattelte und auf und davon ritt, hinter sich sein Glück, sein Haus, seine Freunde und seine Braut zurücklassend.
    Er schiffte sich nach Indien ein, wo er zum Kommandanten der Leibwache eines Königs avancierte. Nach zehn Jahren jedoch ergriff ihn so jämmerliches Heimweh, daß er beinahe daran zugrunde gegangen wäre, und so machte er sich – als Fakir verkleidet – auf den Heimweg. Nach Beendigung seiner langen und gefährlichen Reise kam er schließlich in die Nähe seiner ehemaligen Heimatstadt und warf von einem Hügel aus einen sehnsüchtigen Blick auf ihre Mauern und Türme. Die Tränen traten ihm in die Augen, als er sie so vor sich liegen sah, aber er wagte nicht, auch nur einen Fuß in ihre Straßen zu setzen, ehe er sich nicht sicher war, daß man seine Schande inzwischen vergessen hatte. So wanderte er sieben Tage und sieben Nächte am Stadtrand entlang und versuchte aus den Unterhaltungen der Leute, die zum Marktplatz gingen, herauszuhören, ob man etwa über ihn sprach.
    Am siebten Tag endlich nahm er sich ein Herz und setzte sich vor die Tür eines Hauses. Er dachte darüber nach, ob er es vielleicht wagen könne, sich in die Stadt hineinzuwagen, als er ein kleines Mädchen fragen hörte: »Oh, meine Mutter, sage mir, an welchem Tag ich geboren wurde, damit ich mir von der Wahrsagerin sagen lassen kann, wie es um meine Zukunft steht.«
    Und die Mutter erwiderte: »Du wurdest genau an jenem Abend geboren, o Tochter, an dem Abu Hassan seinen ungeheuerlichen Furz ließ.«
    Da sprang der vermummte Mann in Windeseile auf und floh und dachte: »Sie haben aus meinem Furz sogar ein Datum gemacht. Diese Schande werde ich nimmermehr los!«
    Und er setzte keinen Fuß mehr in menschliche Gesellschaft, ehe er nicht nach Indien zurückgekehrt war, wo er sich in ein selbstauferlegtes Exil zurückzog, in dem er lebte, bis die Gnade Gottes ihn für immer erlöste.
    Die Geschichte wurde ein großer Erfolg, aber vorher mußte Burton seinen Zuhörern erklären, daß zu jener Zeit unter den Beduinen das Furzen in der Öffentlichkeit zu den Geschmacklosigkeiten ersten Ranges gehört hatte. Es war in diesen Zeiten absolut
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