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Farben der Schuld

Farben der Schuld

Titel: Farben der Schuld
Autoren: Gisa Klönne
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gierig reißt er es ans Ohr.
    »Judith, hey. Hast du was?«
    »Du musst sofort zu der Wohnung von Fabian Bender fahren!«
    Sie lässt ihm keine Chance, Einwände zu erheben, sondern redet gleich weiter.
    »Sein Vater gilt als unbekannt!«
    »Du meinst Fabian Bender ist Röttgens Sohn?«
    »Seine Mutter war wohl sehr fromm. Sie starb vor ein paar Monaten an Krebs. Seitdem hat Fabian keine Miete mehr bezahlt – jetzt droht ihm der Rausschmiss und …«
    »Okay. Gut. Ich fahr hin. Sofort. Wir treffen uns da.« Manni läuft los, aus der Wohnung, ins Treppenhaus.
    »Ralf trifft dich dort«, sagt die Krieger.
    »Meuser? Und du?«
    »Ich steh vor Warnholz' Haus.«
    »Judith, verdammt, was soll das bringen?«
    »Ich weiß es nicht. Ist nur so ein Gefühl. Der hat irgendwas vor.«
    Manni pult den Autoschlüssel aus der Hosentasche. Gefühle. Na bravo.
    »Ich ruf wieder an«, sagt die Krieger. Es klingt beinahe schuldbewusst.
    Inzwischen ist es schon nach 22 Uhr, die Straßen sind einigermaßen frei. Vor Benders Wohnhaus parkt ein Polizeiauto. Meuser trabt auf Manni zu, zwei Streifenkollegen im Schlepptau.
    »In Benders Wohnung brennt Licht, aber er macht nicht auf.«
    »Na dann los.«
    Seite an Seite hetzen sie die Treppe zur Dachwohnung hoch. Klingeln. Klopfen.
    Nichts. Keine Antwort. Ist das Mädchen hier drin, ist Bender da?
    Einer der Kollegen macht sich am Schloss zu schaffen. Es gibt nach und sie gehen rein. Sichern. Rufen. Checken die Zimmer. Die Wohnung ist leer.
    Es riecht nach Farbe. Im Flur liegen leere Flaschen, Müllsäcke und Schuhe in wildem Durcheinander.
    »Bender hat seine Malerlehre abgebrochen, wohl um seine Mutter zu pflegen, aber aus dieser Zeit könnte er das Lösungsmittel haben, das GBL, mit dem er das Mädchen außer Gefecht gesetzt hat«, sagt Meuser.
    Manni nickt. Geht in die Hocke. Nimmt einen der Doc-Martens-Stiefel in die Hand, fühlt das Adrenalin. Blutrote Schnürsenkel. Größe 39. Ein Mädchenschuh. Prüf auch, ob es einen Keller gibt, wo das Mädchen vielleicht ist, hat die Krieger gesagt.
    »Wir brauchen die KTU. Schnell. Sofort. Und checkt jetzt den Keller.«
    Die Polizeimeister rennen los, und nur einen Augenblick später beginnt Mannis Handy zu fiedeln.
    »Warnholz kommt raus«, flüstert die Krieger. »Ich bleib an ihm dran.«
    »Bender ist unser Mann.« Er bringt sie auf den Stand, hört ihren Atem in seinem Ohr. Gepresst. Zu schnell.
    »Wo geht Warnholz hin?«
    »Weiß noch nicht, Innenstadt.«
    Pause. Atmen. Gedämpfte Schritte.
    »Vielleicht Sankt Pantaleon.«
    Shit! Shit, shit, shit. Wie passt das nun ins Bild?
    »Du brauchst Verstärkung, Judith.«
    »Ja, gleich. Warte. Er geht tatsächlich Richtung Sankt Pantaleon.«
    Schritte. Atmen. Dann wieder das Flüstern der Krieger. »Ich will sehen, was er vorhat. Wenn wir mit Blaulicht anrücken, erfahren wir gar nichts.«
    Jede Entscheidung hat Konsequenzen. Gute. Schlechte, manchmal fatale. Einer der Polizeimeister sprintet zurück in die Wohnung. »Der Keller ist clean.«
    »Ich komm da jetzt hin«, sagt Manni zur Krieger, nickt Meuser zu und hetzt die Treppe hinunter zum Wagen. Es ist nicht weit bis zur Innenstadt, er erreicht Sankt Pantaleon in nur fünf Minuten. Wie eine Festung erheben sich die Türme der Kirche in die Nacht. Manni steigt aus und sieht sich um. Wo ist die Krieger, wo ist der Priester? Die Straße ist leer, ein Opi zerrt seinen Köter Richtung Barbarossaplatz.
    Manni atmet durch, betritt den Park, presst sich in den Schatten der Mauer. Wieder fiept sein Handy.
    »Er geht tatsächlich zur Kirche«, zischt die Krieger. »Gleich, gleich, gleich ist er da.«
    Sie hat recht, Schritte nähern sich. Warnholz betritt den Park und läuft über den Plattenweg Richtung Seitenportal. Er geht langsam, sieht sich immer wieder um. Manni steht ganz still. Der Priester läuft direkt auf ihn zu, dann an ihm vorbei. Gut. Und jetzt? Die Krieger ist so leise, dass Manni sie erst bemerkt, als sie schon fast an ihm vorbei ist.
    »Judith«, er berührt ihren Arm.
    Sie keucht auf. Erstarrt.
    Der Priester erreicht jetzt den Vorplatz, sieht sich erneut um, wirkt plötzlich unschlüssig, geht dann auf den Seiteneingang der Kirche zu. Niemand folgt ihm. Niemand erwartet ihn.
    »Er geht rein.« Die Worte der Krieger sind nur ein Hauch. Im Zwielicht des Parks schimmern ihre Augen wie schwarze Seen.
    »Woher hat er den Schlüssel?«
    »Von Braunmüller?«
    »Oder von Röttgen.«
    »Oder die Kirche ist auf.«
    Die Kirchentür schlägt zu.
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