Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fanny Hill

Fanny Hill

Titel: Fanny Hill
Autoren: John Cleland
Vom Netzwerk:
Dienstvermittlungsbüro zu gehen, dessen Adresse mir Esther auf die andere Seite eines Straßenliedes aufgeschrieben hatte, bevor sie ging. Da hoffte ich schon was zu finden. das mich fortbringen konnte, ehe ich meine kleine Barschaft aufgezehrt hätte; und was meine Herkunft und Aufführung betreffe, hatte mir Esther oft gesagt, ich sollte mich nur auf sie verlassen, sie würde schon darüber Auskunft geben. Und da ich sie so brauchte, kam auch mein Vertrauen zu ihr wieder; ihr schneller Abschied kam mir nicht mehr sonderbar vor, und ich gab meiner Unerfahrung und Dummheit die Schuld, dass ich ihn erst so empfunden hatte.
    Am andern Morgen machte ich mich also so nett, als es meine Bauernkleider erlaubten, gab der Wirtin die Schachtel mit meiner Habe zur Verwahrung und ging aus, ohne mich unterwegs von irgendwas länger aufhalten zu lassen, als man von einem Landmädel erwarten kann, das kaum Fünfzehn alt ist und jedes Schild und jeden Laden begaffen muss. Endlich kam ich nach manchem Fragen in das betreffende Vermittlungsbüro. Das führte eine ältliche Frau, die an einem Tisch vor einem großen Buch und allerlei Schriften und Zeugnissen saß. Ich schaute keinen Menschen in dem Raum an, ging auf die Frau zu und stotterte nach einem Knicks meine Angelegenheit vor… Die Frau hörte zu mit einem Ernst wie ein Minister und schaute mich an von oben bis unten. Sie gab keine eigentliche Antwort, sondern verlangte vorläufig den gewöhnlichen Handschilling, bei dessen Empfang sie sagte: Dienstplätze für junge Mädchen wären sehr selten, besonders da ich ihr für schwere Arbeit zu zart gebaut vorkäme: sie wolle aber doch in ihrem Buch nachschauen, ob sich was für mich tun ließe, indessen sollte ich ein wenig warten, bis sie andere Kunden abgefertigt hätte.
    Bestürzt über diese wenig gute Auskunft trat ich etwas zurück; um mir das Warten erträglicher zu machen, schaute ich mich in dem Zimmer um, wobei ich den Blicken einer Dame — ich musste sie in meiner Unerfahrenheit für eine solche halten — begegnete, die in einem Winkel saß, und mitten im Sommer eine Samtmantille um hatte. Die Frau war dick und fett, hatte ein kupferiges verquollenes Gesicht und mochte wenigstens an die Fünfzig alt sein. Sie verschlang mich förmlich mit den Augen, musterte mich von Kopf zu Füssen, ohne sich um die Verlegenheit zu kümmern, in die mich ihr Anstarren setzte, und die ohne Zweifel eine starke Empfehlung für sie war und ein Beweis, dass ich mich für ihre Zwecke wohl schicken würde. Und ich gab mir Mühe, mich recht gerade zu halten und den besten Eindruck zu machen. Nachdem das so eine Weile gedauert hatte, kam sie auf mich zu und fragte mich sehr sittsam: »Süßes Herzchen, suchst du einen Dienst?« Ich machte einen tiefen Knicks: »Ja, wenn Sie gestatten.« Das träfe sich gut, sagte sie; sie wäre gerade hergekommen, um sich nach einem Dienstmädchen umzusehen, ich könnte unter ihrer Anweisung wohl ganz brauchbar sein, mein Gesicht sei eine gute Empfehlung, London sei ein schlimmer, gottloser Ort und sie wolle mich schon vor schlechter Gesellschaft hüten — kurz, sie redete wie eine rechte Praktikermacherin und mehr als nötig war, um ein einfältiges Landmädchen zu fangen, das Angst vor der Strasse hat und das erste Anerbieten eines Obdaches mit beiden Händen annimmt. So wurde ich also in Dienst genommen; ich sah wohl so ein gewisses Lächeln und Achselzucken der Frau an dem Tisch, aber ich nahm es für ein Zeichen der Zufriedenheit über meine rasche Versorgung. Ich wusste ja noch nicht, wie gut diese Vetteln einander verstanden und dass hier der Markt war, wo Madame Brown — meine Gebieterin — sehr oft nach frischer Ware ausging. Madame schien über ihren Kauf sehr vergnügt. Wohl aus Besorgnis, ich möchte durch eine Warnung oder sonst einem Zufall ihren Händen entwischen, begleitete sie mich in einer Kutsche nach meinem Gasthof und forderte selbst meine Schachtel ab, die ihr auch, da ich zugegen war, ohne weiteres ausgefolgt wurde.
    Hierauf ließ sie die Kutsche zu einem Laden bei der St. Paulskirche fahren, wo sie mir ein paar Handschuhe kaufte, und dann gab sie dem Kutscher Befehl, nach Hause in die *** Strasse zu fahren. Unterwegs unterhielt sie mich auf eine sehr angenehme Weise, die mich so vertrauend wie vergnügt machte, ohne auch nur ein Wort sich entkommen zu lassen, aus dem ich etwas anderes hätte entnehmen können, als dass ich durch ein ganz besonderes Glück in die Hände dieser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher