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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande
Autoren: Tom Sharpe
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vorschwebende dauerhafte Arrangement ganz und gar nicht schmecken würde. »Ihr Gastrecht wäre dauerhaft, Ma‘am. Sie könnten so lange bleiben, wie Sie wünschen.«
In Mrs. Sandicotts Augen lag ein stählernes Vorstadtglitzern. »Und was genau würden die Nachbarn dabei denken, Mr. Flawse?«
Erneut zögerte Mr. Flawse. Daß die nächsten Nachbarn zehn Kilometer weit entfernt in Black Pockrington wohnten und ihn nicht für fünf Pfennige interessierte, was sie dachten, hatte ihn schon zu viele Haushälterinnen gekostet und würde wahrscheinlich auch Mrs. Sandicott nicht passen.
»Sie würden es, glaube ich, verstehen«, schwindelte er. Aber Mrs. Sandicott ließ sich nicht mit verständnisvollen Nachbarn abspeisen. »Ich muß an meinen Ruf denken«, erklärte sie. »Ich wäre niemals damit einverstanden, allein mit einem Mann in einem Haus zu wohnen, ohne daß mein Aufenthalt auf eine juristische Basis gestellt würde.«
»Juristische Basis, Ma‘am?« sagte Mr. Flawse und genehmigte sich einen Schluck Brandy, um seine Nerven zu beruhigen. Die verfluchte Frau machte ihm einen Antrag.
»Ich glaube, Sie wissen, was ich meine«, sagte Mrs. Sandicott. Mr. Flawse schwieg. Das Ultimatum ließ an Klarheit nichts zu wünschen übrig. »Falls das junge Paar also heiratet«, fuhr sie erbarmungslos
fort, »und ich wiederhole: ‹falls¤, sollten wir auch über unsere Zukunft nachdenken.«
Dies tat Mr. Flawse und hielt sie für ungewiß. Mrs. Sandicott war keine ganz unattraktive Frau. In seinen Schlummerphantasien hatte er sie bereits entkleidet und entdeckt, daß ihr draller Körper ganz nach seinem Geschmack war. Andererseits hatten Ehefrauen Nachteile. Sie neigten zur Dominanz, konnten im Gegensatz zu einer dominanten Haushälterin nicht gefeuert werden, und Mrs. Sandicott schien bei aller Ehrerbietung eine willensstarke Person zu sein. Er hatte nicht damit gerechnet, den Rest seines Lebens mit einer willensstarken Person zu verbringen, aber wenn es bedeutete, daß er diesen Bastard Lockhart los war, könnte es das Risiko wert sein. Außerdem half die isolierte Lage von Flawse Hall, auch die willensstärkste Frau zu zähmen, und in Mr. Dodd besaß er einen Verbündeten. Jawohl, Mr. Dodd war unbedingt ein Verbündeter, und zwar einer, der immer Abhilfe wußte. Mr. Flawse nickte lächelnd in seinen Brandy.
»Mrs. Sandicott«, sagte er ungewohnt vertraulich, »gehe ich recht in der Annahme, daß es Ihnen nicht ungelegen käme, Ihren Namen in Mrs. Flawse zu ändern?«
Mrs. Sandicott strahlte ihre Zustimmung. »Es würde mich überglücklich machen, Mr. Flawse«, sagte sie und ergriff seine fleckige Hand.
»Dann erlauben Sie mir, Sie glücklich zu machen, Ma‘am«, sagte der alte Mann, mit dem Hintergedanken, daß sie so oder so ihr gerüttelt Maß Glück kriegen würde, wenn sie erstmal in Flawse Hall war. Wie um die bevorstehende Vereinigung der beiden Familien zu feiern, stimmte die Schiffskapelle einen Foxtrott an. Als der verklungen war, wendete sich Mr. Flawse praktischeren Dingen zu.
»Ich muß Sie warnen, daß Lockhart eine Beschäftigung braucht«, sagte er. »Es war immer meine Absicht, ihn das Gut verwalten zu lassen, das er eines Tages erben wird, aber wenn Ihre Tochter zwölf Häuser hat ...«
Mrs. Sandicott kam ihm zur Hilfe. »Die Häuser sind alle langfristig vermietet und die Renten von der Mietpreisstelle festgesetzt, aber der gute Lockhart könnte jederzeit in die Firma meines verstorbenen Mannes eintreten. Wenn ich mich nicht irre, versteht er was von Zahlen.«
»Er hat hervorragende arithmetische Kenntnisse, das kann ich ihm ohne Zögern bescheinigen.«
»Dann müßte er bei Sandicott & Partner, konzessionierte Buchprüfer und Steuerberater, ausgezeichnet zurechtkommen«, sagte Mrs. Sandicott.
Mr. Flawse beglückwünschte sich zu seiner Weitsicht. »Damit wäre das geregelt«, sagte er. »Nun bleibt nur noch die Frage der Hochzeit.«
»Hochzeiten«, entgegnete Mrs. Sandicott mit Betonung auf dem Plural. »Ich hatte immer gehofft, Jessica würde kirchlich heiraten.«
Mr. Flawse schüttelte den Kopf. »In meinem Alter, Ma‘am, hätte eine Hochzeit in der Kirche, so rasch gefolgt von einem Begräbnis, etwas Unpassendes. Ich würde eine fröhlichere Örtlichkeit vorziehen. Sie müssen wissen, daß ich Standesämter ablehne.«
»Das geht mir genauso«, pflichtete ihm Mrs. Sandicott bei, »sie sind so unromantisch.«
Die Weigerung des Alten, Lockhart in einem Standesamt zu verheiraten, hatte allerdings wenig
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