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Falsches Spiel: Roman (German Edition)

Falsches Spiel: Roman (German Edition)

Titel: Falsches Spiel: Roman (German Edition)
Autoren: Giorgio Faletti
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Prolog
    Wenn sie kommen, muss alles seine Ordnung haben.
    Sie, das sind der Sperber, das Baby, der Chef, der Ausländer, der Stille, der Schwarze, das Talent, der Faulpelz. Der Tätowierte, der Buchhalter, der Streber, der Hurenbock, der Göttergatte.
    Manchmal auch der Homo und der Gelehrte.
    Dann gibt es noch jene, denen ich keinen Namen verpasst habe.
    Jungs, denen beim Einlaufen die Begeisterung aus Augen und Worten spricht, Männer, die das Spielfeld mit enttäuschtem Blick verlassen, und andere, die einsehen, alles erreicht zu haben, was im Bereich ihrer Möglichkeiten lag.
    Der eine gibt sich zufrieden, ein anderer beherrscht sich mühsam, wieder ein anderer will nicht aufgeben.
    Wenn ich sie in den Flur kommen und wild durcheinanderreden höre, dann scheint es mir manchmal, als könnten diese Stimmen die Zeit aufheben und aus der Vergangenheit andere Stimmen heraufbeschwören, die einst ebenfalls durch diese niedrigen, unterirdischen Gänge hallten, bevor sie zusammen mit den Männern, aus denen sie hervorsprudelten, wieder verschwanden. Manch einer hinterlässt gute Erinnerungen, manch einer nur schlechte, während von anderen nichts als ein Trikot im Spind bleibt.
    Und dann gibt es noch die Anderen.
    Sie kommen, steigen aus dem Mannschaftsbus und schauen sich neugierig um, als wären sie noch nie an einem solchen Ort gewesen. Manche legen die Anmaßung der Starken an den Tag, manche die Unterwürfigkeit der Letztplatzierten, und ihr Trikot hat jedes Mal eine andere Farbe. Auch ihnen ordne ich Spitznamen und Charaktere zu, je nachdem, wie sie sich bewegen, wie sie sprechen, wie sie schweigen. Irgendwo anders, in einer anderen Stadt und in einer anderen Kabine, durchleben sie dieselben Situationen, denkwürdig geworden durch kollektive Bräuche und eigene kleine Rituale. Ich weiß das, denn alle zwei Wochen sind wir die Anderen.
    Einen Tag mehr, einen Tag weniger, bin ich seit dreiunddreißig Jahren dabei. Stets gehöre ich zu den Ersten, die kommen, und den Letzten, die gehen. Die Umstände zwingen mich zu einer Existenz im Verborgenen. Das Scheinwerferlicht kenne ich nicht. Ich würde es nicht wiedererkennen, besser gesagt. Wo wir spielen, leuchten die Flutlichter ohnehin etwas matter, die Anfeuerungsschreie sind etwas derber und die Spruchbänder etwas fantasieloser.
    Unsere Welt besteht aus Rasen, Hosen mit Matsch- und Grasflecken, Kreidelinien, Massageöl, nassen Strümpfen, Verletzungen und Unfällen, Begeisterungsexplosionen, Fangesängen, Wutausbrüchen. Flüchen, an deren Absicht keinerlei Zweifel bestehen kann, deren konkrete Bedeutung aber gelegentlich im Dunkeln bleibt, weil sie in einer unbekannten Sprache ausgestoßen werden. Und trotz gründlicher Reinigung hängt immer ein Hauch von Feuchtigkeit und Schweiß in der Luft.
    Es ist die Welt des Fußballs, im Allgemeinen.
    Es ist die Welt der Zweiten Liga, im Besonderen. Die, in der sich alles am Samstag abspielt.
    Für viele ein Tag wie jeder andere, für andere ein ganz besonderer Tag. Für manche wiederum ein Tag, an dem die Hexen nicht vergeblich tanzen und Prophezeiungen sich erfüllen.
    Dreiunddreißig Jahre sind vergangen, ein Tag mehr, ein Tag weniger.
    Und auch ich habe heute ein Kreuz zu tragen.

Eins
    Die Stadt wartet, wie eh und je.
    Es gelten die sanften Zyklen der Provinz, wo alles mit Verspätung eintrifft und immer von außen. Einst war es die Eisenbahn, dann kamen die Autos, das Fernsehen, die Autobahn und zuletzt das Internet.
    Im Grunde aber ist es immer dasselbe.
    Man wartet nur ein bisschen ungeduldiger, und der Höhepunkt tritt ein wenig vorzeitiger ein.
    Es gibt Bars und Tagediebe, Personen mit Geld und Personen, die mit Geld protzen, das sie gar nicht haben. Leere Worte und wortreiche Ergüsse, was oft aufs Gleiche hinausläuft. Die Gesichter in der Sonne machen den Gesichtern im Schatten beharrlich den Platz streitig.
    Und umgekehrt.
    Eigentlich hat es hier, wie in vergleichbaren Städten, Facebook immer schon gegeben. Dieses Raunen, diese verstohlenen Blicke, die Dinge, die vornherum gesagt und hintenherum getan werden, heruntergeklappte Rückbänke, eiliger Sex, für den man nicht mal die Socken auszieht, Hochzeiten, Scheidungen, erneute Hochzeiten. Die Reichen mit den Reichen, die armen Teufel mit den armen Teufeln. Lediglich die Schönheit ist eine Ware, die diesen Mechanismus durchbrechen und die Erwartungen Lügen strafen kann. Die Gedanken der Leute sind konzentriert oder verwässert, seicht oder tief, sie sind
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