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Falsches Spiel: Roman (German Edition)

Falsches Spiel: Roman (German Edition)

Titel: Falsches Spiel: Roman (German Edition)
Autoren: Giorgio Faletti
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Schritt.
    »Mir würde es schon reichen, wenn sie gelb werden. Bei einem Unentschieden kommen wir weiter, aber ein schönes eins null wäre auch nicht übel.«
    Ich ging, aber als ich in meinen Wagen stieg, rief mir Alfredo aus seinem Käfig seinen Tipp hinterher. In seiner Begeisterung klang es, als hätten wir sie schon in der Tasche.
    »Drei null! Drei knallen wir ihnen rein!«
    Ich winkte noch einmal und schloss dann die Tür, ohne etwas zu erwidern. Wenn Alfredo wüsste, was ich weiß, wäre sein Vertrauen nicht mehr so blind. Glück, Vertrauen und Liebe sind nur etwas für Sehbehinderte. Ist man gezwungen, die Augen zu öffnen, merkt man plötzlich, wie es tatsächlich läuft in der Welt. Es braucht nicht viel, um die schiefe Ebene zu kippen und die Kugel in die andere Richtung rollen zu lassen.
    Ich strecke den Arm aus und klappe die › Gazza‹ auf, sodass ich die gesamte Titelseite vor mir habe. Wie immer finden sich dort ein paar Fotos und ein paar Nachrichten. Die Spiele der Ersten Liga sind unter Jubel und Zähneknirschen beendet worden. Bald werden sie Teil der Geschichte und der Statistik sein. Ich weiß nicht, ob der Meistertitel an den Besten gegangen ist, aber mit Sicherheit ist er an den Sieger gegangen. Was nicht immer dasselbe ist.
    Für die Zweite Liga ist es die Nacht vor der Prüfung. Der Morgen davor vielmehr.
    Binnen kurzem entscheidet sich, wer zu den Sternen aufsteigen wird und wer sie weiter von unten anschauen darf. Früher, als man noch sonntags spielte, war alles leichter. Die ersten drei stiegen auf, die anderen wurden gebeten, doch bitte ein andermal wiederzukommen. Den Spielern blieb nur, sich von denen zu verabschieden, die sie nicht mehr auf dem Spielfeld antreffen würden, und auf die nächste Meisterschaft zu warten.
    Jetzt ist viel zu viel Geld im Spiel.
    Mit all dem Unsinn von Übertragungsrechten, Ablösesummen, Prämien und so weiter finde ich mich kaum noch zurecht in diesem Reglement, das mir um jeden Preis das Gefühl vermitteln will, ein Amerikaner zu sein – oder ein Idiot.
    ›Play-off‹ ist ein Wort, das nach Hamburger, Coca-Cola und Popcorn riecht, womit man mich jagen kann. Das ist vielleicht Geschmackssache, vielleicht hat es aber auch damit zu tun, dass die ersten englischen Wörter, die ich gelernt habe, die Namen der Schlagtechniken beim Boxen waren. Und diese Sprache tut weh, wenn Zunge oder Leber sie zu spüren bekommen, das muss ich schon sagen.
    Die Lokalzeitung ist vollständig der Mannschaft und unserem langen Weg zum gegenwärtigen Erfolg gewidmet. Auf dem Titelblatt findet sich das Foto eines Spielers in unserem Ersatztrikot. Es ist einfarbig rot und wird immer getragen, wenn Verwechslungsgefahr mit dem Trikot der Gegner besteht. Der Mann läuft mit geballten Fäusten auf die Kamera zu, die Sehnen am Hals gespannt und das Gesicht verzerrt zum Jubelschrei, den das gedruckte Papier nur schlecht wiederzugeben vermag. Soeben hat der Mann den Ball im Netz versenkt, und das Wort, das dieses stumme Abbild verschweigt, das mir aber noch in den Ohren klingt, lautet: Tor.
    Der Tag, an dem das Bild entstanden ist, hat sich meinem Gedächtnis eingebrannt. Es war ein Auswärtsspiel, und dies war das erste der drei Tore, mit denen wir den Tabellenführer geschlagen haben. Es war der Moment, in dem manch einer gedacht hat, dass die Prognosen vielleicht doch nicht zu gewagt und der Traum vielleicht doch nicht nur ein Traum war.
    Und jetzt sind wir hier, auf den Titelseiten sämtlicher italienischer Sportblätter, und hoffen darauf, dass sich das Wunder vollzieht und das kleine Glanzstück dieser Meisterschaft sich in ein wahres Meisterstück verwandelt. In wenigen Stunden wird sich unser Schicksal entscheiden. Wenn wir gegen den heutigen Gegner gewinnen, kehren wir nach so vielen Jahren, dass es längst aus dem menschlichen Gedächtnis gelöscht ist, in den Olymp der Ersten Liga zurück. Ansonsten gilt, was ich zuvor gesagt habe: Für den Verlierer kann der Schwanz, den er zwischen die Beine klemmen will, gar nicht lang genug sein. Noch ist es möglich, dass heute der große Tag sein wird. Oder dass mit dem heutigen Tag der große Schlamassel ausbricht.
    Ich falte die Zeitungen wieder zusammen und steige aus.
    Ein Schild auf der anderen Straßenseite empfiehlt mir das Restaurant Rué. Ich begebe mich zum Eingang, entschlossen, der Empfehlung Folge zu leisten. Es ist ein familiengeführtes Restaurant mit einfacher, leichter Hausmannskost. Ich esse oft dort, weil es in
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