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Falsches Spiel: Roman (German Edition)

Falsches Spiel: Roman (German Edition)

Titel: Falsches Spiel: Roman (German Edition)
Autoren: Giorgio Faletti
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der Nähe des Stadions liegt, die Preise human sind und ich schon lange mit den Roeros befreundet bin. Der Name des Restaurants ist übrigens nichts weiter als die dialektale Aussprache des Familiennamens. Der Hauptgrund für meine häufigen Besuche hier ist allerdings, dass ich meine eigene Küche, seit vor vier Jahren meine Frau gestorben ist, nur noch als den Ort betrachte, wo der Kühlschrank steht und ich so selten wie möglich esse.
    Die wenigen Schritte bis zur Tür reichen, um mir ein ganzes Leben in Erinnerung zu rufen.
    Elena habe ich kennengelernt, als ich im Gefängnis war. Die Zeitungen hatten über meinen Fall berichtet, und wie es oft geschieht, wenn Menschen die Fantasie der Öffentlichkeit beschäftigen, bekam ich gelegentlich Briefe, auch von Frauen. Ich habe sie gelesen und dann zerrissen.
    Bis auf einen.
    Mit der Zeit trafen immer weniger Briefe von unbekannten Absendern ein, bis sie schließlich ganz ausblieben. Nur eine Person schrieb mir weiterhin regelmäßig. Ich stellte fest, dass ich ihre Briefe erst neugierig und bald sogar mit Ungeduld erwartete. Und irgendwann begann ich, sie zu beantworten.
    Als ich eineinhalb Jahre später rauskam, war sie da und wartete auf mich. In der Zwischenzeit hatte sie mir Fotos von sich geschickt, aber es war mir nie gelungen, die unbekannte Person aus diesem bunten Rechteck herauszufiltern. Es waren Bilder von einer brünetten Frau, groß, schlank und anmutig, ohne wirklich schön zu sein. Allein oder mit Freundinnen, am Meer oder in den Bergen, mit kurzen Ärmeln oder im Mantel, je nach Jahreszeit. Es gab allerdings keine Hände, die meine Haut berührten, es fehlte der Geruch, und ganz besonders fehlte die Stimme. Es gab nur Worte auf Papier, in dieser schwerfälligen, deutlichen Schrift, die schöne Worte verfasste, aber keinen Klang hatte.
    Ich hatte nie gewollt, dass sie mich im Gefängnis besucht.
    Als ich dann plötzlich vor ihr stand und sie sah und roch und sprechen hörte, war es, als hätte mir Gott meine Rippe zurückgegeben. Damals wusste ich natürlich nicht, dass er sie mir ein paar Jahre später wieder herausreißen würde, und zwar ohne Betäubung.
    Ich habe ihre Hand gehalten, als sie von mir ging. Sie hat mich angeschaut und ein paar Worte geflüstert, die ich nicht verstand. Ich begriff nur, dass sie unseren Sohn betrafen. Immer hatte sie gesagt, dass man die Vorstellung vom Tod nur wegen der Kinder akzeptiert, da kein Vater und keine Mutter das Wesen überleben möchten, das sie in die Welt gesetzt haben.
    Als ich die Tür öffne und das Restaurant betrete, begreife ich, wie recht sie hatte. Und plötzlich verspüre ich einen gewissen Neid auf sie, die jetzt irgendwo ihre Ruhe gefunden hat. Ich bin immer ein einsamer Wolf gewesen. Jetzt bin ich nur noch allein. Nie hätte ich gedacht, dass ich irgendwann einmal den Unterschied spüren würde.

Drei
    Ich betrete das Restaurant und habe zunächst Schwierigkeiten, meine Augen an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Fürs Mittagessen ist es noch zu früh, und die Tische sind leer, abgesehen von einem Mann, der alleine in der hinteren linken Ecke sitzt. Trotz der Hitze trägt er eine Strickjacke. Ich würde ihn als älteren Herrn bezeichnen, aber neuerdings bin ich vorsichtig geworden mit diesem Wort. Genau genommen dürfte er nur ein paar Jahre älter sein als ich. Sollte etwas schieflaufen, könnte ich morgen schon einer dieser frierenden Alten sein, die mitten im August im Lodenmantel herumlaufen.
    Als Fabio Roero mich sieht, kommt er sofort auf mich zu. Er ist kürzlich dreißig geworden. Besonders groß ist er nicht, dafür aber so rundlich, wie es sich für einen Restaurantbesitzer gehört. Seine Haare sind kurz geschoren, und die Schürze, die er sich um die Taille gewickelt hat, lässt ihn wie einen Gastwirt aus alten Zeiten aussehen. Die Reebok, eine Tätowierung am Arm und ein Foto an der Wand, das ihn in Rennfahrermontur mit Helm zeigt, strafen dieses Bild allerdings Lügen.
    »Hallo, Rué.«
    »Hallo, Silver.«
    Eigentlich heiße ich Silvano, aber in der Provinz ist man mit Spitznamen schnell bei der Hand. Und von Silvano zu Silver ist es nicht weit, besonders wenn man nach einem Kampf mit einem derart blauen Auge in der Bar erscheint, dass es aussieht wie die Augenklappe eines Piraten und sofort jemand eine Ähnlichkeit mit Long John Silver aus Die Schatzinsel ausmachen will.
    Fabio schaut auf die Uhr.
    »Kommst du schon zum Mittagessen oder noch zum Frühstück?«
    »Das
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