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Falsches Blut

Falsches Blut

Titel: Falsches Blut
Autoren: Chris Culver
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aus ging ich direkt in mein Arbeitszimmer, um Rana und Nassir anzurufen.
    Dafür, dass ihre Tochter erst einen Tag unter der Erde war, hielten die beiden sich tapfer. Die Islamische Gemeinde von Indianapolis ist nicht sonderlich groß, ihre Mitglieder halten jedoch fest zusammen. Zwei Familien aus unserer Moschee hatten den beiden etwas zum Abendessen vorbeigebracht, und ich ging davon aus, dass sich die Aufläufe inzwischen in Ranas Tiefkühltruhe stapelten. Ich fragte sie, ob ich rüberkommen sollte, doch sie wehrte ab. Nach dem Gespräch verrichtete ich mit meiner Familie das Abendgebet, dann gab es Essen. Anschließend sahen wir uns eine Tiersendung im Fernsehen an, bis Megan zu Bett ging. Ich setzte mich für eine Stunde an den Schreibtisch, um die Vorlesung für den nächsten Tag vorzubereiten. Eigentlich hätte ich zwei Stunden lernen müssen, doch nach allem, was in den vergangenen achtundvierzig Stunden vorgefallen war, konnte ich mich nicht mehr dazu aufraffen. Ich würde mich irgendwie durchmogeln müssen. Gegen zehn gingen auch Hannah und ich zu Bett.
    Zwei klebrige Hände rissen mich in aller Früh aus dem Schlaf. Keine Ahnung, wie meine Tochter es anstellte, ständig klebrige Finger zu haben, aber sie schaffte es.
    » Papa , Papa! «
    Mühsam schlug ich die Augen auf und sah Megan mit ihrem glatten braunen Haar und ihren großen braunen Augen vor mir stehen. Die Jalousien waren noch geschlossen, trotzdem erkannte ich, dass es draußen noch stockdunkel war. Ich warf einen Blick auf den Wecker. Es war kurz nach sechs. Meine Tochter strahlte mich an, als sei es eine besondere Leistung, ihren Vater zu nachtschlafender Zeit zu wecken.
    » Mami hat Frühstück gemacht. «
    » Ehrlich? « Ich packte sie und begann sie zu kitzeln. Quiekend entwand sie sich meinem Griff und rannte in die Küche.
    » Papa ist wach! Papa ist wach! «
    Ich schwang die Beine aus dem Bett und schüttelte den Kopf, in der Hoffnung, den letzten Rest Schlaftrunkenheit zu verjagen. Es war kühl im Haus, also zog ich einen Morgenmantel über meinen Schlafanzug und folgte Megan in die Küche. Hannah stand am Herd, in einer Hand den Pfannenwender, die andere um den Griff der Gusspfanne gelegt. Auch sie trug einen Morgenmantel, doch im Gegensatz zu mir hatte sie bereits geduscht. Das feuchte Haar klebte ihr im Nacken.
    » Morgen, Schatz « , sagte ich und schenkte mir gähnend einen Kaffee ein. Hannahs Kaffee war so tiefdunkel, dass er höchstwahrscheinlich die Raumzeit krümmen und ein schwarzes Loch erschaffen konnte. Ich roch daran und konnte nur hoffen, dass mir Hannahs Todesröstung nicht sämtliche Nasenhärchen versengen würde. Wenn dieses Zeug einen nicht weckte, musste man bereits tot sein.
    Ich gab einen großzügigen Schuss Milch dazu und nippte an dem Gebräu. Es war mir ein Rätsel, wie Hannah das schaffte, aber sie trank ihren Kaffee grundsätzlich schwarz.
    » Tut mir leid, Schatz « , sagte sie. » Ich habe Megan gesagt, sie soll sich anziehen. Ich wusste nicht, dass sie dich weckt. «
    » Schon okay. « Ich nahm eine Scheibe Toast von dem Stapel neben dem Herd. » Ich habe nachher sowieso einen Termin. «
    Hannah drehte sich wieder zum Herd um.
    » Das Frühstück ist gleich fertig « , sagte sie und schob das Rührei aus mindestens einem halben Dutzend Eiern in der Pfanne hin und her. » Kannst du dafür sorgen, dass Megan sich anzieht? Ich habe heute eine lange Schicht, deshalb müssen wir um sieben aus dem Haus. «
    Eine lange Schicht bedeutete zehn Stunden in der Notaufnahme einer Kinderklinik im Stadtzentrum. Dank ihres Dienstplans konnte sie zwar den Großteil der Woche mit Megan zu Hause verbringen, trotzdem beneidete ich sie nicht um ihren Job.
    » Klar. «
    Ich half Megan, eine Jeans und ein gelbes T-Shirt mit Coco, dem neugierigen Affen, aus dem Schrank zu holen. Es war ein angenehmer Morgen. Ruhig und entspannt. Ich wünschte, es gäbe mehr von dieser Sorte. Wir aßen, dann beteten wir gemeinsam. Megan zählte sämtliche Gegenstände auf dem Frühstückstisch, musste jedoch jedes Mal bei fünfzehn von vorn anfangen, da dies die höchste Zahl war, die sie kannte. Um kurz vor sieben verließen die beiden das Haus, so dass mir mehr als genug Zeit blieb, mich anzuziehen und die Nachrichten im Fernsehen anzusehen.
    In der vergangenen Nacht war ein weiterer Mord passiert. Damit wuchs die Zahl auf neunzehn in diesem Monat an, drei Mal mehr als sonst. Es sei die Hitze, sagte der Chief of Detectives bei der
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