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Falsche Väter - Kriminalroman

Falsche Väter - Kriminalroman

Titel: Falsche Väter - Kriminalroman
Autoren: Hermann-Josef Schüren
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Worte. Meine Kollegen von der Straße, die reden nur. Die
quatschen sich ihr verpfuschtes Leben jeden Tag zurecht. Aber ich bin
inzwischen aufgewacht aus meinem bösen Traum und weiß, dass ich etwas tun muss.
Und das werde ich! Sobald ich diese Hütte verlassen habe, beginnt für mich ein
neues Leben. Und wenn ich das nicht schaffe, wenn ich weiterhin wie ein elender
Wurm durch den Dreck krieche, dann kannst du mich wirklich eine Lügnerin
nennen, und ich trinke dieses Zeug freiwillig!«
    Anna sah ihre Mutter an. Sie saß sehr gerade auf ihrem Stuhl und
hatte den Kopf trotzig erhoben. Nie zuvor hatte sie Sonja so stolz und
selbstbewusst erlebt. Es war zu spüren, dass sie jedes Wort ernst meinte.
Während sie sprach, strahlte sie eine ungeheure Willenskraft und
Entschlossenheit aus. Der Stolz, den Anna mit einem Mal für ihre Mutter
empfand, trieb ihr die Tränen in die Augen.
    Schelling kippte den Rest der Flüssigkeit in sich hinein und füllte
die Teeschale erneut mit dem tödlichen Sud.
    »Warum sind wir hier?«, fragte Anna.
    »Wegen damals.«
    »Und was ist damals genau passiert? Ich verstehe das alles nicht!«
    »Deine Mutter war hier«, sagte Schelling. »Ich und drei Männer, die
sich meine Freunde nannten. Sie haben mit deiner Mutter geschlafen. Ich habe
sie nicht angerührt. Das ist die Wahrheit. Sonja! Sag deiner Tochter, wie es
damals gewesen ist.«
    Sonja Lechtenberg sah Schelling an.
    »Du konntest nicht«, sagte sie. »Obwohl du bestimmt gern gewollt
hättest. Du hast auf der ganzen Linie versagt!«
    »Was soll das heißen?«
    »Dass du nichts gemacht hast, um die anderen von ihrem Vorhaben
abzubringen! Warum habt ihr mich so erniedrigt? Was wolltet ihr damit
bezwecken? War ich euer Opferlamm?«
    »Opferlamm? Wir wollten dir helfen! Wir wussten, dass du das Studium
nicht zu Ende bringen würdest, und wir wollten, dass unser Kind ohne
finanzielle Sorgen aufwachsen konnte!«
    »Euer Kind?« Sonja lachte. »Du kommst jedenfalls nicht als Vater in
Frage. Und die anderen auch nicht. Anna ist mein Kind! Da ist nämlich etwas,
was ihr alle nicht gewusst habt.«
    »Was denn?«, fragte Schelling überrascht.
    »Ich war schon schwanger, als ich zu euch in die Hütte gekommen
bin.«
    »Was?«
    »Ja. Ihr seid zu spät gekommen!«
    »Du hast uns also betrogen!«
    »Betrogen?« Sonja lachte erneut. »Ich war in Not, verdammt. Und ihr
habt meine Not schamlos ausgenutzt, weil es euch um etwas ganz anderes ging!«
    »Du hast uns hinters Licht geführt!«
    »Ich habe ertragen, dass drei Männer nacheinander mit mir geschlafen
haben. Ich habe mich nicht gewehrt, weil ich dachte, die Zukunft wäre wichtiger
als die Gegenwart. Und ich habe mir auch noch die Geschichte eines impotenten
Mannes anhören müssen. Glaubst du, ich hätte damals verstanden, was du gesagt
hast? Dieses ganze verbrämte Zeug! Diese schwachsinnige Philosophie des
Verzichts. Meinst du, ich hätte Mitgefühl für dich aufbringen können? Dir ging
es doch nur um dich. Was war denn mit mir? Hast du dich das jemals gefragt? Ich
habe das für mein Kind getan. Aber du hast geredet und geredet, bis der Nächste
von euch an der Reihe war. Für mich warst du damals der Schlimmste, obwohl du
mich nicht angerührt hast!«
    Sonja spuckte aus. Ihr Rotz landete vor Schellings Füßen.
    »Du hast mich und die anderen also die ganzen Jahre über belogen«,
sagte Schelling wütend. »Du hast uns getäuscht, um an unser Geld zu kommen!«
    »Ihr wart die Lüge«, sagte Sonja. »Und euer verfluchtes Geld hat
gestunken. Es war falsches Geld. Falsches Geld von falschen Vätern! Jeden
Monat, wenn es kam, hatte ich wieder die Bilder aus der Hütte vor Augen. Jeden
Monat der gleiche Film! Warum habt ihr das mit mir gemacht? Warum musstet ihr
meine Schwäche ausnutzen? Ihr habt mich wie eine Hure behandelt und dabei
wahrscheinlich noch das Gefühl gehabt, etwas Gutes zu tun. Wie soll eine Frau
das aushalten? Warum habt ihr mir und euch nicht auf andere Weise geholfen?«
    Sonja verlor die Beherrschung. Sie spuckte noch einmal aus, dann
begann sie zu schluchzen. Thomas Schelling lief vor den Stühlen hin und her wie
ein Tier, das man in den Käfig seiner bösen Träume gesperrt hat. Schließlich
nahm er die Teeschale in die Hand und ging damit auf Sonja zu. Er stellte sich
hinter sie und hielt ihr die Schale an die Lippen.
    * * *
    »Lieber langsam als Wild!«, las van de Loo.
    Verdammt, was soll das?, dachte er wütend. Was kann man denn dagegen
machen, dass einem ein Reh
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