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Falsche Froesche

Falsche Froesche

Titel: Falsche Froesche
Autoren: Sandra Schoenthal
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postwendend einsetzende Hustenanfall klingt, als rasten Sie im Cabrio durch Sibirien. Nach fünf Minuten Zwangsbelüftung schließen Sie das Fenster.
    Dass er zwei Tage später das geplante Abendessen in Ihrer Wohnung wegen hohen Fiebers kurzfristig absagen muss, ist also Ihre Schuld. Der Luftzug war fatal. Sie verfrachten sich samt Ihrem Schinkennudelauflauf und leichter Skepsis ans Krankenlager. Als er an seinen Krücken ins Badezimmer schlurft, entdecken Sie beim Aufschütteln der Kissen im Bett das Fieberthermometer: 37,1. Nach dem Essen, das er trotz seiner elenden Verfassung vollständig vertilgen konnte, fragen Sie den Mann, wie hoch sein Fieber sei. Über 39, berichtet er, an der Grenze zur Lebensgefahr. Kein Kommentar, Sie gehen nach Hause.
    Ein paar Tage später läutet der Gute an Ihrer Tür, ohne Krücken, und teilt strahlend mit, er sei genesen. Das will gefeiert sein. Gut, man geht essen, und man geht ins Bett.Nicht ganz. Zum ersten Mal, seit Sie einander kennen, liefert er einen Coitus reservatus. Sie sind verstört. Bluthochdruck, verlautet er, und Verdacht auf Herzschwäche. Der Kardiologe seines Vertrauens habe ihm dringend nahegelegt, die potenziell lebensbedrohlichen Ejakulationen zu unterdrücken. Ihre Anregung, stattdessen das Fressen von panierten Schweineschnitzeln zu unterdrücken, stößt auf taube Ohren.
    Was Sie für eine einmalige Spinnerei hielten, entpuppt sich fortan als Dauermuster. Drei Wochen später tun Sie, was Sie nie für möglich gehalten hätten: Sie gönnen sich einen One-Night-Stand. Und wundern sich, wie gut der tut.
    Als der Patient am darauffolgenden Nachmittag anruft und mit grenz-komatöser Stimme den Verdacht auf Migräne äußert, sprechen Sie Ihr Beileid aus, empfehlen einen renommierten Facharzt, legen auf und wissen: nie wieder Krankenschwester. Gleich im Anschluss wählen Sie die Nummer Ihres One-Night-Stands und brechen auf zum zweiten Durchgang.

Der Paranoiker
    Eifersucht, dieser Drache,
der die Liebe
unter dem Vorwand, sie zu leben,
tötet.

Havelock Ellis
    FALLE
    Er will Sie auf den ersten Blick.
    HIMMEL
    Wow. Ein Mann, der weiß, was er will. Der kommt, sieht und erobert. Dass er von der Sekunde Ihrer Begegnung an sicher war, erfahren Sie erst später. Sanft und behutsam, in Zeitlupe, näherte er sich Ihnen. Er hatte keine Eile. Wie entschlossen er in Wahrheit daran arbeitete, Ihr Herz zu gewinnen, konnten Sie nicht ahnen.
    Es war das Ende eines aufreibenden Arbeitstages, als Sie zum Abspannen in Ihre Stammkneipe gingen, sich auf den hintersten Hocker der Bar setzten, wo man bequem an der Holzwand lehnen kann, und bei einem Glas Rotwein die Zeitungen des Tages durchblätterten. Das Lokal war menschenleer, gut so, Sie brauchten Ruhe. Bald hatten Sie das Gefühl, jemand beobachte Sie, blickten von Ihrer Lektüre auf und sahen ihn.
    Der Fremde stand am anderen Ende der Theke, blätterte in einem Magazin und gefiel Ihnen sehr. Rote Haare, markantes Profil, knisternd maskuline Ausstrahlung. Just als Sie sich losreißen wollten, drehte er den Kopf in Ihre Richtung und schickte dieses Lächeln, nach dem Sie bald verrückt sein sollten. Sparsam, zynisch, ein wenig schief der Mund. Sie lächelten knapp zurück und wandten sich wieder den Zeitungen zu. Pro forma, die Konzentration war dahin, zumal Sie seinen Blick auf sich ruhen fühlten.Sie zahlten, standen auf und verließen das Lokal. Nicht ohne ihn im Vorbeigehen, wie Sie hofften unverbindlich, anzugrinsen.
    Der nächste Tag ist lang, Sie können den Abend kaum erwarten. Vor Neugierde platzend stürmen Sie zur wortlosen Verabredung. Ob er wohl kommt. Ob er hält, was Optik und Aura versprechen. Die Kneipe ist leer. Geduld, auch gestern ist er später aufgetaucht. Sie beziehen Ihren Stammplatz, greifen nach den Zeitungen und sehen im Augenwinkel die sich nähernde Gestalt. Ob es Sie störe, wenn er neben Ihnen Platz nähme. Nein, keineswegs.
    So faszinierend Humor, Intelligenz und Bildung dieses Mannes sind, was Sie in der dreistündigen Unterhaltung am stärksten beeindruckt, ist seine Unaufdringlichkeit. Die grüngrauen Augen, flink und wach und gierig, sprechen deutlich, dennoch wahrt er Distanz. Gerne würden Sie ihm Ihre Telefonnummer geben, doch fragt er nicht. Am Ende des Abends kennt er nur Ihren Vornamen und den Namen der Straße, in der Sie wohnen.
    Weshalb sein Anruf tags darauf verblüfft. Hut ab, ein guter Rechercheur. Nun sehen Sie einander täglich. Die von Anfang an vorhandene Vertrautheit wächst
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