Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
gemeint sein, drückte ab, einmal,
zweimal. Ob ich getroffen hatte, hätte ich nicht zu sagen
vermocht. Jedenfalls bewegten sich die kleinen, fast kugeligen
grünlichen Gebilde nicht mehr.
„Zurück!“ Wieder war es Hugh, der rief. Gleichzeitig gewahrte
ich, wie er, nach rechts wendend, zurückkroch. Hugh sah so
nicht das Fahrzeug, das links vor der Buschgruppe plötzlich
einschwenkte und mit erhöhter Geschwindigkeit auf ihn zuglitt,
offenbar in der Absicht, ihn mitsamt dem Gesträuch
niederzumachen.
„Hugh“, schrie ich, „links!“
Hugh fuhr herum. Wie eine Katze sprang er hoch, rannte
auf den nächsten Baum zu. An einem Strick schleifte er die
dritte Panzerbüchse hinter sich her.
Da züngelten Ladungen aus den Stacheln der Halbkugel, die
wie Leuchtspurmunition rings um Hugh in den Boden und die
Bäume prasselten.
Mehr sah ich nicht. Weg! Flucht, war mein einziger Gedanke.
Und ich rannte, flog zurück, trotzdem irgendwie bedacht, nicht
zu stürzen.
Ich hatte den jenseitigen Waldsaum noch nicht erreicht, als ich –
zunächst in Gedanken – langsamer wurde. Noch rannten die
Beine, doch dann sprang ich hinter den Wurzelschild einer
gefallenen Fichte. „Hugh! Ich kann Hugh nicht zurücklassen!“
Einige Mal atmete ich tief durch, danach spähte ich vorsichtig in
die Richtung, aus der ich gekommen war.
Ja, Teufel noch eins! Was ich nicht zu weit entfernt sah, war
Hughs Rücken. Der Gefährte stand hinter einer dicken Birke und
zielte, zielte mit seiner Büchse! Die Halbkugel musste ihn ein
Stück in den Wald hinein verfolgt haben.
Ich gewahrte den kräftigen Feuerstoß, und der Angreifer, ich
konnte einiges von seinen Umrissen erkennen, plumpste zu
Boden.
Und jetzt kam Hugh. Er rannte zwar auch, aber ausgewogen,
eher wie einer, der trainiert.
Ich trat hervor.
„He“, rief Hugh, „komm!“
Auf der Wiese stand ein kleiner Transporter. Die wenigen, die
an der Aktion beteiligt waren, saßen bereits oben, einige heftig
atmend vom Lauf, aber durchaus nicht angsterfüllt. Sie streckten
mir und Hugh die Hände entgegen, wir sprangen auf, und schon
ruckte das Fahrzeug an.
Hinter uns in den Bäumen prasselten Garben eines ungezielten,
massierten und wütenden Feuers.
Hugh winkte zurück und rief: „Wartet nur!“
Wir erreichten unbeschadet die neue Ausgangsstellung, wurden
dort mit verhaltenem Hallo empfangen.
Sein Hundertschaftsführer rügte Hugh der Disziplinwidrigkeit
wegen. Er tat er mit Worten, die nicht wehtaten.
Dann fügte er die Frage an: „Wie viel?“
Schon die Frage sagte mir, dass sich Ähnliches schon öfter
zugetragen haben mochte.
„Drei“, antwortete Hugh, und er schmunzelte. „Stücker sechs
oder sieben kleine.“
Es hob ein Beifallsgejohle an.
Ich fühlte Stolz, weil auch ich Hände schütteln musste, man
auch mir auf die Schultern klopfte. Dabei war ich mir natürlich
im Klaren, wie ich mein Verdienst an der gelungenen Aktion zu
bewerten hatte. Dennoch, ich war mit vorn gewesen, hatte die
Anderen beobachtet, sie aus nächster Nähe gesehen wie keiner
der Neulinge. Aber das Wichtigste: Ich hatte gezeigt bekommen,
dass sie verwundbar, vernichtbar waren! Ich spürte, dass
dieses Ereignis, diese Erkenntnis mir die lähmende Angst,
dieses beschämende Gefühl der Ohnmacht, des sich
Verkriechenmüssens genommen hatten, wenn ich mir auch
sagen musste, dass derartige spontane Aktionen sicher nichts
Entscheidendes in dieser furchtbaren Auseinandersetzung
bewirkten. Allerdings dürfte das Potential des Gegners, der über
keine Produktionsbasis auf der Erde verfügte, nicht
unerschöpflich sein.
Der nächste Angriff aber deutete darauf nicht hin. Wir lagen
etwa hundert Meter hinter der zu erwartenden Feuerlinie in
ziemlich freiem Gelände. Ein schmaler Graben mit
aufgeworfenen Wällen, auf denen Hagebuttensträucher und
Schlehen wuchsen, schuf einige Deckung. Der Gegner ließ auf
sich warten. Die Zeit zwischen den Blitzstößen betrug stets etwa
vier Stunden – die Spanne zum Wiederaufladen der elektrischen
Kapazitäten? Eine Mutmaßung. Nun, da fünf Stunden ins Land
gegangen waren, breitete sich Unruhe aus, zunächst unter den
Offizieren, dann teilte sie sich den Mannschaften mit.
Es lag Unheil in der Luft!
Dann, nach Ablauf einer weiteren halben Stunde, brach es
hinter dem Wäldchen hervor, als stünde dahinter ein gewaltiger
Athlet, der einen überdimensionalen Diskus nach dem anderen
schleudert. Diese Gebilde brausten im Tiefflug heran. Und wie
die bodengebundenen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher