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Fallende Schatten

Titel: Fallende Schatten
Autoren: Gemma O'Connor
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zwei Tage.«
    Sie warf hinter uns die Tür ins Schloß, aber auch als sie zu war, hörte ich immer noch ihr Furcht einflößendes schepperndes Lachen. In der Dunkelheit umklammerten Daniel und ich einander. Beide zitterten wir. Rache ist nicht süß.

Finale
    Am darauffolgenden Sonntag wurde die Geschichte veröffentlicht; Hanora Hanrahan war mittlerweile verschwunden. Die Schlagzeilen waren reißerisch: Druckereiimperium auf ungeklärten Mord gegründet. Dublins führende Gastgeberin verschwunden. Des Murphy-Clarke schürfte tief, und er förderte Schmutz zutage. Er war viel zu gewitzt, um irgendwelche direkten Behauptungen aufzustellen. Der Artikel war raffiniert geschrieben und beschränkte sich durchgängig auf Andeutungen.
    Cormac Hanion wurde kaum erwähnt. Alles drehte sich um Hanora. Der Bericht war vier Seiten lang, vollständig mit Bildern, auf denen sie zusammen mit führenden Politikern zu sehen war. Der rote Faden war, wie Des indirekt deutlich machte, sie alle waren zu irgendeinem Zeitpunkt in irgendwelche aufsehenerregende Finanzskandale in praktisch allen Bereichen verwickelt gewesen: Rinderhandel, Immobilien, Insidergeschäfte, Regierungsaufträge. Hanora war an vielen Unternehmungen beteiligt gewesen, von denen ich keine Ahnung gehabt hatte; ich hatte ihm lediglich den Aufhänger geliefert, an dem er seine Tatsachen – oder Theorien – festmachen konnte. Besonders stolz auf mich war ich nicht.
    Sobald Des sich einmal in der Geschichte festgebissen hatte, konnte und wollte er nicht mehr damit aufhören. In der darauffolgenden Woche, als wir gerade die Koffer packten, um nach Frankreich zu fliegen, tauchte er unerwartet in meiner Wohnung in Richmond auf. Er kam mir vor wie ein Hund, der hartnäckig an seinem einmal ergatterten Knochen nagt.
    »Sag mir nur eines, Nell, hat deine Mutter gewußt, was da alles gelaufen ist?«
    »Ich habe keine Ahnung. In den Tagebüchern hat sie nichts davon erwähnt, aber … ich frage mich …«
    »Deine Mutter war sehr gewitzt«, erklärte Daniel unvermittelt. »Möglicherweise hat sie es erraten. Und falls ja, dann hat sie wahrscheinlich mit meinem Vater darüber gesprochen. Die beiden hätten sich das Ganze zusammenreimen können.«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Na ja«, meinte er bedächtig, »ihr sagt beide, zumindest einige dieser Skandale hätten in der Öffentlichkeit für einigen Wirbel gesorgt.« Er zuckte die Schultern. »Sie hat Zeitung gelesen, oder? Wenn alle anderen sich Gedanken darüber gemacht haben, warum nicht auch sie?«
    Murphy-Clarke, dem plötzlich klar wurde, daß ich etwas verheimlichte, sah mich durchdringend an. Ich wandte mich ab, denn ich hatte Angst, er könnte meine Gedanken lesen und nachhaken. Ich zog es vor, die Frage, ob Lily das ganze Ausmaß dessen, was da vor sich gegangen war, gewußt oder geahnt hatte, offen zu lassen. Ohne es zu merken, hatte Des angedeutet, warum ihre kleine Schurkerei so erfolgreich gewesen war. Hanora Hanrahan hatte es nicht zulassen können, daß auch nur die geringste Andeutung, sie sei in irgendwelche schmutzigen Geschäfte verwickelt, ihr Image befleckte. Das hatte sie sich nicht leisten können, zu viel war auf dem Spiel gestanden. So beiläufig, wie ich nur konnte, und während ich nebenbei Daniel ans Schienbein stupste, wechselte ich das Thema.
    »Eines verstehe ich nicht: Wie konnte die Raytown-Druckerei so bedeutend werden?«
    »Da war erstens der Krieg. Druckverträge, die vorher an große Unternehmen in England gegangen waren, mußten jetzt zu Hause erledigt werden. Aus irgendeinem Grund hatten sie riesige Papiervorräte. Papier wurde sehr knapp, daher gelang es ihnen, Druckverträge zu ergattern, die ansonsten an größere Unternehmen in Irland gegangen wären.«
    »Ein Glück für sie, daß sie diesen Vorrat hatten«, warf ich unbekümmert ein.
    »Glück?« Des schnaubte. »Das hatte kaum etwas mit Glück zu tun. Irgend jemand ist da sehr, sehr schlau gewesen. Vorausblickend, würde ich sagen. Hör mal, die hatten nichts zu verlieren …«
    »Und wenn Irland sich den Alliierten angeschlossen und ebenfalls in den Krieg eingetreten wäre?« fragte Daniel.
    »Was willst du damit sagen?« setzte ich an.
    »Denk doch mal an das Gelände«, fiel Des mir ins Wort. »Mann, das liegt direkt neben den Tiefseedocks. Da hätte jede Menge Kohle dringesteckt. Die Briten waren ungeheuer scharf auf die irischen Häfen.« Er lachte. »Kein Wunder, daß Reynolds umgelegt worden ist. Sobald sie einmal die
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