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Fallende Schatten

Titel: Fallende Schatten
Autoren: Gemma O'Connor
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das auch. Aber da war mehr. Er war ein sanfter, rücksichtsvoller, erfahrener, aufregender Liebhaber, aber er war auch auf herrliche, ungehemmte Weise sexy. Wir fingen ganz behutsam an, von seiner Seite her aus Rücksicht, während ich darauf bedacht war, meinem geschundenen Körper nicht zu viel zuzumuten. Aber am Ende unserer Zeit in dem Hotel liebten wir uns mühelos, vollkommen.
    Am Mittwoch flogen wir nach Dublin und zogen ins Hotel Shelbourne. Von dort war es nicht weit bis zur Mount Street.

35
    Als ich Hanora Hanrahan zum ersten Mal begegnet war, an jenem heißen Sommertag, hatte ich einen kurzen, knapp sitzenden weißen Leinenrock und ein marineblauweißes Top angehabt. Nackte Beine, die in schmuddeligen Sandalen gesteckt hatten. Ich war braun gebrannt und mit Sommersprossen übersät gewesen, meine Haare hatte ich zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden gehabt – ich mußte wie achtzehn ausgesehen haben. Bei dem Empfang sollte sie mich – und das war der springende Punkt – nicht wiedererkennen.
    Ich machte mich sorgfältig zurecht: volle Kriegsbemalung; Sommersprossen waren weit und breit keine mehr in Sicht. Knallroter Lippenstift in starkem Kontrast zu meiner blassen Haut. Zusammen mit einem schwarzen, um meinen Kopf geschlungenen Samtturban machte sich das wirklich recht gut. Ohne ihn sah ich eher wie ein trauriger Clown aus. Die Nähte auf meinem Kopf wirkten wie winzige Eisenbahngleise. Umrahmt von den blonden Stoppeln – mein Haar wuchs heller nach, als es vorher gewesen war – sahen die bläulich-purpurfarbenen Narben gräßlich aus.
    Ich kleidete mich ganz in schwarzen Seidencrêpe – taillierte Jacke, langer, schmaler Rock –, was mich an dem Nachmittag bei Brown Thomas ein kleines Vermögen gekostet hatte. Aber das war es wert, ich habe selten etwas mir so Schmeichelndes getragen. Mit meinen tödlich hochhackigen, grob gerippten schwarzen Pumps reichte ich Daniel bis zur Nase. Er mußte zweimal hinsehen, als ich aus dem Badezimmer auftauchte.
    »Wow«, lautete sein Kommentar. »Du siehst hinreißend aus. So wunderschön, daß ich Angst habe, dich auch nur zu berühren.« Er hielt mich auf Armlänge von sich weg und wirbelte mich um mich selber. »Vollkommen. Geradewegs aus Vogue.« Er legte den Kopf auf die Seite und sah mich schräg an. »Aus der französischen Vogue natürlich.«
    Ich überhörte den Chauvinismus. »Du siehst auch aufsehenerregend hübsch aus«, meinte ich.
    In seinem geliehenen Smoking machte er einen äußerst eleganten Eindruck. Scherzhaft abwehrend streckte er die Hand aus.
    »Nicht hübsch. Ich erhebe Einspruch. Sexy, lüstern, scharf, aber niemals hübsch.«
    »Aufsehenerregend hübsch, da bleibe ich hart«, lachte ich. Dann wurden wir für ein paar Minuten ernst und gingen noch einmal unser Vorhaben durch, ehe wir ein Taxi riefen.
    Die Mount Street war von Limousinen gesäumt. Wir baten den Taxifahrer, uns ein Stück von dem Haus entfernt abzusetzen. Beide waren wir sehr aufgeregt und brauchten ein paar Minuten an der kühlen Abendluft, ehe wir uns dem Kampf stellten.
    Als wir näher kamen, sahen wir die Leuchter im Salon im ersten Stock funkeln. Leute, meist Männer, unterhielten sich an den hohen Fenstern, die keine Vorhänge hatten.
    Es sah wundervoll aus, genau die Art von Abendgesellschaft, nach der man sich sehnt. Daniel drückte meine Hand. Wir holten tief Luft und gingen die Stufen hinauf.
    Die Tür wurde von dem uralten Faktotum geöffnet, das uns in die Eingangshalle führte. Die Burmakatze saß nach wie vor am Fuß der wunderschönen Treppe und leckte sich das Maul. Hanora stand oben an der Treppe, in ein schimmerndes burgunderfarbenes, schräg geschnittenes Gewand gekleidet. Sie trug goldene Strümpfe und Slipper sowie eine Halskette und ein Armband aus massivem Gold. Für ihr Alter sah sie erstaunlich aus, aber schließlich hatte sie eine hervorragende Schneiderin gehabt.
    Daniel umklammerte meinen Ellbogen, als wir zu ihr hinaufstiegen. Sie stand da und erwartete uns wie eine Königin ihre Untertanen. Was Stil, Elan und Großspurigkeit betraf, tat es ihr niemand gleich. Wir wechselten einen Blick, als sie ihm die Hand hinstreckte.
    »Mein lieber Junge, der Sohn meines lieben Milo, willkommen.« Mit hochgezogenen Augenbrauen wandte sie sich zu mir. »Und du hast eine Freundin mitgebracht? Wie nett«, meinte sie ausweichend. Sie streckte mir kurz die Hand hin, dann ging sie in den Salon voraus, ohne nach meinem Namen gefragt zu haben. In ihren Augen
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