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Fall bloß nicht auf!

Fall bloß nicht auf!

Titel: Fall bloß nicht auf!
Autoren: Tim Bowler
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Augen offen, mach’s wie ich und lerne daraus.
    Erstens gehen wir bei solchen Hütten immer von hinten rein. Hier wohnt ein altes Ehepaar. Schrullige Alte. Sie ist einundsechzig, er zweiundsiebzig. Ich habe sie über ein Jahr lang beobachtet, ehe ich mich entschlossen habe, ihre Hütte zu benutzen. Wie ich schon sagte, du musst immer die Augen offen halten. Ich beobachte viele Häuser und viele Leute gleichzeitig. So kriege ich mit, was läuft.
    Die besten Hüttenbesitzer sind die, die nicht so wie ich sind. Ich merke alles, sie merken überhaupt nichts. Nimm zum Beispiel die Gruftis, die hier wohnen. Ich kenne ihre Namen, ihren Geburtstag, ihre Hobbys, ihre Geschichten. Ich kenne auch die Namen und Adressen ihrer Angehörigen und Freunde, den Handwerker, der die Klempnerarbeiten für sie macht, die Lebensmittel, die sie gern mögen.
    Was wissen sie über mich?
    Nichts. Sie wissen nicht mal, dass es mich gibt. Und sie wissen nicht, dass ich im letzten halben Jahr mehr als zehnmal in ihrer Hütte übernachtet habe.
    Woher weiß ich das alles über sie? Leichte Frage. Ich reime es mir aus den Sachen zusammen, die sie bei sich daheim herumliegen lassen. Alles ist für dich da und sie erfahren nie, dass du alles weißt, solange du peinlich genau darauf achtest, dass alles – aber wirklich alles – so ist, wie es war, als du reingekommen bist.
    Du kannst ruhig Sachen benutzen, aber leg alles wieder an seinen Platz.
    Wie gesagt, die besten Hütten sind die, wo die Besitzer keine Augen im Kopf haben. Ich könnte hier zum Beispiel Sachen verschieben und die alten Leutchen würden es nicht bemerken, wenn sie nach Hause kommen.
    Aber das Risiko gehe ich nicht ein. Ich bin vorsichtig. Ich bin ein Profi in diesen Dingen, deshalb bin ich immer noch hier und deshalb habe ich alles im Griff.
    Gut, also durch die Hintertür. Siehst du den niedrigen Schuppen da hinten im Garten? Den benutzen sie kaum. Ein paar Spaten und ein Rasenmäher stehen da drin, sonst nur Krimskrams. Komm mit hinter den Schuppen, ich zeige dir was.
    Siehst du den ollen Stein da? Heb ihn auf.
    Voilà! Das ist der Schlüssel für den Hintereingang. Genauer gesagt, ein nachgemachter. Die Leutchen sind schon nett. Wenn sie zuhause sind, schließen sie die Hintertür nicht ab und lassen den Schlüssel stecken. Dann sitzen sie vorn im Wohnzimmer und schauen fern.
    Wenn sie die Familie ihres Sohnes übers Wochenende besuchen gehen, schließen sie die Hintertür ab und legen den Schlüssel in eine Schublade in der Küche. Als ich herausgefunden hatte, wohin sie jeden Freitag fahren, habe ich mir einen zweiten Schlüssel nachmachen lassen.
    Nette alte Leutchen. Nach denen kann man die Uhr stellen. Das Taxi holt sie jeden Freitag um zehn Uhr morgens ab. Immer dasselbe Taxiunternehmen, meist auch derselbe Fahrer. Er steigt aus und verstaut ihre Koffer im Kofferraum.
    Oma fragt: »Na, wie geht’s?«, und dann plaudern sie ein bisschen miteinander, während Opa mühsam ins Taxi klettert. Jeder mit ein bisschen Geduld und halbwegs guten Ohren findet heraus, dass sie zum Bahnhof fahren, das Wochenende bei ihrem Sohn bleiben und erst Sonntag wieder heimkommen.
    Wenn der Taxifahrer ein Gauner wäre, gäbe es eine unangenehme Überraschung, nicht nur für die alten Leutchen, sondern auch für mich. Aber er ist keiner, also wird wohl alles glattgehen. Jetzt komm rein, aber halte dich rechts. Du musst dich außerhalb der Sichtlinie der Nachbarn halten. Bleib auf dieser Seite des Weges, dann sehen sie dich nicht. Und mach keine Geräusche und stoße nirgends an.
    Los geht’s.
    Steckt der Schlüssel in der Hintertür? Geht die Tür auf? Früher hat sie leise gequietscht, aber ich habe beim letzten Mal die Türangeln geölt. Mach die Tür zu und sperr ab. Zieh den Schlüssel ab.
    Verhalte dich still, horch. Prüfe, ob die Luft rein ist. Hier sollten wir keine Probleme haben. Bei anderen Hütten muss man klingeln, um sicherzugehen, dass die Leute wirklich nicht zu Hause sind. Das darfst du hier nicht machen, auf der Stufe vor der Haustür könnten dich die Nachbarn sehen.
    Aber hier ist alles in Ordnung. Ich kenne die Anzeichen. Schlüssel steckt nicht in der Hintertür, er liegt in der Schublade in der Küche, wie ich dir schon sagte. Die Vorhänge im Wohnzimmer sind zurückgezogen. Im Haus sind keine Lichter an. Alles ruhig. Sie sind
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