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Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Titel: Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
Autoren: Joachim Rangnick
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Vaters, jeden Berg benannte er. Links von ihnen die hohen Spitzen der Allgäuer Alpen, Gaishorn, Großer Daumen, Nebelhorn, Hochvogel, Großer Krottenkopf, Hohes Licht, dahinter die Lechtaler Alpen mit ihrer mächtigen Parseierspitze. Er hatte sich die Namen nicht merken können, aber sie später mit der Karte gelernt, bis er alle aufsagen konnte. Auf dem Rückweg waren sie dann meist am Wasserfall gewesen, und Vater hatte auf die Felsnase gezeigt und erzählt, dass es immer wieder Idioten gab, die darauf herumgeturnt waren, um vor den Mädchen anzugeben, und dass einer abgestürzt wäre und dass niemand dem Herrgott mit solch dummen Versuchen auf der Nase herumtanzen durfte. Wollte der Pächter gar dem Herrgott auf der Nase herumtanzen, barfuß und mit einer Schnapsflasche in der Hand? Plötzlich war Toni alles völlig klar. Natürlich, der Pächter hatte jemanden umgebracht, in der Spalte versenkt und mit Steinen begraben und die Ziege zur Täuschung obendrauf gepackt. Aber trotzdem wollte er sich jetzt umbringen. Vielleicht war man ihm auf die Schliche gekommen.
    Toni beschleunigte seine Schritte, aber er war oberhalb des Bachtobels geblieben und musste nun einen Umweg machen. Immer schneller wurde er, viel zu schnell für das zerklüftete Gelände.
    Außer Atem kam er von rechts an das Ende des Bachlaufs und sah den Pächter auf der Felsnase sitzen, mit dem Rücken zur Schlucht. Er hatte die Flasche angesetzt und trank. Toni überlegte. Sollte er ihn rufen, sollte er einfach die letzten Meter zu ihm gehen, ihn packen und von der Felsnase ziehen? Der Pächter hatte die Flasche nach hinten in die Schlucht geworfen. Toni machte einen Schritt vorwärts. Es war nicht ungefährlich, die Steine im Bach waren rutschig, aber vielleicht dankte es ihm der Pächter mit einer Belohnung? Toni schob solche Gedanken zur Seite, das war jetzt wirklich nicht der richtige Augenblick, er musste sich auf das Bachbett konzentrieren, auf den Pächter.
    »Hallo, Herr Nachbar«, rief er, »hallo«, und winkte, aber dabei rutschte Toni mit dem linken Fuß von einem Stein und war kurz abgelenkt. Als er sich wieder zu dem Pächter wandte und erneut rufen wollte, brachte er nur noch ein »Ha …« heraus. Mit offenem Mund stand er und bekreuzigte sich.
    Mitsamt der Felsnase war der Pächter einfach abgesackt. Er hatte sich etwas zur Seite geneigt und dann, zack, einfach weg. Geräuschlos. Kein Schrei, kein Knall, keine Musik, nichts, wie im Stummfilm.
    Dort, wo die Steinnase das Wasser wie ein Keil geteilt hatte, war nichts mehr. Das Wasser strömte nun in voller Breite über die Abbruchkante. Toni stieg langsam aus dem Bach, er fühlte sich wie gelähmt. So etwas hatte er noch nie erlebt. Dass der Pächter mit zerschlagenen Gliedern und tot nun da unten lag, war ihm klar. Nur gut, dass er auf den Vater gehört hatte und nie auf der Felsnase herumgeturnt war. Eine richtige Gänsehaut bekam er bei dieser Vorstellung.
    Die Mutter und die Kühe fielen ihm wieder ein. Trotzdem würde er jetzt erst einmal um die Gauchenwände herumgehen, an das Ende des Wasserfalls hinuntersteigen und nach dem Toten sehen.
    Toni brauchte nur fünfzehn Minuten zum Motorrad und war in weiteren zehn Minuten hinunter zu seiner Alpe gerast. Um an den Grund des Wasserfalls zu kommen, musste er ohnehin fast daran vorbei, da konnte er von der Mutter auch gleich die Polizei und die Rettung alarmieren lassen. Vielleicht lebte der Pächter ja doch noch, vielleicht schwerverletzt, es gab ja manchmal Wunder.
    Aber als Toni dann bei dem Mann stand, sah er, dass nur noch die fallenden Wasser Hemd und Hose bewegten, er aber tot war, mausetot. Der Kopf war in derselben unnatürlichen Haltung verdreht, wie ihn Toni schon einmal bei einem abgestürzten Rind gesehen hatte, Genickbruch. Wieder bekreuzigte sich Toni und machte sich auf den Weg zurück zur Alpe. Langsam, denn Tote hatten viel Zeit.
    Vier Stunden dauerte es, bis die Polizei auf der Alpe war. Wieder und wieder musste Toni von dem Pächter, von der Felsspalte, der Ziege und von seiner Vermutung berichten, erst am Telefon, dann einem Polizisten und dann noch einmal das Ganze einem Kommissar. Toni führte ihn zum Wasserfall hinauf, auch die Rettung war mit einer Trage dabei, obwohl es nichts mehr zu retten gab. Auch am nächsten Vormittag machte Toni wieder den Führer, den Kommissar und zwei Polizisten brachte er hinauf zur Jagdhütte.
    Am Montagvormittag wurde es dann richtig spannend. Aus der Bundeswehrschule in Sonthofen
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