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Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Titel: Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
Autoren: Joachim Rangnick
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außen eine heile Welt präsentieren zu müssen.
    Seit seiner Abfahrt von Walchers Hof beherrschte Auenheim ein einziger Gedanke. Wie in einer Endlosschleife hörte er immer wieder dieselbe Frage: Sie kennen Monsieur Aberde? Sie kennen Monsieur Aberde? Monsieur Aberde?
    Wie konnte er nur so idiotisch sein, diesen Namen Walcher gegenüber zu erwähnen? Und dann sein auffallend hektischer Aufbruch: Wir haben uns verplaudert! Da hätte er gleich sagen können: Ich habe mich verplappert!
    Der Blick, mit dem ihn dieser Walcher angesehen hatte – Auenheims Magen rebellierte, und er würgte den Schnaps wieder hoch, mit dem er sich seit Freitagabend zu betäuben versuchte. Von Anfang an war ihm Walcher unsympathisch gewesen. Inning, dieser Idiot, hatte ihn empfohlen, und er hatte zugestimmt, obwohl ihm einige andere Journalisten lieber gewesen wären. Wie ein Geier hatte ihn Walcher angeglotzt und gefragt: »Sie kennen Monsieur Aberde?« Bemüht harmlos sollte es vermutlich klingen, in Auenheims Kopf aber dröhnten Kesselpauken, und in der Herzgegend flatterten sämtliche Muskeln wie nach einem heftigen Stromstoß.
    Er fühlte sich durchschaut, entlarvt. Aberde, Aberde! Vermutlich stürzte sich Walcher sofort auf sein Vorleben. Diese Typen hatten doch überall Informanten sitzen, und wenn er erst einmal einen Fuß in der Tür hatte … zu viel war geschehen und auch aktenkundig. Alles Freisprüche zwar, aber alle nicht so ganz sauber. Auch die Therapie in der Charité würde sich nicht gut in seiner Vita machen. Vielleicht würde Walcher in Monsieur Aberdes Terminkalender Übereinstimmungen mit seinen Reisedaten entdecken. Wahrscheinlich stand in den nächsten Tagen die Polizei vor der Tür, um sein Rifugio zu durchsuchen. Vergeblich natürlich, längst hatte er alle Spuren beseitigt, und was er übersehen hatte, könnte auch von seinen eigenen Kindern stammen. Selbst wenn sie mit Hilfe von Suchhunden das Grab entdeckten, außer dem Kadaver einer Gämse würden sie nichts finden. Das Kind lag sehr viel tiefer in der Spalte, meterhoch mit Steinen bedeckt, die er bis zur Erschöpfung hingeschleppt hatte. Masha, die süße kleine Masha. Wie niedlich sie gekichert und wie viel Spaß sie gehabt hatte. Spaß, ja, sie hätten noch viel Spaß miteinander haben können. Ordentlich abgezockt hatte ihn der feine Monsieur Aberde. Dabei war es ein Unfall, schließlich hatte er die kleine Masha geliebt.
    Es schüttelte Auenheim heftig bei der Flut seiner Erinnerungsfetzen und Gedanken, und dagegen half auch nicht der Rest Cognac, den er aus der Flasche saugte wie ein Verdurstender. Torkelnd öffnete er die nächste Flasche. Irgendwann hatte es angefangen, in Paris, ein Geschäftsessen, anschließend eine wilde Party. Er konnte sich daran erinnern, als wäre es gestern gewesen. Da war er schon verheiratet und hatte selbst Kinder gehabt.
    Dagegen angekämpft hatte er, sich in die Arbeit gestürzt, Tennis, Laufen, Golf, Reiten, aber immer wieder flackerte diese übermächtige Lust auf. Dann dieser Club, die Bekanntschaft mit Monsieur Aberde, und endlich konnte er seine Träume ausleben.
    Seine Erinnerungen daran waren wundervolle, zärtliche Bilder. Dann der Tod von Masha, durch den sich alles verändert hatte. Seine Gier, seine Lust und auch seine Erinnerungen. In seinen Träumen sah er zwar immer noch Masha, aber nicht mehr ihr niedliches Gesichtchen, und er hörte auch nicht mehr ihr lustiges Kichern, auch mit den Händen klatschte sie nicht mehr vor Begeisterung. Masha, die süße kleine Masha, veränderte sich von Traum zu Traum. Anfangs kehrten immer nur die Fliegen zurück, die er von ihrem zarten Gesichtchen verscheucht hatte, als er sie wecken wollte, damals, als sie im Liegestuhl eingeschlafen war.
    Aber dann wurden es immer mehr, und sosehr er auch mit den Händen wedelte, sie ließen sich nicht mehr verscheuchen. Bald war ihr Gesicht von ihnen bedeckt, eine schwarze, sich unruhig bewegende Masse schillernder Leiber. In den nächsten Träumen schlüpften die Larven aus den Fliegeneiern, und so ging es weiter. Als wäre es eine Art der Strafe, zwang ihn sein Traumgenerator die Stadien eines Verwesungsprozesses zu beobachten. Masha. Da half es auch nicht, dass er Schlaftabletten oder Alkohol zu sich nahm. Als ob ein Programm ablief, wurde dann die ausgefallene Folge des Prozesses in einer der nächsten Nächte wiederholt.
    Auenheim empfand diese Träume als grauenhafte Strafe, und dann kam auch noch die Angst hinzu, die Angst vor
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