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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 14 Frisches Blut für X

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 14 Frisches Blut für X

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 14 Frisches Blut für X
Autoren: Martin Clauß
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man sie für Filmaufnahmen baute. Aber dies hier war etwas anderes. Dies waren richtige Häuser. Was veranlasste die Bewohner dazu, eine Hälfte davon peinlichst zu pflegen und die andere verkommen zu lassen? Noch dazu in umgekehrter Weise, als man es hätte vermuten können. Anstatt sich zum Tal hin von seiner besten Seite zu zeigen, wandte dieses Dorf seine Schokoladenseite dem Berg zu.
    Sir Darren durchschritt die kleine Ansammlung von Gebäuden zweimal. Zwischen zwei Häusern wurde die Kirche sichtbar. Hatten sich die Bewohner dort versammelt? Oder saßen sie alle beim Mittagessen in ihren Stuben?
    Es roch nicht nach Essen. Und es gab, von den Ziegen abgesehen, keine Stimmen oder Geräusche.
    Der Mann wandte sich zur Kirche. Sie war das einzige Gebäude, das die merkwürdige Unterteilung in Vorder- und Rückseite nicht mitmachte. Sie schien ausgesprochen gut in Schuss zu sein, ein weiß gestrichenes, helles, einladendes Gotteshaus, schlicht und freundlich.
    Er hatte erst den halben Weg dorthin zurückgelegt, als ihn ein Schrei herumfahren ließ.
    Eine Frau schrie. Nicht im Freien. Die Rufe drangen gedämpft durch Wände und Türen, waren aber nicht zu überhören.
    „Lasst mich zu ihm! Zu ihm!“, rief die Frauenstimme. Und dazwischen stieß sie schluchzende Laute aus.
    Die Schreie kamen nicht aus der Kirche, sondern aus entgegengesetzter Richtung. Sir Darren lief los. Drei Häuser standen dort eng zusammen, und aus einem davon musste die Stimme gedrungen sein. Jetzt war sie wieder verstummt.
    „Komm schon“, knurrte er. „Noch einmal, dann weiß ich, wo du bist ...“
    „Bitte!“, erklang die Stimme erneut. „Ich will zu ihm!“
    Sir Darren sah an einem der Häuser hinauf. Er war so gut wie sicher, dass die Frau sich hier aufhielt. Im ersten Stock, falls ihm die Akustik keinen Streich gespielt hatte. Die saubere, gepflegte Fassade lächelte ihn an wie ein Motiv von einer Ansichtskarte. Es gab sogar Balkone mit Blumenkästen, und ein dunkelgrünes, auf die Wand gemaltes Blumenmuster. Die Dachrinne erstrahlte in neuem, glänzendem Kupfer. Gut, dass er die Rückseite gesehen hatte. So machte er sich auf ein hässliches Geheimnis gefasst.
    Er probierte die Tür, und sie war nicht abgeschlossen.
    Mit klopfendem Herzen trat der Brite in einen bäuerlichen Hausflur. Er verzichtete darauf, sich bemerkbar zu machen.
    Die kleinen, mit kunstvoll gewebten Vorhängen behangenen Fenster schufen auch bei strahlendem Sonnenschein ein braunes Zwielicht im Inneren. Schwere Bauernschränke schienen die im Grunde geräumige Diele zu erdrücken. Zwischen diesen Ungetümen prangte, einem Wächter gleich, eine massige Standuhr. Grobe Schnitzereien hingen an ihr wie ein viel zu großer Mantel. Die bauchigen Zeiger wiesen auf 11.05 Uhr.
    Sir Darren sah auf seine Uhr. 12.56 Uhr.
    Jetzt erst fiel ihm auf, dass sich das Pendel in dem dunklen Uhrenkasten nicht bewegte. Das passte nicht zu dem bewohnten und gepflegten Eindruck, den dieses Haus – von dieser Seite aus – machte.
    Links von ihm führte eine steile Treppe in den ersten Stock, und er hastete sie hinauf. Oben gab es drei Türen, zwei davon lagen nebeneinander, eine dritte führte in einen Raum zur Linken. Er probierte sie alle aus. Das Schreien war wieder verstummt, und er wagte nicht zu rufen.
    Zwei der Türen ließen sich öffnen. Er sah sich kurz in den dahinterliegenden Räumen um, konnte jedoch niemanden finden. Es handelte sich um dunkel eingerichtete Räume, bäuerlich, aber sauber. Die Decken lagen niedrig, und der hoch aufgeschossene Brite musste sich bücken, um durch die Türen zu passen. Das ganze Haus schien drückend auf einem zu lasten, und ein klaustrophobisch veranlagter Mensch hätte es hier nicht lange ausgehalten.
    Eines war ungewöhnlich: Einer der Räume war ein Schlafzimmer, und hier fanden sich gleich zwei Uhren – eine Standuhr, ganz ähnlich jener im Erdgeschoss, sowie eine einfache Wanduhr über dem wuchtigen Doppelbett. Beide zeigten sie dieselbe Zeit: Elf Uhr und fünf Minuten …
    Die letzte der drei Türen war verschlossen. Als der Mann die Klinke probierte, klang dahinter die Frauenstimme wieder auf.
    „Bitte! Lasst mich ... Ich würde mich für ihn opfern. Lasst mich doch zu ihm!“
    Und dann hörte Sir Darren etwas, das ihn irritierte.
    Im ersten Moment konnte er es nicht einordnen. Doch als es sich wiederholte, wusste er, was es war.
    Das Rasseln von schweren Ketten.

3
    Jetzt pochte Sir Darren sanft gegen die Tür.
    „Ich bin keiner
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