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Falco Die Biografie

Falco Die Biografie

Titel: Falco Die Biografie
Autoren: Peter Lanz
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früh sehr selbstständig, und ich begann mein eigenes Leben zu leben.«
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    Es beginnt eine Zeit, von der viele Jahre später das österreichische Wirtschaftsmagazin trend in einer Replik boshaft schreiben wird: »Früher war FALCO eine richtige Flasche. Zu fett für Fußball und Weiber. Zu faul im Gymnasium und zu frech fürs Büro. Insgesamt nicht auszuhalten, der Typ. Die Mutter hat ihn mit ihrer Erbsenzählerei genervt, der Vater ist beiden davongelaufen; mit seiner schwangeren Sekretärin. Das Tor zur Welt waren die Bee Gees und die Beatles, aber dort, wo FALCO war, war der Arsch der Erde.«
    Das ist, in seiner Komprimiertheit, übertrieben und stimmt nur zum geringsten Teil. Aber es ist richtig, dass für FALCO ein paar schlimme Jahre anfingen. Viel zu viele Dinge stürzten völlig unvorbereitet auf ihn ein; er begann sich in mancherlei Hinsicht einfach zu verweigern. Er hörte mit dem Klavierspiel auf, stopfte Unmengen von Essen in sich hinein und wurde für eine Weile zum Einzelgänger.
    Immer weniger interessierten ihn die kindischen Probleme seiner gleichaltrigen Freunde. Noch etwas Entscheidendes kommt hinzu, wie FALCO einmal sagte: »Bis zum 14. Lebensjahr waren wir im Rainer-Gymnasium eine reine Bubenklasse. Bis dahin war ich kaum mit Mädchen zusammen. Meine Cousine, mit der ich als Kind viel gespielt habe, war wie ein Junge für mich, ein Freund, kein Mädchen. Und dann, mit 14 Jahren, wurden die Klassen gemischt. Plötzlich gab es Jungen und Mädchen in der Schule. Zurückblickend muss man sich dieses unsinnige pädagogische System einmal vor Augen führen – da erzieht man jahrelang die Kinder in einem System des getrennten Aufwachsens, und gerade in der heikelsten Zeit, während der Pubertät, mit 14, 15 Jahren, tut man sie zusammen. Ich war damals ziemlich durcheinander. Für die Jungen hatte ich immer ein funktionierendes System, sie waren mir alle zu infantil, lächerlich kleinkariert, aber Mädchen muss man – und das merkt man besonders mit 14 Jahren – mit anderen Maßstäben messen. Da habe ich lange Zeit nicht durchgeblickt. Später waren auch meine ersten sexuellen Erfahrungen eher auf einem medizinisch-technischen Niveau angesiedelt, nach dem Motto: ›Heute entdecken wir unseren Körper.‹ Da fand ich eine ganze Zeit lang nichts Aufregendes dabei.«
    Hans ist in diesen Jahren äußerst disziplinlos. Falls der Vater ihn allein durch seine Anwesenheit einem gewissen Druck unterworfen haben sollte, fällt der nun weg. Zu allem Unglück stirbt 1971 auch die Großmutter. Eines Tages kam er von der Schule nach Hause und erfuhr, dass sie tot war. Er stürzte in sein Zimmer und sperrte sich ein.
    Maria Hölzel begannen die Sorgen über den Kopf zu wachsen. Der Laden in der Ziegelofengasse brachte immer weniger ein, die großen Supermärkte rundum machten ihr unerbittlich Konkurrenz, und zu allem Übel fehlte ihr die Mutter, die wenigstens ein paar Stunden am Tag im Geschäft ausgeholfen hatte.
    »Ich musste daran denken, das Geschäft aufzugeben und irgendetwas anderes zu machen, um Geld zu verdienen«, sagt Maria Hölzel. FALCO bereitete ihr Kummer. »Ich war zwar in gewissem Sinne streng zu ihm, aber nicht resolut. Er war ein guter Junge, aber ich musste ihn doch oft sich selbst überlassen.« Die Nachbarin von gegenüber, die ihn abgöttisch liebt, wird zu einer Art Großmutter-Ersatz. »Ich bekam dann ein Angebot von einer großen Kaufhauskette als Reisende in der Werbung«, erzählt Maria Hölzel. »Nach langem Zögern nahm ich den Job an. Das hieß für mich aber, Montag morgen von daheim wegfahren und oft erst am Donnerstag oder Freitag wieder zurückkommen.«
    Etwa zu jener Zeit begann das Erwachsenenleben von FALCO. Die Nachbarin kochte für ihn, wusch die Wäsche und kümmerte sich darum, dass er morgens rechtzeitig geweckt wurde und zur Schule ging. Er bezog die Wohnung seiner verstorbenen Großmutter und fing an, seiner Umgebung etwas vorzuspielen. »Morgens ging ich aus dem Haus, alle waren zufrieden, dann packte ich meine Schultasche in den nächsten Streusplittkasten und haute ab. Ich wollte nicht mehr zur Schule. Mich interessierte das alles nicht. Ich fuhr in den Prater und sah mir in der Freudenau das Training der Rennpferde an, das gefiel mir. Oder ich fuhr mit der Trambahn zum Fußballplatz und schaute zu.«
    Manchmal ging er um neun oder halb zehn Uhr auch ins Kaffeehaus und verbrachte seine Zeit bei einem Kaffee und den bunten Magazinen. »Ich kannte wahrscheinlich alle
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