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Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)

Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)

Titel: Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
Autoren: Ina Linger
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schnell sehr selbstständig werden müsse. Er hat immer wieder betont, wie wichtig es sei, auf seinen eigenen Beinen zu stehen und sich unabhängig von anderen zu machen. Das war es dann auch schließlich, was zu dem Zerwürfnis zwischen mir und ihm führte – das und das seltsame Training, das er mit Jack machte.“
    „Was war das genau?“ erkundigte sich Melina.
    „Im Sommer wurde zum Beispiel kein Fleisch gekauft, weil Jack lernen sollte, zu jagen.“
    Benjamin verzog das Gesicht. „Er hat Tiere getötet?“
    Miss Clarke nickte betrübt. „Kaninchen, Hasen, Rebhühner und sogar mal ein Reh. Mr. Spencer gab immer eine ‚Bestellung‘ auf und Jack musste sich dann darum kümmern. Er tat es nicht gern, doch er wurde irgendwann ziemlich gut darin.“ Sie seufzte. „Und dann gab es noch das Kampftraining.“
    Melina hob erneut die Brauen. „In welcher Form?“
    „Alle erdenklichen Arten von Nahkampf. Mr. Spencer brachte Männer hierher, die Profis in einer bestimmten Kampfsportart waren, und ließ seinen Sohn und sich selbst dann von diesen eine Zeit lang trainieren. Oh – Fechten war übrigens auch dabei.“
    Melina war inzwischen ein wenig mulmig zumute. Das alles klang ganz nach einer Art Ausbildung. Aber für was? Demeon konnte doch unmöglich … Nein, bestimmt nicht! Das würde selbst er einem so kleinen Kind nicht antun!
    „Es gab Tage, an denen sich Jack vor Schmerzen kaum noch bewegen konnte und sich in den Schlaf weinen musste“, fuhr Miss Clarke fort. „Irgendwann reichte es mir. Ich sagte Mr. Spencer, dass dieses Training an Kindesmisshandlung grenze und er damit aufhören müsse. Er meinte, ich solle mich aus Dingen heraushalten, von denen ich keine Ahnung habe. Am nächsten Tag war ich gefeuert.“
    Sie atmete stockend ein und schloss kurz die Augen, wohl um ihre Gefühle besser in den Griff zu bekommen. „Ich informierte daraufhin das Jugendamt über das, was ich gesehen hatte, weil ich dachte, sie könnten etwas für Jack tun, aber …“ Sie seufzte tief und schwer. „Sie sagten mir, sie hätten einen Hausbesuch gemacht und mit Mr. Spencer und Jack gesprochen und es sei ihnen nichts aufgefallen, das ein Einschreiten ihrerseits rechtfertigen würde. Ich glaube, sie dachten im Endeffekt, dass ich mich nur hatte rächen wollen, weil ich meine Arbeit verloren hatte.“
    „Hatten Sie danach gar keinen Kontakt mehr zu Jack?“ hakte Benjamin betroffen nach.
    Miss Clarke schüttelte den Kopf, den Tränen nahe. „Ich bin ab und an zu dem Haus gelaufen und habe nach Jack Ausschau gehalten. Ich wollte noch einmal mit ihm sprechen, wissen, ob es ihm gut geht. Aber als er mich das erste Mal nach ein paar Wochen sah, hat er mich furchtbar böse und enttäuscht angesehen und ist weggelaufen. Ich weiß nicht, was sein Vater ihm über mich erzählt hat, doch er hat es wohl geglaubt.“
    „Wie viel später danach verschwand Jack?“ fragte Melina.
    „Vier Wochen nachdem ich gekündigt wurde und zwei nachdem ich ihn zuletzt gesehen habe.“ Miss Clarke schüttelte traurig den Kopf.
    „Ich konnte mich nicht einmal richtig von ihm verabschieden“, setzte sie mit dünner Stimme hinzu.
    „Und die beiden waren nirgendwo mehr aufzufinden?“
    Wieder schüttelte die ältere Dame den Kopf.
    „Sie hinterließen keine Spuren. Niemand wusste, wohin sie gegangen waren. Und als ich mich umhörte, anfing nachzuforschen, woher Mr. Spencer gekommen war, was er vorher gemacht hatte und wer seine Frau gewesen war, fand ich heraus, dass es ihn zuvor nie gegeben hatte – ihn und seine ganze Familie. Sie waren aus dem Nichts aufgetaucht und wieder dorthin verschwunden ... wie Geister. Aber das waren sie nicht. Sie waren Menschen aus Fleisch und Blut gewesen und Jack… Jack war mir so ans Herz gewachsen, dass ich mir schreckliche Sorgen um ihn machte. Aus diesem Grund fing ich an, nach ihm zu suchen. Ich hatte ja noch ein paar Fotos. Nur blieb diese Suche völlig ergebnislos – bis heute. Deswegen war ich ja so froh, dass Benjamin sich bei mir meldete, weil ich dachte, dass nun endlich etwas passiert, dass es eventuell doch noch eine Chance gibt, Jack wiederzusehen oder zumindest die Gewissheit zu erlangen, dass es ihm gut geht, dass ihm nichts Schlimmes widerfahren ist.“
    Miss Clarke blickte hoffnungsvoll von einem zum anderen und Melina fühlte sich gar nicht mehr wohl in ihrer Haut. Es tat ihr so leid, die arme Frau enttäuschen zu müssen.
    „Wir wissen vielleicht, wo Mr. Spencer ist“, platzte es aus
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