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Fahrt ohne Ende

Fahrt ohne Ende

Titel: Fahrt ohne Ende
Autoren: Arno Klönne
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Hitler junge jeden Verachtete, der nicht »mittat«.
    Bis sie dann zusammen im Noteinsatz bei Räumungsarbeiten nach Luftangriffen und ähnlichem arbeiten mußten. Seitdem sprachen sie gelegentlich miteinander. Und eines Tages lernten sie einander richtig kennen. Das war nach dem Angriff, der im Südviertel so viele Häuser vernichtete. Es war der bisher schwerste Luftangriff auf die Stadt. Das Bombardement war furchtbar. Nach der Vorentwarnung blieben die meisten Menschen noch wie betäubt in den Kellern und Bunkern hocken. An dem Platz, wo sich nach der Vorentwarnung ihr Einsatztrupp immer sammelte, fanden nur die wenigsten sich ein. Aber Hans und Wolf waren darunter.
    Mit ein paar Kameraden hatten sie Teile der noch rauchenden Trümmer eines getroffenen Hauses wegzuräumen, um einen Weg für die Leute zu schaffen, die noch im Keller unter dem Hause saßen und Klopfzeichen gaben.
    Nach drei Stunden härtester Arbeit lag der Eingang zum Keller frei. Die Gesichter der Jungen waren gezeichnet von der Anstrengung, vom Dreck und Qualm der Trümmer. Die Hände waren verschmutzt, zerrissen, sie bluteten. Denn oft war mit den Werkzeugen allein wenig zu machen.
    Als sie soweit waren, hatten sich einige Jungen ihres Kommandos schon eine bequemere Einsatzstelle gesucht. Der Rest lief sofort nach Haus, sobald der Eingang einigermaßen frei war.
    Hans und Wolf blieben. Sie halfen den Leuten aus dem Keller heraus, retteten aus den Kellerräumen hier und dort noch eine Kiste mit Kleidungsstücken, einen Koffer — bald würde sowieso auch der Keller einstürzen.
    Dann brachten sie die Leute zur nächsten Auffang-telle, liefen zurück und halfen bei der Nachbartruppe, die noch an der Arbeit war.
    Als alles getan war, was getan werden konnte, gingen sie durch die zu einem großen Teil getroffenen, beschädigten oder zertrümmerten Straßenzeilen nach Haus. Sie gingen langsam, weil sie wußten, daß ihr Stadtviertel nicht betroffen war. Sie sagten nicht viel. Was sollte man angesichts der brennenden Häuser auch schon sagen. Aber sie wußten nun beide voneinander, daß der andere eben doch ein Kerl war.
    Wolf nahm Hans dann zu ihrer nächsten Gruppenrunde mit.
    »Du kannst ruhig deine HJ.-Uniform anziehen, wie immer«, sagte er ihm.
    Die anderen, die bis auf Peter und Rainer vorher von nichts wußten, setzten sich etwas unsanft hin, als sie Wolf in Begleitung eines fremden Jungen in HJ.-Uniform hereinkommen sahen.
    »Nun nehmt bloß nicht die Hände an die Hosennaht und schreit Heil Hitler«, sagte Wolf zu ihnen.
    Damit war der Bann gebrochen. Die anderen fragten nicht viel. Sie machten ihre Runde wie sonst auch. Nur Hepp war etwas herausfordernd heute. Er sang ziemlich scharfe Lieder:
     
Und als der Krieg kam in den fünften Lenz
und keine Aussicht auf Frieden mehr bot,
zog der Soldat seine Konsequenz
und starb den Heldentod
     
    und ähnliche Sachen.
     
    »Wüst, wüst«, sagte Wolf, aber er begriff nachher, als Hepp ihm erzählte, daß in der Nachbarstadt wieder einmal einige von den früheren Kameraden Hepps verhaftet worden waren. Nach der Runde brachte Wolf Hans nach Haus. Hans sagte zuerst gar nichts. Dann meinte er:
    »Da ist schon was dran, an dem, was ihr da macht und 6agt. Ihr macht nicht so auf ,stramm‘, ihr seid kritisch und sehr selbständig, so eine Runde hab‘ ich noch nie vorher gesehen. Bestimmt, das gefällt mir. Mir gefällt auch, daß jeder von euch unbedingt zu der Sache steht, nicht nur so mitläuft oder hinterherläuft... mit vielem, was ihr sagt, komm‘ ich allerdings nicht klar.«
    »Das ist selbstverständlich. Aber wir können gelegentlich mal zusammen darüber reden.«
    »Ja. Das würde ich gern tun. Ich würde auch gern mal hin und wieder in eure Gruppe kommen, mein Fähnlein brauch‘ ich ja deswegen nicht im Stich zu lassen, das käme auch nie in Frage, ich bleibe Hitlerjunge... aber ich darf mal zu euch kommen, nicht wahr, Wolf? Du brauchst keine Sorge zu haben, daß ich...«
    »Ich weiß, was du sagen willst. Ich hab‘ keine Sorge, daß du was verrätst, ich — kenne dich ja.«
    »Ja, wir wollen in Zukunft Zusammenhalten, nicht, Wolf? Anständige Kerle gibt‘s überall, das weiß ich jetzt I«
    Das ist ja schon was, dachte Wolf, es ist zwar keine endgültige Lösung; aber immerhin...

    Bald darauf passierte Wolf in der Penne etwas Unangenehmes. Ein Junge, der als durchaus nicht überzeugter, aber um so hinterlistigerer HJ.-Anhänger bekannt war, sah durch einen Zufall eines der damals
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