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Fahrt ohne Ende

Fahrt ohne Ende

Titel: Fahrt ohne Ende
Autoren: Arno Klönne
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»mißhandelte« ihn entsprechend.
    »Gecken, warum so schweigsam heute? Wohl mal wieder zuviel ,Hab Erbarmen mit uns Armen’ gejammert. Was?«
    Hans stand sofort auf:
    »Herr Studienrat, lassen Sie den Wolfgang in Ruhe. Während Sie hier in Sicherheit sitzen, ist Wolfs Freund an der Ostfront gefallen.«
    Sprach‘s und setzte sich wieder. Hans war der fähigste und beste Jungvolk-Führer an der Penne. Deshalb schwieg Stubbi und ging zum Thema der Stunde über —
    Im Spätherbst 1943 wurde in Berlin eine Reihe oppositioneller Jugendführer erschossen. Es waren immer die Besten, die fielen. Hier oder dort. Aber im Grunde an derselben Front.
    »Es wäre furchtbar, wenn wir nicht wüßten, daß die Welt und unser Leben nicht mehr ist als eine große Brücke ...«
     

14. Kapitel
    STURM ÜBERM LAND
     
    ANFANG 1944 wurden Hepp und Pitt eingezogen, Klaus und Hans gingen als Leiter eines KLV.-Lagers 2 fort; Wolf, Peter und Rainer kamen zu einer Flakhelfereinheit.    ‘
    Als sie zum letzten Mal zusammen auf Hepps Bude saßen — auch Hans war dabei —, sagte Hepp:
    »Ich glaube, Wolf, jetzt muß ich dir noch einmal bestätigen: es war nichts umsonst. Für uns selbst nicht. Und auch für die anderen draußen‘ nicht. Unsere Gruppe konnte nicht durch die Straßen marschieren. Aber unsere Gruppe, das heißt: ihre Jungen, waren .geachtet‘ und mitunter sogar bestimmend in den Schulklassen, in der Stadt, bei den Kameraden und sogar bei der HJ. und der Partei. Wobei man hier .geachtet‘ freilich mit Anführungsstrichen versehen mußte. Wir haben eben doch etwas erreicht, keine großen Erfolge, aber das, worauf es ankommt, meine ich.«
     
    * * *
     
    Die Flakhelfereinheit, zu der Wolf, Peter und Rainer gehörten, war in Baracken vor der Stadt untergebracht. Der Dienst war nicht leicht. Denn fast täglich, besser gesagt: jeden Tag und jede Nacht flogen alliierte Bomberverbände ihre Heimatstadt und die Städte ringsum an.
    Eines Nachmittags hatte Wolf für ein paar Stunden Urlaub. Sie waren alle jedesmal froh, wenn sie eben in die Stadt hinein durften, um zu sehen, ob ihr Haus noch stand, ob Eltern und Geschwister noch lebten. Als Wolf also an jenem Nachmittag nach Haus kam und die Eltern begrüßt hatte — die Schwestern hatte man schon irgendwo aufs Land in Sicherheit gebracht—, sagte der Vater zu ihm:
    »Wenn du in deine Bude ‘raufsteigen willst — oben in deinem Bett schläft jemand. Wir haben ihn hier vorerst aufgenommen. Es ist ein Priester, angeblich der .Verschwörung‘ schuldig und auf der Flucht vor der Gestapo.«
    »Das heißt also: vor dem Tode?«
    »Ja.«
    Nach einer halben Stunde klingelte es. Es war ein Freund des Vaters. Er war sehr erregt: die Polizei habe Wind bekommen, der Priester müsse sofort weiter!
    Es wußte nur niemand, wohin.
    »Ich bringe Sie und Ihre Familie jedenfalls nicht in Gefahr. Das Beste ist, ich versuche, unerkannt bis zum Bahnhof zu kommen, und dort stelle ich mich der Gestapo. Es hat alles keinen Zweck. Die fassen ja doch, wen sie haben wollen. Und wenn ich am Bahnhof entdeckt werde, können die Leute von der Gestapo wenigstens nicht noch andere Menschen mit hereinziehen.«
    Sie schwiegen alle. Auch Wolf. Auch er sagte sich: es hat doch alles keinen Zweck. Es geht alles im Taumel dieses wahnsinnigen Krieges so oder so zugrunde. Aber irgendeine Stimme sagte in ihm: das ist ja Feigheit! Man darf sich nicht geschlagen geben. In seiner Erinnerung erstanden die Bilder all jener unvergeßlichen Dinge, die sie gemeinsam geschafft hatten. Und da stand auch das Bild eines jungen Arbeiters, die Mütze im Nacken, wie er lässig unter einem Kinoeingang lehnte...
    »Ich hab‘s«, sagte Wolf. Er hatte sich eines Versprechens erinnert, einer etwas rauhen Stimme, die sagte: »Ich wohne in der Friedrichstraße...«
    »Wenn Sie es noch einmal versuchen, Hochwürden, dann haben Sie‘s bestimmt geschafft. Ich hab‘ da so einen Bekannten, der tut schon was für mich, und der hat auch ganz sicher allerlei Möglichkeiten — Sie müssen jetzt nur alles genau so tun, wie ich‘s Ihnen sage, dann kriegen wir das hin. Hoffentlich...« — nein, das sagte er jetzt einfach nicht, sonst war gleich wieder alles ungewiß. Wolf hatte nämlich daran gedacht, daß das Haus in der Friedrichstraße ja auch zerstört sein könne.
    Der Priester wurde schnell mit einem alten Arbeitsanzug ausstaffiert. Wolf versuchte sich, nicht ganz ohne Erfolg, daran, das Gesicht ein wenig zu verändern, er malte sogar mit
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