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Fahrt ohne Ende

Fahrt ohne Ende

Titel: Fahrt ohne Ende
Autoren: Arno Klönne
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ich hab‘s doch dem Chef gleich gesagt, du bist der richtige Mann für uns. Und der meinte immer noch: Vorsicht, Leute!«
    Und Klaus boxt Wolf vor Freude ein paarmal in die Rippen.
    »Jetzt bin ich‘s aber leid«, ruft der, nimmt Klaus, setzt ihn auf einen Schemel, preßt ihm die Arme auf den Leib:
    »So, jetzt sag mir erst einmal klipp und klar, was und wer ihr seid und wie ihr gerade auf mich verfallen seid, eher kommst du nicht los!«
    »Tja, wenn du Gewalt anwendest —, also: ,wir‘, das ist eine katholische Jungengruppe, so was wie früher .Neudeutschland‘, was ja jetzt verboten ist. Unser ,Chef‘ ist vorläufig der lange Pit, den du ja von der Penne her kennst, in Wirklichkeit ist‘s aber der Kaplan von St. Marien, der unsre Gruppe zusammenhält. Du sollst in unsre Gruppe kommen, weil der Kaplan früher im N.D. deinen Bruder gut kannte, und weil du ein anständiger Kerl bist, auch in der Penne, so wie heut morgen. So, und morgen abend hol‘ ich dich ab zur Runde. Howgh!«
    »Uff, mein roter Bruder hat eine lange Rede gehalten«, sagt Wolf und läßt Klaus frei, »aber im Ernst: ich komme gem. Ob ich allerdings bleibe, weiß ich nicht. Und ob ich wohl darf, von zu Hause aus?«
    »Natürlich bleibst du und natürlich darfst du, das ist doch mal klar. Du weißt gar nicht, wie ich mich freue, dann bin ich in der Klasse nicht mehr allein, und außerdem spielst du noch Klampfe, Mann..., aber du traust dich doch auch? Es ist nämlich nicht ganz ungefährlich, weißt du, in der Schule und so!«
    »Jetzt halt aber deine Klappe! übrigens, ach nein, laß, nächstens mal.«
    Dag war jetzt das zweite Mal in den letzten Tagen, daß ihn jemand fragte: »Traust du dich?« Komisch, dachte Wolf.
     

2. Kapitel
    WOLF MACHT EINE ENTDECKUNG
     
    ES IST SCHON BALD DUNKEL. Hier und dort kommen noch ein paar Leute verspätet aus den Geschäften und Betrieben, sie wickeln sich möglichst dicht in ihre Mäntel ein, und jedesmal, wenn ein neuer Regenschauer kommt, gehn sie ein wenig schneller. Es ist wirklich kalt und naß für diese Jahreszeit.
    Wolf Gecken sagt zu Haus jetzt schon zum dritten Mal zu seiner Mutter: »Du, Mutti, können wir noch nicht zu Abend essen? Sieh mal, es ist schon sooo spät. Du hast doch selbst neulich gesagt: nichts ist wichtiger als Pünktlichkeit bei den Mahlzeiten. Bitte, laß uns doch essen!«
    »Ah, er hat Lampenfieber, der junge Künstler, er darf zum ersten Mal mit seiner Klampfe in der Öffentlichkeit auftreten«, meint Gisa, die offenbar doch nicht so ganz in ihr Englischbuch vertieft ist.
    Als es nachher zweimal schellt, springt Wolf schnell die Treppe hinunter; natürlich, es ist Klaus.
    »Komm, die anderen sind sicher schon da, wir kommen immer so ruckweise, weißt du, damit es nicht nach Massenversammlung bei ihm aussieht, sagt der Kaplan.«
    Von der St.-Marien-Kirche drüben schlägt es gerade zweimal, als die Jungen beim Herrn Kaplan anschellen. Wolf guckt auf seine Armbanduhr:
    »Genau halb acht Uhr, ich muß mir den historischen Augenblick merken.«
    »Grüß Gott, ihr beiden; fein, daß du da bist, Wolf. Und sogar eine Klampfe hat der Kerl? Da wird meine Schwester ja bald noch mehr Grund haben, über das .Gebrüll von den dummen Jungen‘ zu schimpfen. Aber wir spielen ihr zur Beruhigung mal was Schönes vor, nicht, Wolf?«
    Und der Kaplan schiebt Wolf eine Treppe hinauf und in ein Zimmer hinein. Dort gibt‘s ein großes Hallo und eine mächtige Begeisterung über den »Jammerschinken«.
    Als Wolf allen die Hand gegeben hat, fragt der Kaplan:
    »Wollen wir mal? — Gert und Pit, entschuldigt, daß ich euch unterbreche. — Komm, Wolf, setz dich hierher!«
    Darüber, daß ihm einer beinahe im letzten Moment den Stuhl unter dem Hosenboden weggezogen hätte, geht Wolf kühl lächelnd hinweg. Dann stimmt der Kaplan ein Lied an, bei der dritten Strophe summt Wolf leise mit. So zwischendurch drückt man ihm auch ein Buch in die Hand:
    »Lies es mal durch, Wolf, und in der nächsten Stunde erzählst du uns allen, was drinsteht.«
    Überhaupt wundert sich Wolf, wie die Jungen sich so ohne weiteres die Bücher des Kaplans aneigneten. Was sonst noch in dieser ersten Gruppenstunde geschah, davon behielt Wolf wenig; nur daß man ihn bei einem Spiel ziemlich hereingelegt hatte und er der Gruppe dafür nachher ein neues Lied hatte beibringen müssen, das wußte er noch. Und, ja, auch das: als sie sich verabschiedeten, sagte der Kaplan:
    »Bis morgen, Wolf, du kommst doch morgen früh um sieben
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