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Fahrstunde in den Tod (Emsland-Krimi) (German Edition)

Fahrstunde in den Tod (Emsland-Krimi) (German Edition)

Titel: Fahrstunde in den Tod (Emsland-Krimi) (German Edition)
Autoren: Detlef Krischak
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dunkelhaariger Franzose mit dem Namen Michel, der den
Rotwein angeschleppt hatte, lag neben ihr? Er drehte sich wieder auf den Rücken
und starrte an die Decke, dachte an den gestrigen Abend und an den Nachmittag:
Nein, er hatte das alles nicht geträumt!
    Gegen
achtzehn Uhr muss es gewesen sein. Er hatte etwas früher Feierabend gemacht,
bereits lockere Freizeitklamotten übergestreift, ein kaltes Veltins geöffnet
und dem Gelaber von Delling und Mehmet Scholl zugehört und freute sich auf die
Liveübertragung des Länderspiels im Fernsehen, da klingelte es an seiner Tür.
Schlecht gelaunt war er vom Sofa aufgesprungen und hatte auf dem Weg zur Tür
mit lästigen Hausierern oder, noch schlimmer, mit den Zeugen Jehovas gerechnet.
Die gucken kein Fußball, hatte er gedacht, sonst ständen die nicht den ganzen
Tag in Meppen an der Sparkasse herum und würden den Wachturm feilbieten, den
kein Mensch kaufte.
    Mit
zwei bereits vorformulierten Sätzen wie: »Ich kaufe nichts an der Tür, hauen
Sie bloß ab, sonst lasse ich den Hund raus!« oder »der Weltuntergang war am 22.
Dezember 2012, schon vergessen?« auf den Lippen, hatte er die Haustür geöffnet
und wäre fast aus den Birkenstocksandalen gekippt.
    Denn
dort standen nicht die Hausierer oder die Zeugen Jehovas, sondern seine
›Kleine‹ mit einem Riesenkoffer, der mal seinem Vater gehörte. Neben dem
väterlichen Koffer erblickte er nach einer kurzen, aber heftigen Schockphase
einen dunkelhaarigen Jüngling mit blauer Reisetasche in der Hand und spärlichem
Bartwuchs im Gesicht. Die Reisetasche konnte locker mit dem Koffer mithalten,
eigentlich handelte es sich mehr um einen Schrank auf Rollen. Das Gesicht mit
den wenigen Stoppeln grinste unverschämt, aber freundlich. Winkler blickte den
langhaarigen Burschen nur kurz an. Die Zeit hatte aber ausgereicht
festzustellen, dass er der Witterung nach falsches Schuhwerk trug, nämlich
Badelatschen oder Flip Flops. Gott sei Dank trug er Socken, rote Socken.
    Erst
viel später, nachdem die Schockphase abgeklungen war, realisierte Winkler, dass
der Junge Michel hieß, 26 Jahre alt und der neue Freund seiner Tochter war, der
an der Uni in Osnabrück seinen Master machen wollte. Nichts gegen die
Deutsch-Französische Freundschaft, die in diesem Jahr den fünfzigsten
Geburtstag feierte, dachte Winkler, aber was zu viel war, war zu viel.
    »Hallo
Papa, das ist Michel. Ich hatte doch von ihm erzählt und dir eine SMS
geschickt. Michel hat bei mir in der Frauen-WG in London gewohnt. Da wir beide
mit dem Bachelor fertig sind, wollen wir zusammen den Master machen«, waren die
ersten Worte von Svenja. Dann war sie auf ihn zugesprungen und hatte ihn in den
Arm genommen. Ja, seine ›Kleine‹, die hatte es voll drauf! Der Franzose in
Badelatschen und roten Socken hatte verlegen auf den deutschen Boden geblickt
und Winkler sein Mädchen herzhaft gedrückt. An eine SMS von ihr konnte er sich
nicht erinnern.
    »Kommt
doch erstmal rein, ihr beiden. Herzlichen Glückwunsch zum Bachelor-Abschluss«,
hatte er perplex erwidert und den Riesenkoffer hinter Svenja ins Haus gezogen.
Der Franzose, den er ab sofort ›Franzmann‹ nennen würde, hatte die Reisetasche
geschultert und war wie ein folgsames Schaf hinter den beiden hergetrottet.
Herzlich willkommen!
    Winkler
fuhr mit der Zunge über den verdörrten Gaumen, drehte sich wieder auf die
Seite, lächelte, und schloss die Augen. Seine ›Kleine‹. Er liebte sie über
alles! Sie hätte auch mit einer Elefantenherde eines pleitegegangenen Zirkusses
vor der Tür stehen können. Er hätte sie hereingelassen. Ein Franzose in
Badelatschen war ja gar nichts dagegen!
    Natürlich
war aus dem Länderspiel im Fernsehen nichts geworden. Der Abend mit Svenja und
dem ›Franzmann‹ Michel, der so gut wie kein Deutsch sprechen konnte, dafür aber
ein großer Könner der Zeichensprache war, verlief harmonisch. Als Michel die
erste von fünf Flaschen Rotwein auf den Tisch gestellt und zum Verkosten
eingeladen hatte, war der Bann zwischen ihm und dem Erbfeind gebrochen.
    Das
Masterstudium an der Uni Osnabrück würde zwei Jahre dauern, hatte seine Tochter
ihm erzählt. Winkler hatte sich fast ein Loch ins Knie darüber gefreut, sein
Mädchen wieder in seinem Haus zu haben. Doch daraus wurde nichts.
    »Papa«,
hatte sie mit ihrem Schmollmund gesagt und sich an ihn gekuschelt, »wir wollen
uns in Osnabrück etwas suchen. Die Fahrerei von Lingen zur Uni ist viel zu
stressig. Und außerdem ist das
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