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Fahr zur Hölle

Fahr zur Hölle

Titel: Fahr zur Hölle
Autoren: Kathy Reichs
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Augenblick. »Asphalt und Zement erzeugen eine sehr gute Versiegelung, es könnte da drin also noch frisches Gewebe enthalten sein. Gehen Sie nach Plan A vor. Joe kann Ihnen dabei helfen.«
    »Joe ist unterwegs.«
    »Ist eben zurückgekommen.« Larabee wechselte das Thema. »Die neuen Knochen aus der Sandgrube?«
    »Alles vereinbar mit dem Rest des Skeletts.«
    »Musik in meinen Ohren.« Larabee deutete mit dem Kinn auf die Tonne. »Lassen Sie mich wissen, wie es läuft.«
    Ich schoss eben Fotos, als Hawkins den Autopsiesaal betrat und direkt zur Rollbahre ging.
    Kadaverdünn, mit dunklen Ringen unter aufgequollenen unteren Lidern, buschigen Brauen und schwarz gefärbten, straff nach hinten gekämmten Haaren sah Joe Hawkins aus wie eine ältere und haarigere Version von Larabee.
    »Wie knacken wir dieses Mistding?« Hawkins klopfte mit den Knöcheln auf die Tonne.
    Ich erklärte ihm Plan A.
    Ohne ein weiteres Wort machte Hawkins sich auf die Suche nach den entsprechenden Werkzeugen. Ich schoss eben letzte Übersichtsfotos, als er in blauer Pathologenkluft zurückkehrte.
    Hawkins und ich setzten Schutzbrillen auf, dann schob er ein Sägeblatt in die Elektrohandsäge, steckte und schaltete sie ein.
    Die Luft füllte sich mit dem Kreischen von Metall auf Metall und dem beißenden Geruch von heißem Stahl. Rostpartikel stoben in die Höhe und fielen auf die Rollbahre.
    Nach fünf Minuten legte Hawkins die Säge weg und zerrte und drehte mit den Händen. Ein Teilstück löste sich.
    Wieder Schneiden. Wieder Zerren.
    Schließlich lagen ein schwarzer Klumpen auf der Bahre und ein Exoskelett aus zerrissenem Metall auf dem Boden.
    Joe schaltete die Säge aus. Ich schob mir die Schutzbrille auf die Stirn und trat näher.
    Der Asphaltklumpen hatte exakt die Größe und die Form des Tonneninneren. Objekte zeichneten sich an der Oberfläche ab, bleich und gespenstisch wie Leichenhausfleisch.
    Der Umriss eines Unterkiefers? Der Rand eines Fußes? Ich war mir nicht sicher.
    Hawkins nahm nun den Presslufthammer zur Hand und begann unter meiner Anleitung, sich von oben auf die Leichenteile zuzuarbeiten. Risse bildeten sich, und ich brach Asphaltbrocken ab und legte sie auf die Arbeitsfläche. Später würde ich jeden untersuchen und Proben nehmen, damit Chemiker seine elementare Zusammensetzung bestimmen konnten.
    Brachte vielleicht etwas, vielleicht auch nicht. Aber besser auf Nummer sicher gehen. Man konnte nie wissen, was sich später als wichtig erweisen würde.
    Langsam füllte sich die Arbeitsfläche.
    Ein Brocken. Drei. Neun. Fünfzehn.
    Während der Klumpen kleiner wurde, veränderte sich sein Umriss. Eine Form zeigte sich, wie sich eine Gestalt unter einem Meißel aus einem Marmorblock herausschält.
    Der obere Teil eines Kopfes. Ein Ellbogen. Der Schwung einer Hüfte.
    Auf mein Signal hin setzte Joe den Presslufthammer ab. Mit Handwerkzeugen bearbeitete ich nun den verbliebenen Asphalt.
    Vierzig Minuten später lag eine nackte Leiche auf dem Edelstahl. Die Beine waren angezogen, die Oberschenkel an die Brust gedrückt. Der Kopf war gesenkt, die Stirn drückte auf die Knie. Die Füße deuteten in entgegengesetzte Richtungen, die Zehen waren in unmöglichen Winkeln abgespreizt. Ein Arm war L-förmig nach hinten gebogen. Der andere war nach oben gereckt, mit gestreckten Fingern, als wollte er nach einer Fluchtmöglichkeit greifen.
    Ein süßlicher, ekliger Geruch hing nun in der Luft. Keine Überraschung.
    Obwohl insgesamt verschrumpelt und verfärbt, war der Kadaver einigermaßen gut erhalten.
    Doch das änderte sich schnell.

4
    Hawkins beugte sich zur Seite und spähte durch eine schwarz gerahmte Brille, die seit ihrem Kauf viele Male modern und unmodern geworden war.
    »Der Kerl hat die komplette Ausstattung.«
    Ich stellte mich neben ihn und betrachtete die Genitalien.
    »Eindeutig männlich«, sagte ich. »Und erwachsen.«
    Ich machte Nahaufnahmen der ausgestreckten Hand und bat dann Hawkins, sie einzupacken. Die Finger, die Jackson gesehen hatte, waren jetzt in ziemlich schlechtem Zustand, aber die tiefer im Asphalt eingebetteten zeigten noch genügend Bindegewebe. Und Nägel, unter denen vielleicht Abwehrspuren zu finden waren.
    Während Hawkins die Hände in braunen Papiertüten verpackte, füllte ich einen Fall-Marker aus und veränderte die Kameraeinstellungen. Während ich mich um die Leiche herumbewegte und sie aus allen Blickwinkeln fotografierte, bürstete Hawkins schwarze Krümel weg und hängte das Etikett an
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