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Fächerkalt

Fächerkalt

Titel: Fächerkalt
Autoren: Bernd Leix
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dieser Radko auch auf den Balkan verschoben«, mutmaßte Jan
Sternberg. Dieses Geheimnis sollte nie aufgeklärt werden.

19
     
    Lindt fühlte sich unwohl. Hatte
er doch noch ein spätes Souvenir aus dem alten Bergwerk zu erwarten? Oder kam die
Schniefnase vom kalten Friedhofswind? Er spürte, dass er etwas Ruhe benötigte. Paul
hatte Verständnis. »Man sieht es dir an, Oskar. Mach mal Pause.«
    Telefon
umstellen, Schild ›Vernehmung – Nicht stören‹ an die Tür, Beine auf den Besucherstuhl,
Schreibtischsessel in Rückenlage und Augen zu. Lindt war völlig erschöpft. Er brauchte
keine Minute, um einzuschlafen.
    Zwei Stunden
lang war er vollkommen weggetreten. Ab und zu drang ein Schnarcher aus seinem leicht
geöffneten Mund. Fest und traumlos schlief er. Wirklich traumlos?
    Plötzlich
schoss er in die Höhe, fuchtelte wild abwehrend mit den Händen vor seinem Gesicht
herum, stieß einen lauten unartikulierten Schrei aus – »Bäääh« – und riss die Augen
auf.
    Besorgt
öffnete Paul Wellmann die Tür. »Oskar?«
    Lindt saß
völlig verwirrt auf seinem Stuhl. »Dieses Vieh«, stammelte er. »Es wollte mich …
Es hat mich … Und dieser Gestank aus dem Maul! Pfui bäh!« Mit zitternden Fingern
zog er sein Taschentuch hervor und fuhr sich über das Gesicht. »So eine Sauerei!
Wie hinten drin in diesem Geländewagen … Nicht nur der Sabber … Es hat mich abgeschleckt.
Aber nicht nur einmal, nein, dauernd, immer wieder, es wollte gar nicht aufhören.«
Lindt sprang in die Höhe, stürzte ans Waschbecken, drehte den Hahn auf, hielt sein
Gesicht in den Wasserstrahl. Dann schüttelte er sich.
    »Genau wie
ein nasser Hund«, grinste Paul Wellmann.
    »Hör mir
bloß auf mit diesem Köter. Der wird mich wohl bis ans Lebensende verfolgen.«
    »Gebissen
hat er uns immerhin nicht, nur ein wenig geknurrt«, rief Jan Sternberg von draußen
rein. »Wir nehmen selbst einen, wenn unser Haus fertig ist.«
    »Und ich,
wenn der Ruhestand kommt«, antwortete Lindt. »Allerdings nicht so was Riesiges.
Vielleicht einen Dackel.«
    »Rauhaar?«,
grinste Sternberg. »Dasselbe in klein.«
    Lindt baute
sich vor ihm auf. »Frechheit!« Er überlegte laut: »Wieso träume ich jetzt ausgerechnet
vom Hund und nicht von seinem Herrn? Wo ist er denn eigentlich? Jan, Spezialauftrag:
Sofort rausfinden, ob sich diese Töle noch im Tierheim befindet.«
    Sternberg
sprang auf. »Prima, Chef. Dienstreise ins Tessin. Darf ich Sie umarmen?«
    Lindt trat
einen Schritt zurück. »Nein! Nicht! Noch einer, der mich ablecken will! Dort steht
das Telefon und da dein Rechner. Ruf an oder schick eine Mail.«
    »Schade.
Und ich dachte schon …« Mit gespielter Enttäuschung setzte sich Jan an seinen Schreibtisch.
»Aber Chef«, sagte er gleich darauf, »da sprechen die doch Italienisch.«
    »Genau deswegen
ist es ja ein Spezialauftrag. Los, frisch ans Werk!«
    Sternberg
hatte Glück. Glück und einen guten Einfall. Schnell durchforstete er den Maileingang
der vergangenen Tage und fand tatsächlich, was er gesucht hatte. Ein paar Mausklicks
später tippte er drei Zeilen in das Formular auf dem Monitor.
    »Fertig«,
meldete er. »Jetzt müssen wir nur noch auf die Antwort warten.«
    »Was? Willst
du mich ver…?«
    »Niemals,
Chef. Schauen Sie mal hier. Die Meldung über das in Bellinzona gefundene Auto kam
auf Deutsch, also werden die da unten im Tessin meine Anfrage bestimmt lesen können.«
    Der Anruf
kam bereits nach einer Dreiviertelstunde und auf Deutsch, besser gesagt auf Schwyzerdütsch.
»Schweizer Bundeskriminalamt. Kommissariat Lugano. Bitte den Leiter der Mordkommission.«
    »Ich verbinde
Sie mit Hauptkommissar Lindt.«
    Sternberg
wollte den Hörer weitergeben, da fragte der Anrufer aus dem Tessin irritiert: »Wie
sagten Sie? Lindt, etwa Oskar Lindt? Lindt, wie die Schokolade?«
    »Exakt«,
antwortete Jan. »Steht direkt neben mir. Ich schalte den Lautsprecher an.«
    »Oskar,
alter Schlawiner«, tönte es durch den Raum. »Dass wir noch einmal dienstlich miteinander
zu tun haben.«
    »Das gibt’s
ja gar nicht, das kann ja nur … Waldi, bist du das etwa?«
    »Ja, genau
der! Mich hat’s von Kreuzlingen auf die Sonnenseite der Schweiz gezogen.«
    »Und mich
von Konstanz zurück in meine Heimat Karlsruhe«, antwortete Lindt. »Von Sonne können
wir hier seit Wochen allerdings nur noch träumen. Nebel oder Regen.«
    »Ja dann,
setz dich ins Auto. Du musst sowieso kommen, damit wir wieder mal eine grenzüberschreitende
Ermittlung durchführen
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