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Fächerkalt

Fächerkalt

Titel: Fächerkalt
Autoren: Bernd Leix
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wenn sie damit durch sind?«
    Über Sternbergs
Gesicht huschte ein verstehendes Lächeln. »Dann werden sie gemolken.«
    »Richtig,
Jan. Aber die Milch muss man holen. Was kommt denn von selbst raus, aus so einer
Kuh oder Ziege?«
    »Also, Chef,
verkaufen Sie mich nicht für dumm. Das weiß wirklich jedes Kind.«
    »Genau,
das Kind sagt: Aa und Pipi. Und wie nennt das der Bauer?«
    »Fäkalien
vielleicht?«
    »Aber nur
vielleicht«, donnerte Lindt. »Schon mal was von Mist und Gülle gehört, du Stadtmensch?«
    »Misthaufen,
natürlich!«
    »Exakt so,
wie auf deinem unaufgeräumten Schreibtisch!«
    »Bitte,
Chef.« Sternbergs Gesicht lief puterrot an.
    »Der Mist
kommt auf den Misthaufen und die Gülle kommt …?«
    »Äh, ja.
Vielleicht auch auf … Nein, die ist ja flüssig. Also fließt sie …«
    »Genau da
drin!« Lindt tippte mit seinem Schuh auf die gepflasterte Längsrinne. »Und wo fließt
sie dann hin?«
    Verständnislos
schaute Sternberg zu der Wand, an der die Rinne endete. »Vielleicht war da früher
eine Öffnung?«
    Lindt packte
seinen Mitarbeiter von hinten an den Schultern und schob ihn wieder in den Hof hinaus.
Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Ludwig Willms gemeinsam mit zwei Technikern
aus seiner Truppe die schwere rechteckige Sandsteinplatte weghoben.
    Lindt warf
einen Blick zum Wagen, doch Konstantin von Villings Gesicht zeigte nicht die erhoffte
Mimik. Regelrecht teilnahmslos starrte er durch das heruntergelassene Fenster auf
die Männer.
    Willms griff
nach der Maglite an seinem Gürtel, leuchtete in die Tiefe und befahl: »Mehr Licht!«
    Ein Techniker
machte sich umgehend auf den Weg.
    »Gummistiefel,
Aluleiter«, rief ihm sein Chef nach.
    »Ich fahr
den Kastenwagen jetzt endlich mal hier rein in den Hof«, kam als Antwort.
    Die Köpfe
von Lindt, Wellmann und Sternberg neigten sich vorsichtig über das offene Loch –
allerdings nur kurz. Entsetzt wichen sie zurück.
    »Puh«, kam
ebenso gleichzeitig wie angewidert aus allen drei Mündern. Für das, was sie im Licht
von Willms’ Stablampe erkennen konnten, reichte ein knapper Blick. Der Gestank war
bestialisch.

5
     
    Die Aktion sollte sich wesentlich
aufwendiger gestalten, als der Chef der Karlsruher Kriminaltechnik sich das im ersten
Moment vorgestellt hatte. Der Plan, mittels einer Leiter durch das enge Loch in
die undefinierbare Tiefe der Güllegrube zu steigen, um das zu bergen, was von oben
schemenhaft als menschlicher Körper erkennbar war, wurde schnell verworfen.
    »Giftige
Gase«, »Atemschutz«, »Wie tief geht’s da runter?«, »Gummianzug«, »Wie soll man da
unten denn überhaupt Spuren sichern?«, waren wesentliche Diskussionsbeiträge bei
der Beratung der Technikertruppe. Schon nach wenigen Minuten zeigte sich, dass ohne
professionelle Hilfe nichts zu machen war. Doch ob sich die Berufsfeuerwehr über
einen solch leckeren Einsatz freuen würde?
     
    Die Männer in den roten Autos gingen
äußerst professionell ans Werk. Mit einer langen Teleskopstange wurde die Tiefe
ausgelotet. »2,35 Meter bis zum Grund«, lautete die Meldung und dann: »Wasserstand
bei 1,50, unten Schlamm 60 Zentimeter.«
    »Wer steigt
freiwillig da runter?«, wollte Ludwig Willms wissen und zeigte auf einen gelben
Chemieschutzanzug, den die Feuerwehr bereitgelegt hatte. »Erst mal nur, um Fotos
zu machen.«
    »Alles vollkommen
sicher«, beteuerte der Einsatzleiter und gab Anweisung, über dem Loch eine kranartige
Metallkonstruktion aufzubauen.
    Mit einem
tiefen Seufzer outete sich einer der Kriminaltechniker als Mitglied der Freiwilligen
Feuerwehr Blankenloch mit langjähriger Erfahrung und Atemschutzausbildung. Eingepackt
in eine wasserdichte Ganzkörperhülle und mit einer Pressluftflasche auf dem Rücken
wurde der Mann schließlich am Gestell eingehängt und langsam abgeseilt.
    Zuerst,
um alles so gut wie möglich fotografisch festzuhalten, und bei einem zweiten Gang
mit der Aufgabe, eine Seilschlinge um die Beine der bäuchlings in der stinkenden
Brühe treibenden Person zu befestigen.
    Bevor dies
allerdings geschah, war Konstantin von Villing durch eine Streifenwagenbesatzung
vorsorglich ins Präsidium transportiert worden.
    »Hier, Oskar.«
Ludwig Willms zeigte auf die beiseitegelegte Steinplatte. »Diese Spuren sind nicht
von uns. Mehrere frische Kratzer – der Stein ist vor kurzer Zeit schon einmal bewegt
worden.«
    Einer der
Techniker hatte bereits eine Kartuschenspritze in der Hand, um eine gummiartige
Substanz aufzubringen und damit
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