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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino
Autoren: António Lobo Antunes
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Meinungen dazu ab, und der Oberstleutnant ging aufs Geratewohl zwischen Holzbänken und Spucknäpfen hindurch, bis er eine Reihe von Schaltern fand, die genauso aussahen wie die Öffnungen in Hundehütten und für seine Größe zu tief angebracht waren. Er bückte sich und traf auf ein milchiges, geschminktes Frauengesicht: Was kann ich für Sie tun? Die anderen Angestellten schrieben angeödet, knurrten ins Telefon, schauten in Karteikästen nach. Die Frau hörte ihn auf dem Bleistift kauend an: sie hatte einen abgebrochenen Vorderzahn, doch die von Creme bedeckten Wangen wirkten rund und glatt, und ein sanfter Duft stieg aus ihrem Haar auf: Hier ist die Buchhaltung, wenn Sie eine Information brauchen, wenden Sie sich bitte an die Schalter
dort hinten, und ein von Armreifen scheppernder Arm tauchte von drinnen auf und richtete die ellenlangen Fingernägel nach links: eine resignierte Schlange, das matte Geräusch von Stempeln, der Oberstleutnant wartete gehorsam im Halbdunkel eines Korridorendes hinter einer greisen Nonne, bis er an der Reihe war, während jemand die ganze Zeit hinter seinem Rücken keuchte, er bückte sich wieder, Ich hätte gern gewußt, wo. Jetzt war da ein Typ mit Diabetikeratem, der ihn aufgeregt, hypernervös in Papieren blätternd, abfertigte, wobei er ständig die Fingergelenke in einem kreisrunden Schwamm naß machte, ein dickes Register von einem Bord nahm, Seite um Seite mit dem Zeigefinger hinunterfuhr, einem unsichtbaren Kollegen ein Schimpfwort zubrüllte, in Heften, noch mehr Registern, losen Dokumenten wühlte, dann, während er sich mit einem widerspenstigen Feuerzeug eine Zigarette anzündete, bei einem Dossier mit blauem Einband verweilte, während er es, seine Lippen bewegend, entzifferte, Es tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, daß Ihre Gattin gestorben ist und ihre Leiche das Krankenhaus bereits verlassen hat, die Familie hat sie, wie der beigefügten Anmerkung zu entnehmen ist, gleich nach der Obduktion abholen lassen. Er dachte, Das ist bestimmt ein Irrtum, noch nie hat in Portugal irgendeine Geschäftsstelle richtig funktioniert, sie verwechseln Namen, verwechseln Daten, verwechseln Leben, verwechseln Kinder in den Geburtskliniken, wie sollte es hier anders sein. Welche Station? fragte er. Keine Station, antwortete träge der Diabetiker, heute hat eine Kranke den Platz der Verstorbenen eingenommen. Meiner Frau ging es besser, ich habe erst vor ein paar Tagen einen Brief von ihr bekommen, brüllte der Oberstleutnant, indem er den Schalter so fest packte, daß seine Finger weiß wurden: die Schlange wogte verwirrt in der Dunkelheit, der Atem wandte den Kopf und sagte, Senhor Mendes, könnten Sie mal kurz an meinen Schalter kommen? Senhor Mendes hatte ein Mondgesicht und die Höflichkeit eines tyrannischen Abteilungsleiters. Der Diabetiker verlosch ehrerbietig, um ihm Platz zu machen, und Senhor Mendes
begutachtete die Litzen des Oberstleutnants und meinte mit pompöser Komplizenhaftigkeit von Befehlshaber zu Befehlshaber, Irgendeine Reklamation, was meine Abteilung betrifft? Ich hob die Pistole bis auf Schulterhöhe, drückte ab, und der Schwarze sackte zusammen, saß da, die Hände überm Bauch, und starrte mich ohne Feindseligkeit oder Überraschung an: ein Blutfaden rann langsam zu seinen Hosen hinunter, seine Fußsohlen bildeten eine unentwirrbare Geographie aus Falten und Rissen und Schrunden. Er blieb lange mit der Pistole an der Hüfte stehen, zugleich fasziniert und erschrocken, der Schwarze würgte eine Art Erbrochenes heraus, seine Hand griff matt aufs Geratewohl ins Haar des Grases, Was habe ich getan? Senhor Mendes lächelte abwartend, während er den gepunkteten Knoten seiner Krawatte richtete, der Oberstleutnant kräuselte die Nase, schniefte, beugte sich noch weiter vor: Ich bin heute aus Mosambik zurückgekommen und wollte nur darum bitten, daß man mir erklärt, auf welcher Station meine Frau liegt. Senhor Mendes warf dem Diabetiker sofort einen indignierten Seitenblick zu, der sich seinerseits beeilte, hastig in seinen wirren Papieren zu wühlen. Ein erneuter blutrünstiger Seitenblick: Nun reißen Sie sich doch zusammen, und zeigen Sie mir die Sachen. Er trug neben dem Ehering einen Ring mit schwarzem Stein, als Baby haben sie ihm eine goldene Nadel an die Brust gesteckt, die bat NEHMEN SIE MICH NICHT AUF DEN ARM, bis zum sechzehnten Lebensjahr wachte er im vollgepißten Bett auf. Der Mondjunge studierte sorgfältig abwägend die Dokumente, schrieb
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