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Expedition zur Sonne

Expedition zur Sonne

Titel: Expedition zur Sonne
Autoren: Hal Clement
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betrifft. Wozu entschließt du dich also?«
    Rick antwortete erst nach zwei Minuten. Still lag er da, und er vermied es, Mancini anzusehen.
    »Also gut, tun Sie Ihr Bestes«, sagte er dann. »Wie lange, sagten Sie, wird es dauern?«
    »Ich kann mich nicht erinnern, daß ich das gesagt habe. Aber wahrscheinlich wird es zwei Wochen dauern.«
    »Wann werden Sie beginnen?«
    »Nachdem ich geschlafen habe. Dein Blut ist wieder normal. Nichts kann uns noch aufhalten. Welche Bücher möchtest du?«
    »Eh?«
    »Dein Kopf muß noch eine Zeitlang festgeklemmt bleiben. Du kannst nur in eine Richtung blicken, gerade nach oben. Mit der linken Hand kannst du einen Schalter bedienen, und ein Projektor kann die Buchseiten an die Decke werfen. Ich weiß nicht, womit du dich sonst beschäftigen sollst. Willst du leichte Unterhaltungsliteratur oder interessierst du dich für die ›Grundlagen der Biochemie‹?«
    Eine Regenerationsmaschine wirkt plump, obwohl sie in ihrer Struktur sehr kompliziert ist. Ihre Sensoren sind kleiner im Durchmesser als menschliche rote Blutkörperchen, und es gibt Millionen davon. Die Injektoren und Prüfer sind nur so groß, daß Zellen in ihre Röhren passen, und auch sie sind zu zahlreich, als daß das Gerät auf mechanischem Weg hätte konstruiert werden können. Der Steuercomputer mit seinen mehr als zwei Kubikmetern »Maschinen« von Molekülgröße basiert denn auch auf einem synthetischen Zeolit-Rahmen. Es dauert etwa einen Tag, bis die Gendaten, die für ein speziellen Fall erforderlich sind, in den Computer selbst gelangen. Und es hätte ein ganzes Leben gedauert, wenn man das manuell gemacht hätte.
    Die Grenze zwischen zwei anscheinend so verschiedenen Gebieten wie Medizin und Technik war bei der Regenerationsmaschine verwischt. Marco Mancini und Bert Jellinge betrachteten sich als Mechaniker. Es ist schwer zu sagen, als was sie ein paar Dekaden früher bezeichnet worden wären. Sogar zu der Zeit, als sie geboren worden waren, hätten kaum zehn Ärzte auf der ganzen Welt all das gewußt, was zu ihrer Grundausbildung gehörte.
    Als sie die Vorbereitungen ihrer Arbeit an Rick getroffen hatten, bildeten etwa fünf Millionen Sensorenfühler einen Bart auf dem Gesicht des Jungen. Die meisten drangen am Rand der verletzten Teile in die Haut. Fünfhundert der Fühler bildeten mit größeren Röhren eine Einheit. Die Fühler informierten den Computer über die genetischen Muster, die im Verlauf des Heilprozesses aktiv waren – oder wenigstens über eine statistisch signifikante Anzahl von genetischen Mustern. Wann immer diese Aktivitäten nicht das erreichten, was sie nach Meinung des Computers erreichen sollten, nahm eine der größeren Röhren eine Zelle aus dem betreffenden Gebiet und transferierte sie in einen großen Brutapparat – »groß« in dem Sinn, daß er ohne Mikroskop gesehen werden konnte – direkt auf der Oberfläche von Ricks Haut. Hier wurde die Zelle analysiert und so verändert, daß der Heilprozeß ohne Zwischenfälle weitergehen konnte.
    Wenn irgend etwas nicht plangemäß verlief, wurden Zellen modifiziert, aktive Teile des genetischen Materials verändert, inaktive Teile aktiviert. Die reparierten Zellen wurden geteilt und wieder an ihren Originalplatz transferiert.
    Fast alles geschah automatisch. Zu viele Operationen gingen gleichzeitig vor sich, als daß man sie manuell hätte kontrollieren können. Trotzdem waren Mancini und Jellinge beschäftigt. Kein Leben, weder das wirkliche noch das künstliche, ist unfehlbar, und auch Computer konnten irren.
    Auch Zellen, die nicht das besondere Interesse des Computers erregt hatten, die aus Gebieten stammten, wo alles in Ordnung zu sein schien, wanderten durch die Röhren. Sie gingen weiter als bis zum Brutapparat. Sie kamen an eine Stelle, wo ein menschlicher Beobachter sie mittels Mikroskop betrachten konnte. Das alles geschah vierundzwanzig Stunden pro Tag, und die beiden Mechaniker wurden von vier anderen von Zeit zu Zeit am Mikroskop abgelöst.
    Die Fühler und Röhren, die am weitesten von den verletzten Stellen waren, zogen sich konstant zurück, ertasteten sich den Weg zur Aktionsfront, pflanzten sich selbst neu ein, von chemischen Anhaltspunkten geleitet.
     
    Während die Tage verstrichen, bildeten sich allmählich Haut, Fleisch und Muskeln, Nerven, Knochen und Venen an den richtigen Stellen an Stubbs' Gesicht und Hand. Das Gesicht war, wie Mancini vorhergesagt hatte, zuerst fertig. Bei der abgetrennten Hand mußten die
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