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Expedition zur Sonne

Expedition zur Sonne

Titel: Expedition zur Sonne
Autoren: Hal Clement
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geschleudert werden konnte, verfing sich sein rechtes Bein irgendwo. Es wurde nicht völlig vom Körper getrennt, und merkwürdigerweise war die Haut unversehrt geblieben. Das war das einzige, was man unterhalb des Knies als sicher feststellen konnte.
    Stubbs hatte neben dem Mechaniker gestanden. Später stritten sie darüber, ob es gut oder schlecht gewesen sei, daß er links gestanden hatte. Rick konnte nirgendwo Halt finden, als er herumgeschleudert wurde, und wenn etwas dagewesen wäre, so wäre er weder schnell noch stark genug gewesen, um es zu erwischen. Er wußte nicht, was ihn während seines Flugs durch das Laboratorium traf. Die Bewegungen der Haifisch waren so wild, daß es das Deck oder die Lehne eines Pilotensitzes gewesen sein konnte. Offensichtlich war er aber mit der großen Flasche kollidiert, in der Mancini den Schleim gesammelt hatte, der an der Haut des Wals geklebt hatte. Aber sie wußten nicht, ob die Flasche zu diesem Zeitpunkt noch ganz gewesen war. Es ist schwer zu verstehen, wie er es geschafft hatte, so viele Teile zu absorbieren, auch wenn die Flasche bereits zertrümmert war. Ebenso schwer begreiflich ist es, wie sich die Fragmente so weit über seine Anatomie ausdehnen konnten, wenn die Flasche noch unversehrt gewesen war.
    Es war Stubbs, oder besser gesagt, sein Anblick, der Mancini in Bewegung versetzte. Es war eine komplizierte Aufgabe, sein zerschmettertes Bein zu befreien, aber nicht kompliziert genug, als daß er den Blick von dem Jungen abgewandt hätte, der ein paar Meter von ihm entfernt lag. Arterienblutungen waren etwas, das den Blick jedes Molekularchemikers magisch anzog.
    Er fühlte sich übel, sein Bein schmerzte höllisch, aber die Übelkeit hatte andere. Ursachen. Ob es der Anblick Ricks war oder der Schock, konnte er nicht sagen. Er bemühte sich, sein Bein zu ignorieren, als er über das Deck schwankte, obwohl das Bein selbst andere Gedanken zu hegen schien. Unglücklicherweise waren diese Gedanken nicht sehr zusammenhängend. Manchmal verlangte das Bein seine ganze Aufmerksamkeit, und dann wieder schien es sich von ihm zu lösen, zu verschwinden. Er drehte sich nicht um, um nachzusehen, ob es noch da war. Was vor ihm war, das war viel wichtiger.
    Der Junge hatte noch Blut, als Mancini ihn erreichte, und sein Herz funktionierte noch und pumpte es durch den Körper. Er verlor die Flüssigkeit nicht so schnell, wie es von weitem ausgesehen hatte, aber offensichtlich mußte man etwas für seine rechte Hand tun – oder für das, was davon übriggeblieben war, den Daumen und etwa die halbe Handfläche. Als der Mechaniker studiert hatte, war man in den Erste-Hilfe-Kursen gerade von der Aderpresse abgekommen, aber er hatte ein Alter erreicht, in dem er seine eigene Urteilskraft über Regeln stellte. Er benutzte einen Gürtel als Aderpresse.
    Nachdem er die anderen Verletzungen des Jungen inspiziert hatte, stellte er fest, daß er im Augenblick nichts dagegen unternehmen konnte. Sie bluteten langsam, und eine erste Hilfe wurde durch die Glassplitter erschwert, die aus den Wunden ragten. Gesicht, Brust und Beine waren aufgeschlitzt, aber die Blutung war nicht sehr schlimm, wie Mancini zumindest hoffte. Die kleineren Wunden gerannen bereits.
    Dandridge war bereits wieder auf den Beinen, stark angeschlagen, aber offensichtlich hatte er das Unglück am besten von den sechs Männern überstanden.
    »Was kann ich tun, Marco?« fragte er. »Alle anderen sind bewußtlos. Soll ich ...«
    »Tu nichts mit ihnen, bevor wir nicht sicher sind, daß sie sich nicht das Rückgrat gebrochen haben. Solange sie bewußtlos sind, geht es ihnen noch verhältnismäßig gut. Zumindest wäre das bei mir der Fall.«
    »Es sind doch Drogen im Erste-Hilfe-Kasten! Ich könnte dir eine Betäubungsspritze geben.«
    »Noch nicht. Wenn das Bein zu schmerzen aufhört, verliere ich womöglich das Bewußtsein. Und ich muß wach bleiben, bis Hilfe eintrifft. Die Ausrüstung des Laboratoriums ist nicht auf Reparaturen eingerichtet, aber wenn damit improvisiert werden muß, so muß ich es tun. Aber ich könnte mich besser bewegen, wenn das Bein geschient wäre.«
     
    Fünf Minuten später befand sich Mancinis Bein von der Mitte des Oberschenkels abwärts in einer plumpen, aber verhältnismäßig festen Hülle aus hartgewordenem Schaumstoff. Das Bein schmerzte noch immer, aber Mancini konnte sich jetzt bewegen, ohne befürchten zu müssen, daß er damit dem Bein noch mehr Schaden zufügte.
    »Gut. Und jetzt sieh
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