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Ex en Provence

Ex en Provence

Titel: Ex en Provence
Autoren: Elke Ahlswede
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nein. Noch etwas: eine Schwäche für Frauen in Wanderstiefeln, die Kakao auf der Nasenspitze haben und dabei versuchen, elegant zu sein.«
    #
    Spätabends
    Die Einladung der Gastgeber zu einem Gläschen habe ich heute ausgeschlagen. Ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten und werde jetzt sofort ins Bett gehen. Aber vorher hole ich mir noch ein Glas Wasser aus der Küche.
    Auf dem Weg dorthin treffe ich Elodie, die auf dem Flur Streife läuft und unermüdliche Knirpse zurück ins Bett befördert. Vor der Küche angekommen, höre ich Eric in ein angeregtes Gespräch mit dem Bauern vertieft. So viel hat er ja noch nie gesprochen. Ich bleibe zögernd an der Tür stehen.
    »Sehr konsequent, dass Sie den Job in dem Konzern aufgegeben haben«, sagt Eric. »Eine Arbeit, die einen nicht weiterbringt, sollte man nicht machen. Nur Geld zu verdienen kann ja nicht der Sinn des Ganzen sein. Das sehe ich ganz ähnlich.«
    »Genau«, pflichtet ihm der bärtige Bauer brummend zu. »Zuletzt war ich ›Synergie-Manager‹. Wissen Sie, was das heißt?«
    »Wahrscheinlich Mitarbeiter entlassen, oder?«
    »Genau. Und ganz zum Schluss ist man selbst überflüssig. Dem bin ich aber zuvorgekommen und habe gekündigt. Und dann habe ich diesen alten Hof gefunden. Wir haben ihn gekauft, umgebaut und können jetzt das machen, was den Kindern und uns wirklich Spaß macht.«
    Ich sollte jetzt entweder in die Küche gehen oder verschwinden.
    »Ihre Frau stand hinter Ihrer Entscheidung?«, fragt Eric.
    »Ja, ganz und gar. Sie hasste ihren Job zwar nicht so sehr wie ich meinen, aber als wir den Hof entdeckt haben, waren wir uns sofort einig.«
    »Das ist leider nicht immer so. Und das Geld?«
    »Na ja, unsere Einnahmen von der Arbeit mit den Kindern reichen. So üppig wie noch zu Manager-Zeiten leben wir natürlich nicht mehr, aber dafür viel besser. Wir sind glücklich so. Und Sie, was machen Sie beruflich?«
    Eric räuspert sich.
    Anja, du sollst nicht lauschen!
    Obwohl, ist das ein Französinnen-Gebot?
    Nein!
    »Ich bin auch so eine Art Aussteiger. Ich bin Arzt, arbeite aber unter etwas ungewöhnlichen Bedingungen. Die zeigen einem, wie hart das Leben manchmal sein kann. Wahrscheinlich färbt das auch auf mich ab. Ich kann wohl etwas schroff sein. Sagt man mir jedenfalls nach. Tja, und der Rest hat bei mir auch nicht ganz so gut funktioniert wie bei Ihnen und Ihrer Frau.«
    »Wieso? Sie haben doch eine entzückende Tochter bei sich und zu Hause sicher eine wunderbare …« Eric senkt den Blick und lässt einen Finger langsam über den Rand seines Glases gleiten. »Ah. Ich verstehe«, sagt der Bauer. »Noch einen Schnaps?«
    »Nein, vielen Dank. Ich werde mich jetzt mal hinlegen. Diese Bergluft macht wirklich müde …« Eric schiebt seinen Stuhl zurück und stellt sein Glas in die Spüle. Dann steuert er die Küchentür an.
    So leise und schnell ich in meinen Birkenstock kann, trete ich den Rückzug an. Als ich in unserem Zimmer ankomme, sitzt Elodie noch am Tisch und bereitet irgendetwas für morgen, den letzten Tag der Klassenreise, vor.
    »Ich will nicht übermäßig indiskret sein, aber weißt du eigentlich, was mit der Familie Leroy los ist?«
    Elodie dreht sich zu mir um.
    »Jule ist ja nun schon eine ganze Weile wirklich eng mit Chloé befreundet. Aber eigentlich weiß ich nichts über Chloés Familie. Na ja, nur dass ihr Vater manchmal etwas, sagen wir …«
    »… ungalant ist?«
    »Genau. Aber sonst kenne ich nur diese Geschichten von Jule und Chloé, die wohl eher der Märchenwelt entstammen: ein Schloss mit Einhörnern, eine Mutter, die mit einer goldenen Kutsche irgendwo hingefahren ist …«
    Elodie legt ihren Stift auf ihre Unterlagen. »Tja, viel mehr weiß ich auch nicht. Aber als Chloé vor zwei Jahren in die Vorschule gekommen ist, war ihre Mutter noch da. Sehr verschlossen. Sie war nicht glücklich hier. Und ein paar Monate später war sie plötzlich verschwunden. Im Kollegium haben wir nie etwas erfahren. Eric Leroy hat einfach nicht darüber gesprochen, und Chloé hat auch uns und den anderen Kindern diese Geschichte von der Kutsche erzählt.«
    »Merkwürdig.«
    »In der Tat. Und was Eric betrifft, glaube ich, dass ihn seine Tätigkeit etwas mitnimmt. Er arbeitet irgendwie im Gesundheitssystem, aber die Details kenne ich auch nicht. Ich weiß nur, dass er seine Tochter über alles liebt und die Situation wirklich gut meistert. So etwas spürt man ja als Lehrerin. Dann ist da ja auch noch diese junge Dame, die sich
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