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EwigLeid

EwigLeid

Titel: EwigLeid
Autoren: Virna Depaul
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gekannt, und doch verglich er sie unwillkürlich mit den Frauen in ihrer Umgebung. McGill’s war nicht unbedingt ein angesagtes Aufreißerlokal, aber durchaus geeignet, um jemanden kennenzulernen. Immer fanden sich ein paar, die auf Männerfang waren. Wie die beiden Freundinnen, die gerade mit Jase geplaudert hatten. Wie die Brünette, die ihn just in diesem Moment von einem anderen Tisch aus beäugte. Wie die kurvenreiche Blonde, an der Carrie gerade vorbeigelaufen war. Sie alle hatten sich geschminkt, um ihre weiblichen Reize ins rechte Licht zu rücken.
    Carrie dagegen wirkte genauso fehl am Platz wie bei ihrer letzten Begegnung in McGill’s Bar. Ihr tiefrotes Haar war zu ihrem obligatorischen Pferdeschwanz gebunden, falls sie Make-up getragen hatte, war es schon lange verblasst, und ihre gebügelte Dockers-Hose sowie das gestärkte Nadelstreifenhemd verbargen ihre Weiblichkeit zwar nicht gerade, wirkten allerdings eher geschäftsmäßig als aufreizend. Die Akten, die sie sich unter den Arm geklemmt hatte, unterstrichen ihre professionelle Erscheinung noch zusätzlich. Und das war schon komisch, denn eigentlich war sie noch krankgeschrieben, und Berufskleidung war so ziemlich das Letzte, was für sie infrage kam. Zum Teufel, Freizeit und Spaß waren anscheinend Fremdwörter für die Frau.
    Egal. Sie hatte ihn noch nicht einmal angeschaut, und er war trotzdem schon hart. Seine Reaktion auf sie war ausgesprochen rätselhaft, zumal sie so vehement jegliche Anziehungskraft zwischen ihnen leugnete. Zumal sie Polizistin war.
    Im Berufsleben hatte Jase keine Probleme bei der Zusammenarbeit mit Frauen.Einige von ihnen, Carrie eingeschlossen, waren die besten Cops in ihrem Aufgabenbereich.
    Persönlich?
    Jase mochte Frauen unkompliziert, aufgedonnert und sexy. Carrie Ward, früher MP in der Army und jetzt Special Agent wie Jase selbst, fiel ganz sicher nicht in diese Kategorie. Warum ging sie ihm dann so rasch und so sehr unter die Haut?
    Obwohl es kaum auffiel, bemerkte er doch, dass sie beim Gehen das rechte Bein leicht nachzog. Die Verletzung war schwer gewesen. Die Ärzte hatten prognostiziert, dass sie mindestens sechs Wochen lang nicht würde laufen können und auch danach wohl eine Gehhilfe benötigen würde. Aber entgegen allen Prognosen rannte sie schon wieder umher, als wäre nichts gewesen. Es lag nahe, dass sie ihre Physiotherapie betrieben hatte, wie sie alles andere auch handhabte – entschlossen, volle Kraft voraus.
    Na ja, das stimmte nicht ganz.
    So verfuhr sie mit allem, nur nicht mit ihrem Verlangen nach Jase. Dem wollte sie sich einfach nicht stellen. Niemals. Die Tatsache, dass sie ihn nicht einmal anschaute, war Bestätigung genug.
    Herrgott, er sollte froh sein. Seit er Carrie zum ersten Mal gesehen hatte, wehrte er sich gegen ihre Anziehungskraft. Er hatte sich seit dem flüchtigen Kuss an jenem Abend größte Mühe gegeben, einen weiten Bogen um sie zu machen. Zumindest bis zu jenem letzten Abend in McGill’s Bar hatte er sich darum bemüht. An dem Abend hatte er neben Regina gestanden, aber Carrie in einem Spiegel an der Wand betrachtet. Sie hatte die Bar betreten, und er hatte sie unablässig beobachtet. Deswegen hatte er auch bemerkt, wie sie sich umgedreht und ihn mit Regina gesehen hatte. Einen Sekundenbruchteil lang hatte sie verletzt gewirkt, bevor sie die Bar verlassen hatte. Irgendetwas – eine Spur von Einsamkeit in ihren Augen oder vielleicht der dumpfe Schmerz in seiner eigenen Brust – hatte ihn bewogen, ihr zu folgen. Sie anzubaggern. Doch sie hatte ihm eine unmissverständliche Abfuhr erteilt. Es hatte ihn nicht übermäßig überrascht; er nannte sich selbst einen Narren und konnte sich glücklich schätzen, weil sie seinen Moment der Schwäche ignoriert hatte. Dann wurde sie angeschossen, und die Schwere ihrer Verletzungen erinnerte ihn daran, warum genau sie die Art von Frau war, von der er sich fernhalten musste.
    Die Art von Frau, die ihn irgendwann vernichten würde, ob er sie nun halten konnte oder verlor.
    Als er von ihrer Schussverletzung gehört hatte, wäre er fast durchgedreht. Vor allen anderen traf er im Krankenhaus ein und verlangte lautstark nach Informationen, ehe Mac kam und versuchte, ihn zu beruhigen. Doch auch als er wusste, dass Carrie wieder gesund werden würde, hatte er sich nicht beruhigt. Seit mehr als einem verdammten Monat hatte er keine Ruhe gefunden. Ganz gleich, wo er war, ganz gleich, mit wem er zusammen war, immer dachte er an Carrie. Es jagte
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