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EwigLeid

EwigLeid

Titel: EwigLeid
Autoren: Virna Depaul
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Bezug auf ihre Weiblichkeit, wie Carrie gewöhnlich in ihre Fähigkeiten als Polizistin war.
    Im Moment war sie nur ein völlig verunsichertes Nervenbündel.
    Es war ein hässliches Gefühl, nicht etwa, weil sie ihre Macken hatte wie jede andere auch, sondern weil sie im Augenblick bezweifelte, sie verbergen zu können. Niemand durfte sehen, wie verletzlich sie sich fühlte. Kein Mensch. Ob Cop oder Verbrecher, starke Persönlichkeiten hatten den natürlichen Hang, die Schwächen anderer auszunutzen.
    Damit sie keine leichte Beute wurde, musste sie so tun, als hätte sich nichts verändert. Als hätte sie sich nicht verändert. Und das bedeutete, sie musste die Bar betreten und Mac gratulieren.
    Alles in ihr sträubte sich dagegen. Sie fühlte sich alldem nicht gewachsen. Fühlte sich nicht in der Lage, Natalie Jones, Macs frischgebackener Frau, zu gratulieren, einer Frau, die trotz ihrer Blindheit offenbar genau das Leben hatte, das für Carrie nie eine Option gewesen war. Fühlte sich nicht in der Lage, die Gesichter ihrer Team-Kollegen anzusehen. Oder mit Jase zu schäkern und so zu tun, als begehrte sie ihn nicht.
    Doch sie würde hineingehen. Sie würde so tun, als ginge es ihr gut. Und hoffentlich bald würde es ihr wirklich gut gehen. Würde sie sich wieder zurechtfinden.
    In der Arbeit hatte sie schon immer Trost gefunden. Und Selbstvertrauen. Sie war nie eine Schönheit gewesen. Hatte in der Schule nie viel mit anderen Mädchen zu tun gehabt, und deren Lieblingsbeschäftigungen, nämlich zu shoppen, sich aufzubrezeln und zu tratschen, waren ihr immer ein wenig fremd gewesen. Sie hatte sich mehr für die Unternehmungen ihrer Brüder interessiert. Und sie hatte immer gern anderen geholfen. Hatte es mit Größeren und Stärkeren aufgenommen und sie durch Ausdauer und Grips geschlagen.
    Darin war sie schon immer gut.
    Das war ihr Platz in der Welt.
    Alles andere würde ihr nur Kummer einbringen.

4. KAPITEL
    Jase hatte hundsmiserable Laune. Als Carrie McGill’s Bar betrat, reagierte sein Körper daher wie immer, wenn sie in der Nähe war – auf Hochtouren, und zwar schmerzhaft. Die Zeit blieb stehen, und plötzlich befand er sich wieder draußen vor der Bar und presste sie an sich, bevor Regina kam und ihn suchte. Genau wie zujenem Zeitpunkt stellte er sich vor, mit Carrie auf jede nur erdenkliche Art zu schlafen –, im Stehen, im Sitzen, auf dem Rücken, die gespreizten Beine auf seinen Schultern. Erotische Bilder von ihrem Mund, mit dem sie alles Mögliche machte außer reden, während er selbst mit den Lippen ihren Körper erforschte, schossen ihm durch den Kopf.
    In seiner Fantasie nahm er sie mit einer Wildheit, die im krassen Gegensatz zu der Art stand, wie er sie tatsächlich schon einmal geküsst hatte, nämlich als Natalie Jones, jetzt McKenzie, ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Carrie hatte sich solche Mühe gegeben, Mac zu trösten, während sie doch dringend selbst Trost benötigte. Und Jase hatte der Mann sein wollen, der ihr Trost spendete. Nein, jener kurze Kuss mit geschlossenen Lippen auf den Mund hatte nichts gemein mit seinen derzeitigen Vorstellungen.
    Doch im Wissen, dass er nicht mehr erwarten konnte, fluchte er leise.
    Den Kopf gesenkt beobachtete Jase, wie Carrie auf Mac und Natalie zuschritt, die an der Bar waren und eine neue Runde für ihren Tisch bestellten. Abgesehen von Simon Granger, der in den nächsten zwei Wochen als kommissarischer Chef fungieren würde, war das gesamte SIG-Team anwesend, um Macs und Natalies spontanen Weg zum Standesamt und ihren offiziellen Neubeginn zu feiern. Am nächsten Tag wollten sie zu einer unkonventionellen Hochzeitsreise nach Afrika aufbrechen.
    Jase zweifelte nicht daran, dass sie sehr viel Zeit in ihrem Zimmer und im Bett verbringen würden, allerdings würden sie auch die Umgebung erkunden. Mac hatte erzählt, dass Natalie, die vor ihrer Erblindung als Fotografin erfolgreich gewesen war, sich darauf freute, eine neue Technik für blinde Fotografen auszuprobieren. Natalie hatte in den letzten paar Monaten viel durchgemacht. Sie war von einem Mann, der sich wegen ein paar von ihr aufgenommen Fotos in Bedrängnis glaubte, beinahe umgebracht worden. Im Zuge der Ermittlungen waren sich Mac und Natalie nähergekommen, und Jase freute sich riesig für die beiden.
    Während Carrie auf das Paar zuging, rieb Jase sich das Ohr, das sie ihm bei ihrer letzten Begegnung in dieser Bar beinahe abgebissen hätte. Eine Frau wie sie hatte er noch nie
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