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EwigLeid

EwigLeid

Titel: EwigLeid
Autoren: Virna Depaul
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in letzter Zeit womöglich entsprechende Vorräte angelegt hatten. Und sie musste die Detectives von der Polizeibehörde in Fresno persönlich sprechen.
    Deren schriftliche Berichte lagen ihr bereits vor. Natürlich hatte auch die Polizei in Fresno eventuelle Verbindungen zwischen Johnson und Steward überprüft. Sie hatte sich auf die Befragung von Zeugen in der Wohngegend und im beruflichen Umfeld der Opfer konzentriert, aber nichts erreicht. Sie hatte die Familien und Freunde der Opfer vernommen, und die Polizei in San Francisco war im Fall Anderson genauso verfahren. Doch dieser Fall war jetzt Carries Fall, und das bedeutete, dass sie alle Betroffenen selbst noch einmal befragen würde, nur um sicherzugehen, dass alles erfasst wurde.
    Mit Sicherheit waren die anderen Polizisten weder nachlässig vorgegangen, noch waren sie inkompetent. Es ging vielmehr darum, persönlich mit den Zeugen zu sprechen, ihnen in die Augen schauen zu können, Verhalten, Körpersprache und Stimmlage zu studieren. Genauso, wie die Geschworenen vor Gericht die Glaubwürdigkeit eines Zeugen einschätzen müssen, musste Carrie die Glaubwürdigkeit der Zeugen einschätzen, die ihr vielleicht helfen konnten, einen Mörder zu finden, oder aber sie daran hinderten.
    Mit jeder Stunde, die verstrich, wurde Carries To-do-Liste länger und länger. Auch, als sie längst schon müde war, zwang sie sich weiterzuarbeiten, Polizei- und Psychologenberichte zu lesen, Fotos anzusehen, Zusammenhänge zwischen Beweisstücken herzustellen. Trotzdem war ihr zu jeder Zeit bewusst, wie die Zeit verging. Kurz vor sechs Uhr musste sie sich den Tatsachen stellen.
    Es gab keinen plausiblen Grund für sie, Macs und Natalies Hochzeitsfeier zu versäumen.
    Sie hatte die Akten mehrfach durchgearbeitet und einen detaillierten Bericht für ihr Treffen mit Stevens verfasst. Sie war müde, geistig wie auch körperlich, und sie musste eine Pause machen. Sie brauchte einen Tapetenwechsel und einen klaren Kopf, bevor sie sich wieder in die Arbeit vertiefte. Sollte sie Macs Einladung nachkommen und sich in McGill’s Bar mit den anderen SIG-Mitgliedern treffen? Oder sollte sie sich weiterhin verstecken?
    Eine Dreiviertelstunde später wusste sie die Antwort. Im Grunde wusste sie mehrere, und nicht alle waren gut.
    Während sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite vor der Bar stand und durch die Fenster hineinschaute, wurde ihr klar, dass sie genau dies gefürchtet hatte. Mehr noch als die Erinnerung an ihre letzte Begegnung mit Jase hatte sie dieses Gefühl gefürchtet.
    Sie war kaum einen Monat lang aus der SIG ausgeschieden, dennoch hatte es gereicht. Diese Zeitspanne hatte mehr Schaden angerichtet als Kevin Porters Kugel. Sie brauchte die Bar nicht einmal zu betreten, um die Bestätigung zu bekommen. Sie stand draußen.
    Sie stand nicht nur draußen vor einer Bar und beobachtete ihre Kollegen, die sich drinnen unterhielten und lachten. Sie stand außerhalb des Teams. Zumindest fühlte sie sich so. Geschenkt, dass sie die einzige Frau bei der SIG war. Oder dass sie eine der sehr wenigen weiblichen Special Agents im Justizministerium war, genauso, wie sie in der Army eine der sehr wenigen weiblichen MPs und in den SWAT-Teams in Austin und San Francisco die einzige Frau gewesen war. Sie hatte Hochachtung vor all ihren Kollegen im SIG-Team und fühlte sich ihrerseits von ihnen geachtet,trotzdem hatte sie ihre Position in der SIG immer als unsicher empfunden, und an diesem Abend schien das deutlich zutage zu treten.
    Sie fügte sich nicht ein. Sie hatte nie dazugehört, nicht richtig. Zum Teufel, sie passte nicht einmal zu den anderen Gästen in der Bar, ganz gleich, ob sie Cops oder gewöhnliche Bürger waren.
    Automatisch zupfte sie an ihrem gebügelten, jetzt bereits zerknitterten durchgeknöpften Hemd. Ihre Aufmachung war so völlig anders als die von Regina, als sie sich mit Jase vor einem Monat getroffen hatte. Und die Frauen, die gerade in der Bar waren, sahen ebenfalls ganz anders aus als Carrie. Im Gegensatz zu ihr waren sie geschminkt und trugen das Haar offen. Sie sahen weich aus. Feminin. Verlockten zu Zärtlichkeiten. Im Vergleich zu ihnen wirkte Carrie wahrscheinlich genauso spröde, wie sie sich vorkam.
    Ohne es zu wollen, hielt sie nach Jase Ausschau.
    Er hockte mit seinem SIG-Kollegen Bryce DeMarco zusammen und unterhielt sich mit ein paar Frauen, die an seinen Tisch gekommen waren. Sie hatten eine fantastische Figur. Einfach umwerfend. So selbstbewusst in
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